Angela Fischer – Bürgermeisterin Witzenhausen

Tischrede beim Frauenmahl in Witzenhausen am 10. März 2018
Angela Fischer, Bürgermeisterin Witzenhausen

Ansprache anlässlich des Frauenmahls
Witzenhausen, 10. März 2018

 

Stichpunkte zur Rede beim Frauenmahl

Die Welt hat sich geändert – nicht nur im Vergleich zur Zeit der Reformation. Ich persönlich bin noch aufgewachsen, als evangelische und katholische Christen getrennt lebten und freue mich heute über die Ökumene.

In unserer Gesellschaft scheinen sich die Gewichtungen zu verschieben. Kleinteilige Sichtweisen nehmen überhand. Im Zusammenhang mit der Debatte um die Große Koalition lag das Gewicht weniger auf dem Gesamtaspekt als auf einzelnen kleinteiligen Punkten.

In Witzenhausen wurden im Bürgermeisterwahlkampf einzelne Aspekte so weit in den Vordergrund geschoben, dass der Blick auf die ganze Stadt, auf größere Zusammenhänge oft verstellt war.

Gerade im politischen Raum wandelt sich der Umgang mit- und untereinander. Der unsägliche Begriff „alternativer Fakten“ wurde salonfähig. Alles „etablierte“ steht schon deshalb in der Kritik, weil es etabliert ist, seien es die Parteien, die Kirchen oder auch Wege der Bürgerbeteiligung, die als etabliert ersetzt werden sollen durch neue, andere Modelle. Anders zu sein, scheint wichtiger als die Frage des warum und wozu.

Witzenhausen ist eine weltoffene, bunte Stadt. Das wurde spürbar im Zusammenhang mit den Flüchtlingen, die bei uns Heimat finden sollten. Über 100 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer haben sich engagiert. In der Debatte zeigte sich ein Auseinanderdriften: Den einen konnte die Hilfe nicht weit genug gehen, die Unterstützung und das Verständnis. Andere Stimmen wurden laut, die pauschal eine Überforderung unserer Gesellschaft feststellten. Wir haben in dieser Debatte nach meiner Einschätzung die Mitte verloren, die Stimmen des ruhigen Pragmatismus, der Probleme benennt, diese bearbeitet und seine Augen weder in der einen noch in der anderen Richtung verschließt.

Nach meiner Wahrnehmung hat sich in weiten Teilen unserer Gesellschaft die Diskussion verschoben. Sprachen wir bis gestern noch darüber, ob das Glas halb voll oder halb leer ist, so scheint sich inzwischen alle Konzentration auf die Form des Glases zu verschieben. Ich wünsche mir Haltung und Halt in der gesellschaftlichen Debatte um unsere Werte und unsere Ziele, ich wünsche mir Unterstützung auch durch unsere Kirschengemeinden und ich wünsche mir, dass die schweigende Mehrheit ihre Stimme wieder findet und deutliche Positionen bezieht.

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