Maria Heinsius wurde 1893 als Tochter des evangelisch-lutherischen Pfarrers und späteren Kirchenrats Wilhelm Stoeber und dessen zweiter Ehefrau Julie, geb. Nagler, in Regensburg geboren. Sie besuchte die Evangelische Volksschule und die Städtische Höhere Mädchenschule in Regensburg. Da ihre Mutter früh starb, übernahm der Vater die Erziehung. Neben der Schule unterrichtete er das wissbegierige Mädchen in Latein und in Griechisch und weckte in ihr das Interesse für Geschichte. In dieser Zeit war es für Mädchen in Regensburg und in ganz Bayern nicht möglich, Abitur zu machen. Daher absolvierte Heinsius einen dreijährigen Gymnasialkurs in Nürnberg, der auf das Abitur vorbereitete. Im Gymnasialkurs erwachte in Heinsius das Interesse für theologische Fragen. 1912 legte sie in Würzburg das Abitur ab. Anschließend begann sie in München mit dem Studium. Sie hörte germanistische und philosophische Vorlesungen und verbesserte ihre Griechischkenntnisse. Im Wintersemester 1913/14 begann sie mit dem Studium der evangelischen Theologie an der Universität in Heidelberg. Die Frage nach der praktischen Verwertbarkeit eines theologischen Studiums stellte sich Heinsius zum damaligen Zeitpunkt nicht. Auch das Streben nach einem kirchlichen Amt lag außerhalb ihres Horizonts. Im Juli 1917 wurde Heinsius an der theologischen Fakultät in Heidelberg bei Professor Georg Wobbermin als erste Frau zur Lizentiatin der Theologie promoviert.
Im Januar 1918 heiratete sie den badischen Vikar und späteren Pfarrer Dr. theol. Wilhelm Heinsius (1890-1967). Das Leben als Pfarrfrau stand ihr vor Augen, ein hauptberuflicher kirchlicher Dienst war nicht im Blick. Zunächst in Strümpfelbrunn, wo ihr Mann seit 1919 seine erste Pfarrstelle hatte, und dann ab 1925 in Bretten nahm sie die Aufgaben einer Pfarrfrau in der Gemeinde durch seelsorgerliche Besuche, Jugend- und Frauenarbeit wahr. Daneben widmete sich Heinsius weiterhin der wissenschaftlichen Arbeit. In Bretten arbeitete sie in der umfangreichen Melanchthonbibliothek.
Eine bedeutsame Veränderung im Leben von Heinsius vollzog sich durch den Wechsel ihres Mannes 1933 in den Schuldienst nach Freiburg im Breisgau. Zunächst vermisste Heinsius die Gemeindearbeit. Doch schon bald begann sie, sich stattdessen in der kirchlichen Frauenarbeit zu engagieren. Im Jahr 1934 übernahm sie den Vorsitz im Evang. Fürsorgeverein Freiburg. Seit 1937 war Heinsius ehrenamtlich beim Evang. Frauenwerk der Badischen Landeskirche tätig. Seit dieser Zeit und bis Kriegsende widmete sich Heinsius der Vorbereitung von Pfarrfrauen und Gemeindehelferinnen für deren Aufgaben in Freiburg und Umgebung. Einen Schwerpunkt legte sie auf Bibelarbeiten und Frauenkreise. Darüber hinaus hielt sie Mütterfreizeiten ab, übernahm Vortragstätigkeiten und Bibelarbeiten.
Außerdem unterrichtete sie am evangelischen Kindergärtnerinnenseminar. Zusätzlich hörte Heinsius auch philosophische und theologische Vorlesungen an der Universität in Freiburg. Engagiert widmete sich Heinsius der Erforschung der Lebensbilder der „theologischen Ahnfrauen“. Sie versuchte anhand von Quellen zu belegen, dass es schon seit den Anfangszeiten der christlichen Kirche eine bedeutsame kirchliche Frauenarbeit auf der Grundlage einer vollwertigen theologischen Ausbildung gab.
Einen Schwerpunkt legte sie auf die Erforschung von christlichen Frauengestalten des Mittelalters. Das intensive Quellenstudium nahm sie ernst, wobei sie ihre Bücher und Aufsätze dennoch allgemeinverständlich hielt. Die Reihe ihrer theologisch-schriftstellerischen Werke eröffnete Heinsius 1935 mit der Herausgabe und Kommentierung der reformatorischen Schriften der Argula von Grumbach, die sich als Adlige zur Reformation bekannte. Schon auf den ersten Seiten zeigte sich Heinsius Nähe zur Bekennenden Kirche, wenn sie erklärte: „Unsere Kirche weiß heute wieder, was Glauben und Bekennen heißt. […] Bekennen heißt aber auch, mit letztem Einsatz zu dem stehen, was unser einziger Trost im Leben und Sterben geworden ist“ (Heinsius 1935).
Weitere Veröffentlichungen kamen hinzu. Heinsius beschrieb christliche Frauen des frühen Mittelalters, deren Lebensbeschreibungen bis dahin nur in lateinischer Sprache vorlagen. Sie wies anhand der Lebensbeschreibungen dieser frommen Frauen das Eindringen christlicher Inhalte in das heidnische Germanien nach (vgl. Heinsius 1938).
1942 erschien „Die brennende Lampe. Frauengestalten des hohen Mittelalters“, eine weitere Studie über Frauengestalten des Mittelalters, in der Heinsius Ehefrauen christlicher Herrscher darstellte, die als Landesfürstinnen wirkten. Mit beiden Schriften versuchte Heinsius „gegenüber der nationalsozialistischen Geschichtsverfälschung zu zeigen, wie die Botschaft von Christus in Deutschland in Wirklichkeit aufgenommen wurde und welch erstaunlicher Reichtum christlicher Frauenbildung in jenen ersten Jahrhunderten erwachsen ist“.
1943 gab Heinsius „Das Lustgärtlein der Herrad von Landsberg“, eine Auswahl aus dem berühmten „Hortus deliciarum“ heraus. Darin kommentierte sie das Wissen, das die gelehrte Äbtissin Herrad von Landsberg aus dem Bereich der sieben freien Künste, den Kirchenvätern und der zeitgenössischen Theologie für ihre Schwestern gesammelt hatte.
Weiterhin verfasste Heinsius zahlreiche Aufsätze. Im Jahr 1951 erschien mit „Das unüberwindliche Wort“ eine weitere Studie zu Frauengestalten, diesmal zu Frauen der Reformationszeit. Darin stellte Heinsius gebildete Frauen wie Katharina Zell, Margarete Blarer, Wibrandis Rosenblatt und Olympia Morata dar. 1962 verfasste sie die Jubiläumsschrift der Korker Anstalten unter der Überschrift „40 Jahre Berufsausbildung für Sozialarbeit und Gemeindedienst 1918-1958“. Heinsius veröffentlichte 1958 eine Festschrift zur Geschichte des Evangelischen Seminars für Wohlfahrtspflege und Gemeindedienst. Desweiteren arbeitete Heinsius am Mütterlosungsbüchlein des bayerischen Mütterdienstes mit und gab Hilfen zur Bibelarbeit des Evang. Frauenwerks Baden heraus. 1966 veröffentlichte sie ein Heftchen zu Margarete Blarer.
Die Schriften von Heinsius wurden zu Unterrichtshilfen für den Religionsunterricht und für die Frauenarbeit.
Heinsius unterrichtete von 1946-1961 an der evangelisch-sozialen Frauenschule in Freiburg, die später in Evangelisches Seminar für Wohlfahrtspflege und Gemeindedienst in Freiburg umbenannt wurde. Von 1955 bis 1970 arbeitete Heinsius im Verwaltungsrat des Freiburger Diakonissenhauses mit. Von 1951 bis 1963 übernahm sie die Verantwortung für die Gehörlosenseelsorge in Freiburg und Emmendingen.
Neben ihren Forschungsarbeiten nahm Heinsius seit den Freiburger Jahren regelmäßig an den Treffen des „Verbandes Evangelischer Theologinnen in Deutschland“ teil und war dort eine gefragte Referentin für Fragen der historischen Frauenforschung und für aktuelle Frauenfragen in der Kirche.
Ein einschneidendes Ereignis war für Heinsius der Einsatz der ersten badischen Vikarinnen in der Zeit des 2. Weltkriegs in verwaisten Pfarreien der Landeskirche. In dieser Zeit, als die badischen Theologinnen begannen, über ihre Rolle und das Amtsverständnis in der Landeskirche nachzudenken, stand Heinsius durch ihre Aktivitäten in der Frauenarbeit und der Frauenforschung in engem Kontakt zu den jüngeren hauptamtlichen Frauen, die im Religionsunterricht und als Gemeindehelferinnen eingesetzt waren. Obwohl selbst nicht Vikarin, hielt Heinsius in dieser Zeit in offiziellem Auftrag des Dekanats Freiburg Andachten und Gottesdienste.
Auf dem Hintergrund ihrer historischen Forschungen stellte sie die These auf, dass der Dienst der gebildeten theologischen Frau seit Beginn der Kirche bekannt war. Sie verband damit die Hoffnung, dass auch die heutige Kirche die jungen Theologinnen brauchen würde. Offenbar beeindruckte die Einsegnung der Vikarinnen Heinsius auch persönlich. Seit ihrer Teilnahme an der Einsegnungsfeier im Januar 1944 dachte Heinsius, obwohl schon 51 Jahre alt, ernsthaft darüber nach, das 2. theologische Examen abzulegen. Beeinflusst haben dürfte sie zum einen die Stellung der Vikarinnen in der Bekennenden Kirche und die Veröffentlichung des „Vorläufigen kirchlichen Gesetzes die Vikarinnen betreffend von 1944 in Baden“. So beantragte Heinsius am 9.2.1944 beim Oberkirchenrat, das 2. theologische Examen nachholen zu dürfen. Heinsius ging es darum, die Voraussetzungen zu erlangen, die für einen kirchlichen Auftrag erforderlich waren, ohne dass sie allerdings zu diesem Zeitpunkt eine konkrete Aufgabe im Blick hatte. Der Oberkirchenrat kam Heinsius insoweit entgegen, dass ihre Lizentiatenprüfung als 1. Examen anerkannt wurde. Die praktisch-theologische Ausbildung wurde ihr wegen ihrer langen und vielseitigen ehrenamtlichen kirchlichen Arbeit erlassen. Heinsius bereitete sich trotz der Kriegsereignisse darauf vor, im Herbst 1944 das 2. theologische Examen in Karlsruhe abzulegen. Hierfür absolvierte sie praktisch homiletische Übungen in Form von Gottesdienstvertretungen in Kliniken und in verschiedenen Diasporagemeinden. Heinsius konnte wie die anderen Pfarrkandidaten aber kein 2. theologisches Examen ablegen, da im Oktober 1944 das Dienstgebäude des Oberkirchenrats schwer beschädigt wurde und daher bis nach Kriegsende keine Prüfungen stattfanden. Nach Kriegsende verfolgte sie ihr Vorhaben weiter und stellte im März 1946 erneut den Antrag auf Zulassung zum 2. theologischen Examen. 1946 bestand Heinsius im Alter von 53 Jahren das 2. theologische Examen. Als Beste von acht wurde sie unter die Pfarrkandidaten der Badischen Landeskirche aufgenommen „[…] und für befähigt erklärt, in allen evangelischen Gemeinden des Landes zu pfarrlichen Geschäften verwendet zu werden.“ Ausgenommen hiervon war die Spendung der heiligen Sakramente, die an die Ordination gebunden war.
Die in der Ausnahmezeit des 2. Weltkriegs erreichten Zuständigkeiten der Theologinnen bzw. Vikarinnen wurden nach der Rückkehr der Pfarrer aus dem Krieg teilweise wieder zurückgenommen. Daher behielt Heinsius ihre bisherigen Aktivitäten im Bereich der Frauenarbeit bei.
Die weiteren Diskussionen um die Frage nach der Stellung der Vikarinnen und Theologinnen veranlasste Heinsius 1948 zu einem kleinen Aufsatz mit dem Titel: „Vom Dienst der Frau in der Kirche in alter und neuer Zeit“, in dem sie gelehrte und sozial tätige Frauen von der alten Kirche bis in die Zeit des 2. Weltkriegs beschrieb. Programmatisch begann der Aufsatz mit dem Satz: „Der Dienst der Frau ist so alt wie die Kirche selber“ (Heinsius 1948). Diesen Satz begründete Heinsius mit den Frauen, die Jesus und seine Jünger nach biblischem Zeugnis begleiteten. Heinsius warnte vor einer biblizistischen Interpretation der neutestamentlichen Stellen und trat für eine Bewertung des Dienstes der Frau ein, die sich an seiner historischen Entwicklung orientieren sollte. Sie wies anhand einer großen Zahl von frommen und gebildeten Frauen aus Herrschaftsgeschlechtern und Klöstern nach, dass es schon seit dem 7. Jahrhundert eine kirchliche Frauenarbeit mit großem Einfluss gegeben habe. Sie beschrieb des Weiteren die Entwicklung der Arbeitsgebiete für den kirchlichen Dienst der Frau, die sich im Laufe der Zeit und besonders seit der Reformation in Richtung Pfarrfrau, professioneller Krankenpflege, der Gemeindehelferin, der kirchlichen Wohlfahrtspflegerin, und zuletzt als Dienst der Theologin entwickelt habe. In dieselbe Richtung wies auch ihr Aufsatz „Lutherische Frauenklöster – eine versäumte Gelegenheit“. Darin beklagte Heinsius, dass sich nach den Ansätzen der Reformationszeit im evangelischen Bereich im 17. Jahrhundert keine kirchliche Frauenarbeit entwickelte, während sich zeitgleich auf katholischem Gebiet mit den Barmherzigen Schwestern der Vinzentinerinnen oder den Ursulinen neue Formen der weiblichen Orden etablierten. Mit Johann Hinrich Wichern bedauerte Heinsius den Verlust evangelischer Orden in der Reformationszeit und unterstützte dessen Vision evangelischer Orden als Ausbildungsstätten für weibliche und männliche Berufsarbeiter der Inneren Mission.
Im Blick auf die Leistungen der Theologinnen, Gemeindehelferinnen und Pfarrfrauen während des Kriegs betonte Heinsius: „Man darf wohl sagen, dass sie ihre Feuerprobe bestanden haben.“ Daher wünschte Heinsius sich, dass der neue Dienst der Vikarin in die Kirche integriert würde. „Das Amt der Theologin in der Gemeinde ist noch in der Entwicklung begriffen, wenn auch während des Kirchenkampfes viele Vikarinnen im Dienst der Bekennenden Kirche in Gemeinden eingesetzt wurden; […] “ (Heinsius 1948: 14).
Weiter heißt es: „Ungewöhnlicher und vielfach umstritten ist der Dienst der theologisch gebildeten Frau, wie er in dem noch stark in der Entwicklung begriffenen Amt der Vikarin in fast allen evangelischen Landeskirchen in Deutschland eine vorläufige Form gefunden hat. Die Zeit für eine rechtliche Festlegung dieses Amtes im Rahmen kirchlicher Gesetzgebung scheint noch nicht gekommen zu sein. Immer wieder bemüht man sich vom Neuen Testament her, das rechte Verständnis für die Stellung der Frau in der Gemeinde und für ihren Anteil am Amt der Wortverkündigung zu gewinnen“ (Heinsius 1948: 15).
Heinsius forderte nicht das gleichberechtigte Pfarramt für Frauen, sondern es ging ihr um eine Ergänzung des Amtes um die frauliche Seite: „Das Amt der Theologin wird immer ein frauliches und mütterliches Amt sein […].“
Die Fülle der anwachsenden Arbeit, die von den Trägern des Pfarramtes allein nicht bewältigt werden kann, ruft nach dem Dienst der kirchlichen Wohlfahrtspflegerin, der Gemeindehelferin, der Katechetin und nicht zuletzt auch der Vikarin“ (Heinsius 1955).
Der Kampf der bürgerlichen Frauenbewegung war bedeutsam für die Erreichung des Zugangs von Frauen zu Schulbildung und Universitätsstudium. Heinsius war sich dieser Tatsache bewusst, denn sie betonte ausdrücklich, dass der Zugang zum Hochschulstudium für Frauen erst durch die Frauenbewegung möglich geworden war. Infolge dieser Möglichkeiten nahmen Frauen ein Theologiestudium auf, ohne dass berufliche Perspektiven vorhanden gewesen wären. Der Weg der ersten Theologinnen zum Studium war mutig, waren doch keinerlei berufliche Aussichten vorhanden. Es ging auch nicht um Rechtsansprüche, die sich ergeben könnten – im Sinne einer weltlichen Gleichberechtigung. Heinsius betonte: „Der Dienst der Frau in der Kirche war und ist immer Sache des Charismas und kann nur auf der Ebene gleicher Begnadung und gleicher Verantwortung gesehen werden“ (Heinsius 1973: 17).
Heinsius arbeitete in ihren wissenschaftlichen Studien heraus, dass das Amt der Theologin sich in der Geschichte unter den jeweils gegebenen Möglichkeiten entfaltet habe. „Es war mir klar, dass die Entscheidung über das, was eine Frau in der Gemeinde tun kann und darf, nicht allein von der Exegese einiger neutestamentlicher Stellen abhängen kann. […] Im Blick auf unsere theologischen Ahnfrauen darf man vielleicht sagen, dass es kein älteres und schöneres Frauenstudium gäbe als das der Theologie – aber irgendwelche praktischen und beruflichen Folgerungen konnten in der evangelischen Kirche doch erst in viel späterer Zeit gezogen werden“ (Heinsius 1973: 17).
Die personelle Notsituation des Kriegs hatte dazu geführt, dass Vikarinnen die eingezogenen Pfarrer in den Gemeinden bei ihren Diensten vertraten. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die den Vikarinnen übertragenen Kompetenzen im Pfarramt zum Teil wieder zurückgenommen. Die während des Kriegs gemachten Anfänge mit dem Einsatz von Vikarinnen im Pfarramt ließen sich aber auf Dauer nicht rückgängig machen. Für ausgebildete Theologinnen eröffneten sich nach dem Krieg Arbeitsmöglichkeiten in der Kirche: im Unterricht an höheren Schulen, bei der Ausbildung von Gemeindehelferinnen und Katechetinnen, in der Seelsorge, in der Jugend- und Frauenarbeit. Heinsius trat nicht für das volle Pfarramt für Frauen ein. Sie verstand das Amt der Theologin als Ergänzung zum männlichen Pfarramt und betonte vor allem dessen mütterliche Seite. Vielmehr leitete sie das Recht auf Mitarbeit von Frauen in der Kirche aus der Kirchengeschichte ab, da die Mitarbeit der Frau schon seit der frühen Kirche zum Wesen der Kirche gehörte.Gleichzeitig wünschte Heinsius „dass unsere Kirche das Neue, das ihr mit dem Dienst der Vikarin gegeben ist, in ihrer Mitte wachsen lässt, ohne durch verfrühte gesetzliche Formulierungen Entwicklungsmöglichkeiten abzuschneiden“ (Heinsius 1948: 16).
Die ersten Theologinnen oder Vikarinnen, die ein Amt in Kirche oder Schule innehatten, waren der zölibatären Lebensweise verpflichtet und schieden bei Heirat aus dem Dienst aus. Heinsius war nie Vikarin oder Pfarrerin, noch im hauptamtlichen Dienst der Badischen Landeskirche und hatte als verheiratete Frau nur eine eingeschränkte Amtsbefugnis. Für Heinsius war das Amt der Vikarin selbstverständlich mit dem Zölibat verbunden. Daher plädierte sie für die Schaffung von Möglichkeiten des spirituellen Zusammenlebens und andere Zusammenschlüsse für allein stehende Frauen.
1955 nahm Heinsius Stellung zur Theologinnenfrage. Sie wies auf den schweren Dienst der Vikarinnen während des Kriegs hin und machte deutlich, dass die Theologinnenfrage nicht vom Standpunkt der Gleichberechtigung der Geschlechter aus gesehen werden dürfe. Heinsius begleitete interessiert die Entwicklung der folgenden Jahre von der Einsegnung zur Ordination und hin zum vollen Pfarramt für Frauen. Sie freute sich über die Aussicht, dass sich für die verheirateten Theologinnen verschiedene Tätigkeitsbereiche in der Kirche eröffneten. In den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts führten die Entwicklungen zur vollen, gleichberechtigten Ordination von Frauen ins Pfarramt in den meisten deutschen evangelischen Landeskirchen. Damit endete eine Tradition, die 1900 Jahre dauerte, in der Frauen in Kirche und Theologie fast unsichtbar waren.