Barbara Stüssi-Lauterburg – freiberufliche Historikerin, historische Führungen, Reiseleitung und Kurse, Stiftungsrätin der Stiftung Vindonissapark

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Tischrede zum AGNES – FRAUENKIRCHENFEST. Windisch, 16. August 2019

(Mundart, Schriftdeutsch weiter unten)

Es grosses Thema: «Carearbeit in der Kirchengeschichte»

Umso schöner, dass mer vor eusere Huustür es wunderbars Biischpil derfür händ: Königsfälde. Do spiled erscht no d Fraue di grossi Rolle.

Ich ha mech gfröit, wo mech d Veronika Werder gfroget het, öb ich am hütige Frauechilefescht öppis öber d Königin Agnes vo Ungarn möcht verzelle. Öber die Frau, wo de Ort, Königsfälde prägt het, ond es halbs Johrhundert do of en Art gwürkt het, wo bes hüt usstrahlet: D Agnes ghört zo dene faszinierende Persönlichkeite, won ich ne, wen ich mich chönnt in en anderi Ziit versetze, gärn möchti begägne.

D Agnes esch e geboreni Habsburgeri, d Änkelin vom König Rudolf, d Tochter vom König Albrächt. Gebore esch si 1280, ufgwachse z Wien. 18jährig wird si met em König Andreas III. vo Ungarn verhürotet. Aber scho drü Johr spöter stirbt er 1301. Er esch de letscht gsi vo der altungaarische Arpade-Dynaschtie. Chind het di jungi Witwe keini, hürote tuet si nömm. För e aläischtehendi Chönigin-Witwe wirds schwirig z Ungarn. Si goht zrogg of Wien.

I öisi Gägend füert d Agnes es Ereignis, wo t Wält erschütteret het: Am 1. Mai 1308 wird ire Vatter, der König Albrächt, do – ned wiit vo de Familie erem Stammschloss, de Habsburg – ermordet. Vo siim Näffe – wägemene Erbschaftsstriit. D Agnes esch 28i.

Der Albrächt esch so plötzlich os em Läbe grisse worde, das weder Ziit för d Bichti no för d Stärbesakramänt plibe esch. Os Sorg om sis Seeleheil händ drom sini Witwe Elisabeth ond sini Tochter Agnes – also zwo Königinwitw – am Ort vom Gscheh s Chloschter Königsfälde gstiftet. Es Doppelchloschter vo Klarisse ond Franziskaner, dem Orde, wonem d Seelsorg ganz es bsunders Aligge esch. D Mönch ond Nonne send vo der Stifterfamilie usdrücklich derzu verpflichtet worde: Mit em Läse vo Mässe ond mit Bätte händ si ebe müesse förs Seeleheil vom verstorbene König sorge.

D Franziskaner send aber tätigi Ordenslüüt. De Ordensgründer, de Franz vo Assisi hets vorgläbt und zumene Läbe ganz e der Nachfolg vo Jesus Christus ufgforderet. Er het sech vo sinere wohlhabende Familie losgseit. Statt das er es Tuechhandelsgschäft igstige esch, het er sich um Bedürftigi kümmeret, um die, wo Hunger ond Turscht lided, wo Pfleg bruched oder Troscht sueched, wo nüt azlegge oder e keis Tach öberem Chopf händ, um die, wo uf der underschte Sprosse vo de soziale Leitere sind. Churz, er ond die wo sech bald um in gscharet händ – Manne ond Fraue – si händ das gmacht, wo mer hüt under «CARE» verstönd.

E dem Sinn het zo Königsfälde es Spital ghört.

«Spital» – «Spittel»: Das esch no bes wiit is 20. Johrhunder a vilne Ort eifach das Huus gsi för alli die Mönsche, wo us irgend emene Grund e keis anders Dihei gha händ: Sigs wäge Chranket, Alter, Behinderig, Armuet, oder äifach will si elei gsi send. Spital – Hospital: do drin steckt s latinische Wort hospitalis, gastfreundlich – oder Hospitium, Hospiz, Herberge. En Ort, wo Mönsche Ufnahm finded.

Wie gseit: Königsfälde esch es Doppelchloschter gsi: Franziskaner ond Klarisse. S Frauechloschter esch s bedütendere gsi. D Fäde e de Hand het aber ned d Äbtissin gha. Sondern, inere schtandesbiwusste Ziit, ebe d Königin Agnes. Vo 1317 a het si z Königsfälde gwont, emene Huus zwöschet em Frauekonvänt ond de Chile. Aber bes zo erem Tod 1364 het si nie de Schleier gno.

E de Bildfänschter vo der Chloschterchile begägned mer mehrere Fraue, wo för d Klarisse exemplarisch send: d Ordensgründeri Klara von Assisi natürli, d Maria Magdalena, d Verena vo Zurzach, d Elisabeth vo Thüringe. Fraue, wo met Salbe ond Öl, met Wasser und em Luussträhl zu de Randständige gange send ond ene au Zuespruch procht händ. A dene het sich au d Königin Agnes orientiert. Sicher drei dervo send wie sie vo höcherem sozialem Stand gsi.

E ganz e psunderi Beziehig het d Agnes zu der Elisabeth vo Thüringe (+1231) gha, wie si Tochter und Änkeli vo Chönige, i irem Fall Tochter vom Ungarische König Andreas II und Änkelin vom Bela III. T Elisabeth esch e Ziitgenossin vom Franz vo Assisi ond vo der Klara gsi. Si het ganz i dene ihrem Sinn würkt, aber sälbständig, als sogenannti Tertiarin. Das heisst sie het sich ebe keinere Chloschtergmeinschaft agschlosse.

D Agnes esch mettere über verschideni Sträng verwandt. Aber meh als das het si s ähnliche Schicksal vo der früene Witweschaft met dere Heilige verbunde. Z Wien het si Bsüech gmacht e dem Spital, wo eine vo irne Brüedere nach em Vorbild vo dem vo der Elisabeth z Marburg gstiftet het. Sowiit wie d Elisabeth, wo sech bes zor Sälbschtufopferig um Bedürftigi kümmeret het, esch sie allerdings nie gange.

Si söl zwar z Königsfälde s gliche schlichte Gwand os grobem Tuech agleit ha wie d Klarisse. So wird’s öberliferet. Si het aber do i de sogenannte öschterrichische Vorlande au di ganz wältliche Interässe vo ihrer Familie gwahrt. Iri Brüedere, d Herzög vo Oeschterrich het me nämli nor sälte e erer Urheimet atroffe.

Wände mer is aber der Agnes erem caritative Würke zue:

Z Königsfälde het si also es Spital, es «Siechhuus» igrechtet. För das esch e «Siechmeischteri» zuständig gsi. Das esch eis vo verschidene Ämter, wo s em Frauechloschter geh het – es het zB au e Johrziitmeischteri, e Chällermeischteri, e Küschterin ond anderi geh. D Agnes sälber het die Ämter ond ihri Ufgabe, sozäge ihri «Pflichteheft», enere Chloschterornig detailliert feschtgleit.

D Siechmeischteri het jedes Johr en bestimmte Betrag os em Chloschterguet zuegwise öbercho. D Agnes het au gnau bestimmt, was «den gemeinen Siechen [de gewöhnliche Chranke] und den Kindern» uftischet wird: Wer e dünni Suppe ond es Stuck Brot erwartet, liit falsch: Jede Tag hets früsches Fleisch geh, am Sonntig, Zischtig ond Donnschtig zwöimol. För die, wo kei Fleisch ässed, esch zwöimol am Tag öppis os Eier ond Chäs of de Täller cho. A Faschtetäg esch es Fischgricht of em Plan gstande.

Was am Tisch öbrig plibe esch, het d Pförtnerin de Arme osserhalb vom Chloschter usgeh.

Di chranke Schwöschtere send ufpäppelet worde mit: Hüener, Fleisch, Zucker, Mandle, Wiibeeri, Riis, Fige ond der zue Wii – Elsässer oder hiesige. S gliiche söl me de chranke Chind geh. Chind: Vermuetli esch de Königsfälder Spittel au es Waisehuus gsi.

Wie a andernen Ort, hets z Königsfälde Aläss geh, wo me psunders a di Bedürftige dänkt het: Vor allem a de Todestäg vo der Agnes irne Eltere ond vo ihrem Maa. A dene Täg esch vil Brot bache worde. Wevel het weder d Agnes genau feschtgsetzt: Am Todestag vo erem Ehemaa os 7 Mütt Cherne, a dem vo erer Mueter os 15 Mütt. Am meischte aber am Todestag vom König Albrächt. Am 1. Mai händ os 20 Mütt Cherne 2600 Brot müesse bache wärde. Es Mütt esch es Hohlmass för Getreide. Umgrächnet het das 2600 Pfünderli geh, wo a di Arme verteilt worde send.

Of die Brotspänd werd s Brötliexame em Eigenamt, s Jugendfäscht vo Birr und Lupfig, Scherz ond Birrhard und d Brotvertäilig do be öis am Windischer Jugendfäscht zruggfüert. Au nach der Uflösig vom Chloschter, wo Königsfälde en Bärnischi Landvogtei worde esch, hets nämli witerhin Brotspände os Königsfälde geh. Chas ei, dass dodrus em Lauf vo der Ziit en «Examewegge» worde.

Au s Gäbischtorfer Chindlimähl dörfti ofs Chloschter Königsfälde ond dodemit of d Agnes zrogg goh: No em 19. Johrhundert esch s Kantonsspital Königsfälde verpflichtet gsi, mittellose Wöchnerinne es Quantum Mähl abzgeh.

Es neus Stichwort: Kantonsspital Königsfälde?

Tatsächlich esch d Spitaltradition z Königsfälde sit der Ziit vo der Königin Agnes, also sit 700 Johr nie meh abgrisse. S Chloschter esch e der Reformation 1528 ufglöst worde ond Königsfälde e bärnischi Landvogtei – de Spital esch wiiter gfüert worde. De Stadtarzt vo Brugg het di medizinischi Versorgig öbernoh. 1803, d Gründig vom Kanton Aargau: de Spital z Königsfälde esch Kantonsspital worde. Wo gäges Ändi vom 19. Johrhundert z Aarau de neu Kantonsspital pout worde esch, esch Königsfälde Klinik för Psychiatrie plibe – bes zom hüttige Tag.

CARE – under dem Begriff verstömmer vil: Pfleg, Seelsorg, Stärbebegleitig, psychologischi Betreuig ond meh. Erlaubed si mer zom Schloss, das i de Rahme no wiiter stecke:

Emmer wider esch di verwitweti ungarischi Königin Agnes als Schidsrichterin oder Fridensvermittlerin e Konflikte gfrogt gsi. Si esch wiitume di ranghöchschti Person met entsprächendem Prestige gsi. Ziitgenosse beschribed si als «geschwinde, listige Frau». Gschid, energisch ond glaubwürdig esch si gsi ond het gwüss au chönne sicher ond bestimmt ufträtte. Di berüemtischti Vermittlig esch de Fride zwösched Bärn ond Friburg nach em Laupechrieg, 1339, usghandlet do z Königsfälde onder der Leitig vo der Königin Agnes. – Öb derfür de genius loci, di franziskanischi Grundstimmig z Königsfälde de gueti Bode gleit het? Fride stifte – esch das ned au e Form vo Care?

Mit dem Gedanke, wo de Franz von Assisi i de Regle för sini Mitbrüeder ufgschribe het, mit dem Gedanke möchti ich mis bescheidene Portrait vo der Königin Agnes abschlüsse:

«Ich rate aber meinen Brüdern, warne und ermahne sie im Herrn Jesus Christus, dass sie …. milde, friedfertig und bescheiden, sanftmütig und demütig sei[e]n und mit allen anständig reden, wie es sich gehört.» – Dem füegt er de Värs os em Lukasevangelium a (10.5): «Welches Haus sie auch betreten, sollen sie zuerst sagen: „Friede diesem Hause“».

 

Schriftdeusche Version

Ein grosses Thema: «Carearbeit in der Kirchengeschichte»!

Umso schöner, dass wir dafür vor unserer Haustüre ein wunderbares Beispiel haben: Königsfelden. Und erst noch spielen da die Frauen die grosse Rolle!

Ich habe mich gefreut über die Anfrage von Veronika Werder, am heutigen Frauenkirchenfest etwas über Königin Agnes von Ungarn zu erzählen. Über jene Frau, die Königsfelden prägte. Über die Frau, die hier während eines halben Jahrhunderts auf eine Weise wirkte, die bis zum heutigen Tag ausstrahlt. Ich gestehe: Agnes gehört zu jenen faszinierenden Persönlichkeiten, denen ich gerne begegnen möchte, wenn ich mich in eine andere Zeit versetzen könnte.

Agnes war eine geborene Habsburgerin, Enkelin von König Rudolf, Tochter von König Albrecht. Geboren wurde sie 1280, aufgewachsen ist sie in Wien. 18jährig wird sie mit dem Ungarischen König Andreas III. verheiratet. Nach kaum 3 Jahren Ehe stirbt Andreas 1301 als letzter der altungarischen Arpaden-Dynastie. Kinder hat das Paar keine, Agnes heiratet kein zweites Mal. Für die alleinstehende Königin-Witwe wird es in Ungarn schwierig, sie geht zurück nach Wien.

In unsere Region führt die junge Königin ein Ereignis, das die Welt erschüttert: Am 1. Mai 1308 wird ihr Vater, König Albrecht, hier – unweit vom Stammschloss der Familie, der Habsburg – ermordet. Von seinem Neffen – es geht um einen Erbschaftsstreit. Agnes ist 28jährig.

König Albrecht wurde so plötzlich aus dem Leben gerissen, dass weder Zeit für die Beichte noch für die Sterbesakramete blieb. Aus Sorge um sein Seelenheil stifteten deshalb seine Witwe Elisabeth und seine Tochter – also zwei Königinwitwen – am Ort des Geschehens das Kloster Königsfelden. Ein Doppelkloster von Klarissen und Franziskanern. Jenem Orden, dem die Seelsorge ein ganz besonderes Anliegen war. Die Mönche und Nonnen wurden dafür von der Stifterfamilie ausdrücklich dazu verpflichtet: Mit Beten und Messen Lesen hatten sie eben für das Seelenheil des verstorbenen Königs zu sorgen.

Die Franziskaner sind jedoch tätige Ordensleute. Der Ordensgründer, Franz von Assisi lebte es vor und forderte zu einem Leben ganz in der Nachfolge Christi auf. Er sagte sich von seiner wohlhabenden Familie los, und anstatt ins Tuchhandelsgeschäft einzusteigen, kümmerte er sich um jene, die Hunger und Durst litten, die Pflege brauchten oder Trost suchten; um die, die nichts anzuziehen oder kein Dach über dem Kopf hatten, um die auf der untersten Sprosse der sozialen Leiter. Kurz er und die, die sich bald um scharten – und das waren Frauen und Männer – alle sie taten das, was wir heute unter «CARE» verstehen.

In diesem Sinne gab es in Königsfelden ein Spital.

«Spital» – «Spittel»: das war noch bis weit ins 20. Jahrhundert vielerorts einfach das Haus für all jene Menschen, die aus irgendeinem Grund kein anderes Zuhause hatten: Sei es wegen Krankheit, Alter, Behinderung, Armut – oder einfach wegen Einsamkeit.

«Spital» – «Hospital». Da drin steckt das lateinische Wort «hospitalis», gastfreundlich – oder «hospitium», Hospiz, Herberge. Ein Ort, wo Menschen Aufnahme finden.

Wie gesagt: Königsfelden war ein Doppelkloster, Franziskaner und Klarissen. Das Frauenkloster war das bedeutendere. Die Fäden in der Hand hatte aber nicht die Äbtissin, sondern – in einer standesbewussten Zeit – eben Königin Agnes. Ab 1317 wohnte sie in Königsfelden, in einem Haus zwischen dem Frauenkonvent und der Kirche. Denn: Bis zu ihrem Tod 1364 nahm sie nie den Schleier.

In den Bildfenstern der Klosterkirche begegnen uns mehrere Frauen, die für die Klarissen exemplarisch sind: die Ordensgründerin Klara von Assisi natürlich, Maria Magdalena, Verena von Zurzach, Elisabeth von Thüringen. Frauen, die mit Salben und Öl, mit Wasser und dem Läusekamm zu den Randständigen gingen und ihnen auch Zuspruch brachten. An diesen orientierte sich auch Königin Agnes. Sicher drei dieser Frauen waren wie sie von höherem sozialem Stand.

Eine ganz besondere Beziehung verband Agnes mit Elisabeth von Thüringen, auch sie Tochter und Enkelin von Königen, nämlich des ungarischen Königs Andreas II., beziehungsweise Bela III. Elisabeth war eine Zeitgenossin von Franz von Assisi und von Klara. In deren Geist wirkte sie, aber eben selbständig, als sogenannt Tertiarin. Das heisst, sie schloss sich keiner Klostergemeinschaft an.

Agnes war mit ihr über verschiedene Stränge verwandt. Aber mehr als dies verband sie das ähnliche Schicksal der frühen Witwenschaft mit der Heiligen. In Wien besuchte sie Bedürftige im Spital, das einer ihrer Brüder nach dem Vorbild des von Elisabeth in Marburg gegründeten Spitals gestiftet hatte. Soweit wie Elisabeth, die sich bis zur Selbstaufopferung um Bedürftige gekümmert hatte, ging Agnes allerdings nicht.

Agnes soll zwar in Königsfelden das gleiche schlichte Gewand aus grobem Tuch getragen haben wie die Klarissen. So wird es überliefert. Sie wahrte aber hier, in den sogenannten österreichischen Vorlanden auch die ganz weltlichen Interessen ihrer Familie. Ihre Brüder, die Herzöge von Österreich traf man nämlich nur selten in ihrer Urheimat an.

Wenden wir uns aber dem karitativen Wirken von Agnes zu:

In Königsfelden richtete sie also ein Spital, ein «Siechhaus» ein. Dafür war eine «Siechmeisterin» zuständig. Das war eines von verschiedenen Ämtern im Frauenkloster. Es gab zB auch eine Jahrzeitmeisterin, eine Kellermeisterin, eine Küsterin und andere. Agnes selber legte diese Ämter und ihre Aufgaben, sozusagen ihre Pflichtenhefte, in einer Klosterordnung detailliert fest.

Die Siechmeisterin erhielt jedes Jahr einen bestimmten Betrag aus dem Klostergut zugwiesen. Agnes bestimmte auch genau, was den «gemeinen Siechen [den gewöhnlichen Kranken] und den Kindern»  aufgetischt wurde. Wer eine dünne Suppe und ein Stück Brot erwartet, irrt. Jeden Tag gab es frisches Fleisch, am Sonntag, Dienstag und Donnerstag zweimal. Für jene, die kein Fleisch assen, gab es zweimal täglich eine Speise aus Eiern und Käse. An den Fastentagen stand ein Fischgericht auf dem Plan.

Was am Tisch übrig blieb, gab die Pförtnerin an die Armen ausserhalb des Klosters aus.

Kranke Mitschwester wurden aufgepäppelt mit Geflügel, Fleisch, Zucker, Mandeln, Weinbeeren, Reis, Feigen, und dazu Wein – Elsässer oder einheimischem. Dasselbe soll man den kranken Kinder geben.

Kinder: Vermutlich war der Königsfelder Spital auch ein Waisenhaus.

Wie andernorts dachte man zu gewisse Anlässen besonders an die Bedürftigen: Vor allem an den Todestagen von Agnes’ Eltern und jenem ihres Mannes. An diesen Tagen wurde viel Brot gebacken. Wie viel setzte Agnes ganz genau fest: Am Todestag ihres Mannes aus 7 Mütt Kernen, an jenem ihrer Mutter aus 15 Mütt. Und am meisten am Todestag on König Albrecht. An jedem 1. Mai mussten aus 20 Mütt Kernen 2600 Brote gebacken werden. Ein Mütt ist ein Getreidehohlmass. Umgerechnet ergaben die 20 Mütt 2600 Pfünderli. Und diese wurden dann eben an die Bedürftigen verteilt.

Auf diese Brotspende wird das «Brötliexamen» im Eigenamt, das Jugendfest von Birr, Lupfig, Scherz und Birrhard und die Brotverteilung auch am Windischer Jugendfest zurückgeführt. Auch nach der Auflösung des Klosters, als Königsfelden eine Bernische Landvogtei geworden war, blieben diese Brotspenden nämlich bestehen. Mag sein, dass daraus im Laufe der Zeit dann ein «Examewegge» wurde.

Auch das Gebenstorfer «Chindlimähl» dürfte auf das Kloster Königsfelden und  damit auf Agnes zurückgehen: Noch im 19. Jahrhundert war das Kantonsspital Königsfelden verpflichtet, mittellosen Wöchnerinnen ein bestimmtes Quantum Mehl abzugeben.

Ein neues Stichwort: Kantonsspital Königsfelden:

Tatsächlich riss die Spitaltradition in Königsfelden seit der Zeit von Königin Agnes, also seit nunmehr 700 Jahren nie ab. Das Kloster wurde in der Reformation 1528 aufgelöst und Königsfelden in eine Landvogtei umgewandelt – der Spital wurde weitergeführt. Der Brugger Stadtarzt war für die medizinische Versorgung zuständig. 1803, die Gründung des Kantons Aargau: Der Königsfelden Spital wird zum Kantonsspital. Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Aarau der neue Kantonsspital gebaut wurde, blieb in Königsfelden die psychiatrische Klinik – bekanntlich bis zum heutigen Tag.

CARE: unter diesem Begriff verstehen wir vieles: Pflege, Seelsorge, Sterbebegleitung, psychologische Betreuung und mehr. Erlauben Sie mir zum Schluss, dass ich den Rahmen noch etwas weiter stecke:

Wiederholt war die verwitwete ungarische Königin Agnes als Schiedsrichterin oder als Friedensvermittlerin in Konflikten gefragt. Sie war weitherum die ranghöchste Person mit entsprechendem Prestige. Zeitgenossen beschreiben sie als «geschwinde, listige» Frau. Klug, energisch und glaubwürdig war sie ohne Zweifel, dazu konnte sie gewiss auch sicher und bestimmt auftreten. Die berühmteste Vermittlung ist der Friede zwischen Bern und Freiburg nach dem Laupenkrieg 1339. Diese Verhandlungen fanden in Königsfelden unter der Leitung von Königin Agnes statt. Ob dafür der genius loci, die franziskanische Grundstimmung den guten Boden legte? Frieden stiften – ist das nicht auch eine Form von CARE?

Mit diesem Gedanken, aufgeschrieben von Franz von Assisi in der Regel für seine Mitbrüder – mit diesem Gedanken möchte ich mein bescheidenes Portrait von Königin Agnes abschliessen:

«Ich rate aber meinen Brüdern, warne und ermahne sie im Herrn Jesus Christus, dass sie …. milde, friedfertig und bescheiden, sanftmütig und demütig sei[e]n und mit allen anständig reden, wie es sich gehört.» und dem fügt er den Värs aus dem Lukasevangelium an (10.5): «Welches Haus sie auch betreten, sollen sie zuerst sagen: „Friede diesem Hause“».

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