7000 Mal Herr – Gottesbilder in der Praxis

JHWH – dieses Tetragramm aus vier Buchstaben aus der hebräischen Bibel bezeichnet den Gottesnamen – den unaussprechlichen Gottesnamen. Die Übersetzung dieses Gottesnamens ist tatsächlich eine Herausforderung. In den meisten evangelischen Bibeln wird ein schlichtes „HERR“ verwendet. Die hebräischen Texte bieten indes eine weit größere Anzahl an Übersetzungen an – ha-schem, adonaj, elohim und andere. Die BasisBibel, die neue Übersetzung in verständlicher, prägnanter Sprache greift auch die traditionelle Übersetzung zurück und verwendet fast 7000 Mal HERR im Text. Diese Praxis wird zurecht kontrovers diskutiert. Denn Gottesbezeichnungen schaffen Bilder, die unsere Vorstellungen und unsere Rede von Gott prägen.

 

Foto: EKHN/Andreas Görnandt

Das Bild zeigt eine Kirchenmalerei der St. Petri Kirche in Aschara. Es stellt Gott durch das Symbol des Tetragramms als Weltherrscher dar

 

7000 Mal Herr – was heißt das in der Praxis

Die Kontroverse um die Übersetzungen nehmen die Evangelischen Frauen in Deutschland e.V. mit der Evangelischen Akademie zu Berlin und der Universität Oldenburg zum Anlass im zweiten Teil der ZOOM-Serie „7000 Mal Herr – Übersetzung des Gottesnamens in der BasisBibel“ noch einmal genauer hinzuschauen. In diesem Teil geht es sehr konkret um systematische und praktisch-theologische Dinge: Wir schauen nach, wie die Gottesbilder unseren Glauben, unseren Blick auf die Welt, auf Mensch und auf Geschlecht prägen. Wir blicken in unsere Gemeinden und auf die Gottesbilder, die dort eine Rolle spielen. Welche Gottesnamen werden denn in Liturgie und Predigt verwendet? Welche Bilder spielen hier eine Rolle? Was sagt die theologische Lehre dazu? Und angesichts der EKD-Studie „Zwischen Nächstenliebe und Abgrenzung“, die nahelegt, dass festgefügte theologische Traditionen, die Entwicklung von Vorurteilen und Ausgrenzung fördern können, wollen wir auch gemeinsam überlegen, ob und welchen Einfluss Bibelübersetzungen wie die BasisBibel nehmen darauf nehmen können? Verfestigen sie Traditionen oder können sie Wandel vorantreiben?

Dazu diskutierten:

Prof. Dr. Alexander Deeg, Praktische Theologie, Universität Leipzig
Dr. Dominik Gautier, Systematische Theologie, Institut für Ev. Theologie und Religionspädagogik, Universität Oldenburg
Dr. Annette Jantzen,Geistliche Verbandsleitung, Bund der Deutschen Katholischen Jugend Diözesanverband Aachen
Dr. Antje Schrupp, Theologin, Journalistin, Frankfurt a.M.

Moderation:
Dr. Eske Wollrad, Evangelisches Zentrum Frauen und Männer

 

Praktisch-theologische Auswirkungen in der Diskussion

Das Video zeigt einen Mitschnitt der zweiten Diskussionsveranstaltung in der Reihe. Es werden verschiedenen Blickwinkel und Zugänge angesprochen, Praktiken und Gewohnheiten angesprochen und hinterfragt und Erfahrungen geteilt.

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Mehr Informationen

 

 

 

Rückblick auf 7000 Mal Herr – die bibelwissenschaftlichen Grundlagen

Im ersten Teil der Veranstaltung am 27. April 2022 wurde das Augenmerk auf die bibelwissenschaftlichen Grundlagen der Übersetzung des Tetragramms gelegt. Es wurden verschiedene Blickwinkel und Möglichkeiten der Übersetzung ausgeleuchtet und die jeweiligen Zugänge beschrieben. Startpunkt war der Einblick in jüdische Traditionen, deren Wandel, Veränderung und die Ausprägung verschiedener Möglichkeiten und „Vorlieben“ in der Übertragung des Gottesnamens heute. Als nächste Etappe gab es eine Einführung in das Universum der Bibel in gerechter Sprache und den besonderen Wert, der hier auf die Freiheit der Übersetzung und die persönliche Beziehung im Augenblick des Lesens gelegt wird.

7000 Mal Herr - es gibt eine Vielfalt an Gottesnamen

Desgleichen wurden die Hintergründe, Vorteile und Beschränkungen der einheitlichen Übersetzung mit HERR in Einheitsübersetzung und BasisBibel diskutiert. Der wichtigste zugrundeliegende Aspekt der Diskussion war jedenfalls die Frage nach der Vielfalt und der Identitätsoffenheit Gottes. Nehmen wir uns nicht Möglichkeiten die Vielfalt Gottes zu entdecken und uns weiter zu entwickeln, wenn wir die Frage der Übersetzung nicht diskutieren und öffnen? Ist es nicht besser, den Gottesnamen gar nicht zu übersetzen, weil es Wesen, Charakter und Identität Gottes offen lässt und damit deutlich mehr Möglichkeiten zur Identifikation für uns bietet? Bietet das auch Chancen für Menschen, die mit dem traditionellen Gottesbild nichts anfangen können, weil sie Gott neu entdecken können? Schafft eine Auswahl von unterschiedlichen Bezeichnungen die Möglichkeit zu vielfältigen auch situationsbedingten Beziehungen? Oder erleichtert eine einheitliche Übersetzung den Zugang zu den Texten über Wiedererkennbarkeit und Anschlussfähigkeit an bestehende Texte und Lieder? Kann die Übersetzung diese Aufgabenstellung überhaupt alleine lösen?

Im ersten Teil der Veranstaltung diskutierten:

Prof. Dr. Egbert Ballhorn, Katholische Theologie Altes Testament, TU Dortmund
Dr. Christoph Rösel, Deutsche Bibelgesellschaft
Rabbinerin Dr. Ulrike Offenberg, Jüdische Gemeinde Hameln
Prof. Dr. Claudia Janssen, Kirchliche Hochschule Wuppertal/Bethel
Prof. Dr. Andreas Krebs, Universität Bonn