Flensburger Frauenmahl am 30. Oktober 2014
Tischrede von Bente Sprenger
Sie schuf und betreibt die kleine Frühstückspension „ Hotel Alte Land Schule“ in Langballig
Hier stehe ich – ein guter Ort zum Leben!
Guten Abend,
liebe Damen, liebe Herren,
hier stehe ich – ein guter Ort zum Leben!
Als sich vor nun mehr 6 Jahren nach unserer Tochter Carlotta unser Sohn Jacob ankündigt,
weiß ich für mich drei Dinge:
Ich möchte nicht in meinen bisherigen Beruf zurückkehren.
Ich brauche aber dennoch eine weitere persönliche Herausforderung.
Und:
Ich möchte "einen guten Ort" schaffen, für meine Familie und mich und auch für andere Menschen.
Einen schönen Ort, ein Zuhause, einen Ort, an dem die Menschen sich begegnen können und sich wohlfühlen.
Jeder auf seine ganz persönliche und eigene Art.
Ganz unterschiedliche Menschen aus ganz unterschiedlichen Gründen
haben seit dem "einen guten Ort" für sich gesucht und viele auch gefunden.
Einige suchen "einen guten Ort" um einfach einmal vom Alltag abzuschalten, sich zu erholen,
um Freunde und Familie zu treffen, Feste zu feiern, Neues kennenzulernen.
Die letzten Tage zu Zweit zu verbringen, bevor ein neues Menschlein das zukünftige Leben komplett auf den Kopf stellt.
Den vielleicht "schönsten Tag des Lebens" zu verbringen oder immer wieder daran erinnert zu werden…
Aber es gibt auch ganz andere Gründe, "einen guten Ort" zu suchen:
Da gibt es die junge Familie, deren 13jährige Tochter gerade ihre Chemotherapie abgeschlossen hat
und vor Antritt ihrer Rehabilitation ein paar entspannte Tage verbringen möchte.
Mit viel Ruhe und Strandspaziergängen – fern vom Trubel, Krankenhäusern und Ärzten.
Oder der dynamische athletische Sportler, begleitet von seinen Eltern, der am „Ostseeman“ teilnehmen will.
Während des Aufenthalts erzählt die Mutter, dass Ihr Sohn als Soldat traumatisiert aus Afghanistan zurückgekehrt ist.
Voller Scham und mit nur einem Wunsch:
"Wäre ich bloß körperlich verletzt worden, dann könnten die Menschen meine Verletzung sehen und besser verstehen!"
Hilflos musste er zuschauen wie ein Freund durch eine Mine schwer verletzt wurde…
Heute ist er ein anderer Mensch.
Sein "guter Ort" ist sein extremer Sport geworden und die Fürsorge seiner verständnisvollen Familie und Freunde.
Abschließend möchte ich mich an eine 19jährige erinnern, die gemeinsam mit ihrer Mutter anreist.
Diese junge Frau wirkt sehr verschlossen, fast unerreichbar.
Sie verlässt kaum ihr Zimmer, während die Mutter viel im Garten sitzt und liest
oder auf dem geliehenen Fahrrad durch Angeln fährt.
Bei vielen Gesprächen erzählt die Mutter von den schweren Depressionen ihrer Tochter.
Seit ihrem 13.Lebensjahr ist sie bereits in therapeutischer Behandlung.
Anfänglich zerreibt es die Eltern auf der Suche nach Schuld und eigenen Fehlern.
Dann dreht sich bis zur Selbstaufgabe alles nur noch um die Tochter.
Heute sagt die Mutter:
Vor 19 Jahren dachten wir ein gesundes Mädchen geboren zu haben,
nun wissen wir, dass es anders ist und wir haben gelernt, für uns alle Drei das Beste daraus zu machen.
Enden möchte ich nun mit dem Gästebucheintrag dieser jungen Frau:
Zitat:
Sechs schöne, viel zu kurze Tage, in der Alten Landschule sind vorbei
„es fühlt sich an, als würde einem hier jeden Tag jemand über den Kopf streicheln“
Schön war’s, gerne wieder! Danke
Ich denke, besser kann man einen "guten Ort" nicht beschreiben.
Vielen Dank und guten Appetit!