Anna Elisabeth von Schleebusch

Gelehrte Autorin von Erbauungsliteratur
Gelehrte Autorin von Erbauungsliteratur Miroslawa Czarnecka
Lebensdaten
von 1626 - bis 1706
Unter weiteren Namen bekannt als:
Anna Elisabeth von Schleepusch
Beziehungen

Anna Elisabeth von Schleebusch wurde am 23. Januar 1626 in Polwitz bei Liegnitz in der hochadligen Familie des Ritters Adam von Eick geboren. Ihre Mutter, geborene von Salza aus dem Hause Heydersdorff in der Oberlausitz, starb, als Anna neun Jahre alt war. Der Schlesien verwüstende Dreißigjährige Krieg brachte  die Familie von Eick um ihr Vermögen und ihre Güter. Anna wurde durch die Flucht nach Jauer gerettet, wo sie vier Jahre lang bei Verwandten lebte, während der Vater im Krieg war. Eine andere Verwandte nahm sie dann zu sich nach Schweidnitz, wo Anna wegen der Belagerung der Stadt durch die kaiserlichen Truppen unter Lebensgefahr lebte. Die tragischen Erlebnisse jener Jahre beschrieb sie in Form von persönlichen Aufzeichnungen, die ihren Wert als Dokument des Frauenlebens in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges besitzen.  Sie wurden in der Leichenpredigt auf die Autorin mitabgedruckt.1645 heiratete sie den schottischen Baron von Londy. Diese Ehe dauerte vierzehn Jahre und es gingen zwei Kinder aus ihr hervor: ein Sohn, der frühzeitig starb, und eine Tochter, die dann Carl Julius von Zedlitz heiratete und bereits 1699 starb. Nach zwei Jahren Witwenstand heiratete Anna Elisabeth von Schleebusch zum zweiten Mal. Die Ehe mit dem Freiherrn Jacob von Schleebusch dauerte vierzehn Jahre: zwei Söhne, die Anna ihm gebar, starben im Kindesalter. Die Tochter Susanna Elisabeth wurde später Freiin von Bibra. Nach dem Tod des zweiten Ehemanns zog sich Anna von Schleebusch auf ihren Witwensitz in Polwitz zurück, wo sie am 20. März 1706 starb.

Der Dreißigjährige Krieg hat das Leben der Autorin entscheidend geprägt. Das hochadlige Elternhaus hätte Anna eine standesgemäße Ausbildung gesichert; sie wurde jedoch durch den unmittelbaren Einfluss des Krieges weitgehend gestört. Man kann heute nicht mit Sicherheit von ihren Fremdsprachenkenntnissen und sonstigen Interessen sprechen. Eins steht jedoch fest: das theologische Wissen, das Schleebusch sich aneignete und das sich in den fünf Erbauungsbänden ihrer Autorschaft niederschlug, war ein Indiz dafür, dass sie ihre Bildung wenigstens auf diesem Gebiet, wohl durch Selbststudium, nachholte. Aus den Paratexten zu ihren Erbauungsbänden lassen sich einige Verweise auf ihre Lektüre herauslesen. Schleebusch berief sich u.a. auf die Enzyklopädie von Theodor Zwinger Theatrum Vitae Humanae, Basilea 1565, Bd. 1, aus der sie Beispiele aus der antiken Literatur zitierte, z. B. die Werke Homers. Es bleibt offen, ob Schleebusch das Werk Zwingers selbst gelesen hat oder ob sie diesen Hinweis von einem anderen Autor übernahm. Das theologische Wissen dieser Frau war gänzlich der lutherischen Lehre verpflichtet: Johann Christoph Wätzold, Autor der Leichenpredigt auf sie, hob besonders hervor, dass Schleebusch sich in ihren Schriften auf keinerlei schwärmerische Gedanken einließ, denn: „Sonst ist es gemeiniglich so hergegangen/wenn das Frauenzimmer Bücher geschrieben / so hat es in der Kirchen Händel gesetzt“ (Wätzold, S. Kv).

 Anton Zeidler, der Herausgeber der meisten Bände der Autorin, stellte sie als eine edle Christin dar, die nicht wie viele „galante Damen jener Zeit eher einen eitlen Romain als die Bibel, eher ein lustiges Gedichte als ein Gebet=Buch“ (Zeidler, 1702, o.P.) in die Hände nahm. Dieses locus communes des weiblichen Erziehungsmodells war in der pädagogisch bestimmten Literatur des 17. Jahrhunderts – in den Hausväter- und Zuchtbüchern sowie in der Erbauungsliteratur – immer präsent. So stellte der Autor der Leichenpredigt auf Schleebusch der verderblichen Lektüre von Liebesromanen eine den Frauen angemessenere Beschäftigung mit religiösen Schriften gegenüber: „Wenn die gelehrte Welt immerhin bey seinem Urtheil bleiben wird / daß viele Frauen-Zimmer ihren schönen Verstand an eitle Schriften gewendet / als wie die Saliez an die Prinzessen de Isambourg, die Bernardia an die Malheurs de lamour, die La Vergne an die Historie der Prinzessin de Mompesier; so wird sie rühmen / daß eine Freiin von Rochau, eine Freiin von Schleebusch, eine geborene von Merlau, eine Frölichin, besser gethan/daß sie ihre Zeit wie ein Geistvoller David an ein Psalmen-Buch gewendet“ (Wätzold, S. Kv).

 In diesem Sinne sind auch die Worte von Bernhard Oerlich, dem Superintendenten der Bremer Diözese, zu verstehen, der 1676 in der Vorrede zu Schleebusch` Band „Geistliche Ehren=Pforte“ bemerkte: „Ich lege hier für Augen / aller Rechtgesinnten, die fürtrefflichen Christlichen Gedancke/so Ihro hochedle Tugend auff Papier gebracht / nicht aus faulen Pfützen des Amadys etc., sondern aus der reinsten Quelle lebendigen Wassers heraus geschöpffet“ (Oerlich, o.P.).

Von den Gutachtern ihrer Erbauungswerke wurde das Bild einer frommen, rechtgläubigen und züchtigen Matrone wiederholt, die ihre Zeit nicht mit weltlicher Zerstreuung zu erfüllen suchte, sondern mit der Pflege ihres Glaubens ausfüllte.

Wirkungsbereich

Anna Elisabeth von Schleebusch ist Autorin von fünft umfangreichen Erbauungsbänden, die ihr den Status der „Gelehrten“ einbrachten und ihren Namen weit über die Grenzen Schlesiens berühmt machten. Als gelehrte Frau wurde sie in den Gelehrten-Lexika des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts erwähnt. (Eberti, Jöcher)  Sie verfasste alle Werke im Witwenstand – im fortgeschrittenen Alter von 50 Jahren begann sie zu schreiben: 1677 erschien in Frankfurt „Die geistliche Ehren=Pforte”, 1705 erfolgte in Leipzig eine zweite Auflage dieses Werkes, erweitert um einen Anhang mit Andachten und einer ars moriendi; 1698 wurde in Leipzig „Die Geist=häusliche Seelen=Apotheke” herausgegeben, 1702  erschien dort „Anmuthiger Würzt=Garten” und 1703 „Heilige Übung Gott=liebender Seelen und „Biblischer Extract“. Für eine Frau im 17. Jahrhundert war das ganz gewiss eine ungewöhnliche Leistung – meistens waren Frauen Verfasserinnen von einem oder zwei Erbauungswerken. Anna von Schleebusch schrieb ihre Bände für die Kinder und Enkelkinder und erfüllte damit die Pflicht der christlichen Mutter. Den didaktischen Zweck ihrer schriftstellerischen Tätigkeit formulierte sie jedes Mal ganz eindeutig in der Vorrede. Die Texte sind aus diversen Gattungen von Erbauungsliteratur kompiliert, enthalten Gebete auf bestimmte alltägliche und außergewöhnliche Lebenssituationen, Trostsprüche, ars moriendi, Betrachtungen der Passion Christi und besonders für Kinder angemessene Dialoge (Gespräche), die den Grundkern des biblischen Wissens und des christlichen Glaubens vermitteln.

Reformatorische Impulse

Die Erbauungsliteratur der Reformationszeit war ein Medium der Vermittlung, Anerkennung und Einprägung der Grundlehre evangelischen Glaubens in breiten Bevölkerungskreisen. Dominante Gattung war die evangelische Predigt. Darüber hinaus traten die für die Gemeinde bestimmte Schriftauslegung, die Haustafel mit dem Kleinen Katechismus, Standesschriften, Trost- und Kreuzschriften und  Gebetbüchlein mit der Auslegung des Vaterunsers. Die Schriften Luthers und in seinem Gefolge die anderer Theologen wirkten vorbildlich für die Menge des religiösen Laienschrifttums. Viele Frauen standen Martin Luther in seinem reformatorischen Durchbruch zur Seite: sie waren seine Gönnerinnen und Mitstreiterinnen. Auch als Autorinnen von Erbauungswerken trugen sie zur Verbreitung der neuen Glaubenslehre bei, vorrangig in engeren Familien- und Verwandtschaftskreisen. Wenn ihre Gebet- und Andachtsbücher gedruckt wurden –  und das war vor allem bei den adligen Verfasserinnen am häufigsten der Fall –  erreichten sie jedoch nur bescheidene Auflagen. Diese Texte hatten immer Lehre und Moral des Christentums zum Thema und waren auf die praktische Anwendung bedacht.

Für die Erbauungsliteratur der nachreformatorischen Zeit waren zwar Luthers Werke weiterhin verbindlich doch es wurde immer mehr auf die vorreformatorische Tradition zurückgegriffen. Am Ausgang des 16. Jahrhunderts erhoben sich immer lauter Vorwürfe des „Maulprotestantismus“, und zwar vorrangig durch Theologen wie Johann Arndt, der die Notwendigkeit einer Erneuerung der protestantischen Frömmigkeit erkannte. In dem allgemeinen Bedürfnis nach „einem persönlich werdenden Gebetsleben“, das sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts bemerkbar machte, sieht Zeller die Reaktion breiter Massen auf die Frömmigkeitskrise in der protestantischen Kirche. (Zeller: XVII) Mit seinen „Vier Büchern vom wahren Christenthum“ (zuerst 1605) prägte Johann Arndt in Anlehnung an Luther die Idee des lebendigen Glaubens, die Lehre von „Christus in uns“. Für die neue Frömmigkeit wurde der Zusammenhang von Glauben und Leben, von der Wiedergeburt und Nachfolge Christi entscheidend. Anna Elisabeth von Schleebusch nennt Johann Arndt ihren Lehrer in der praxis pietatis, die auf eine individualistisch-subjektive Sinngebung ausgerichtet war. Im Einklang mit der Lehre Arndts versteht sie die Intention ihrer erbaulichen Zweckliteratur als Stärkung und Förderung der individuellen Frömmigkeit, die aus der orthodoxen Lehre folgend sich nun um eine subjektive, verinnerlichte Gebetspraxis bereichern sollte. Im Band „Anmuthiger Würtz=Garten“ ordnet sie die Gebete traditionell dem Tagesrhythmus an und untergliedert sie sowohl situations- als auch standesgemäß. Neben den Dank- und Bußgebeten standen hier Bittgebete in Anfechtungen, Not und Leid parat. In einem separaten Kapitel stellte Schleebusch Gebete für alle Stände zusammen und schloss daran jene, die das Familienleben begleiteten. Die wichtigen Ereignisse in der Familie wie Hochzeit, Schwangerschaft, Taufe, Schulbesuch, Studium, Reisen, Kinder-, Eltern- und Gattentod waren Anlass  zum Gebet. Anna von Schleebusch verfasste diesen Band für ihre Enkelkinder mit dem Ziel, „durch dieses kleine memorial des göttlichen Befehls zu dem Lobe Gottes und hochnöthigen Gebete zu erinnern und zu ermahnen“ ( o.P.). Um eine besondere Bedeutung des Gebets in der persönlichen praxis pietatis hervorzuheben, berief sie sich sowohl auf die Bibel als auch auf die Kirchenväter Augustinus und Bernhardus und zitierte den Satz von Johann Arndt, nach dem es galt: „Wer also betet / […] der redet mit Gott / und Gott mit ihm.“ (o.P.) Die Betenden bezeichnete Schleebusch weiter mit der traditionellen Metapher des christlichen Ritters als „christliche Streiter, die dem Kriegsmanne gleich sind.“ (o.P.)

Mit ihren Erbauungsbänden steht Anna Elisabeth von Schleebusch exemplarisch dafür, wie  die durch den Krieg betroffenen Menschen die gesellschaftliche Krise der Nachkriegszeit durch eine Intensivierung persönlicher Frömmigkeit zu bewältigen suchten.

Kommentar

Öffentlich trat die Frau als Autorin im 17. Jahrhundert in erster Linie im Bereich des Erbauungsschrifttums auf. Die Autorinnen wussten sich zwar zur Rechtfertigung ihrer schriftstellerischen Arbeit genötigt, doch fanden sie meistens dafür Anerkennung, Lob und gesellschaftliche Akzeptanz. Diese positiven Reaktionen auf die Texte von Frauen konnten umso leichter erreicht werden, als die meisten Autorinnen sich erst im Witwenstand dem Schreiben widmeten. Auch erhoben ihre Texte nicht den Anspruch der religiösen Streitschriften erhoben, ganz im Gegenteil: sie waren dem evangelischen Glaubensbekenntnis verpflichtet und standen im Offenbarungs- und Bekenntniszusammenhang.  Hervorzuheben ist dabei, dass die angewendeten Verkleinerungstopoi, die Deklaration eigener Schwachheit und Ignorantia, der Verweis auf göttliche Inspiration, ja auf göttliche Autorschaft und die eigene Instrumentalisierung als Werkzeug Gottes kein frauenspezifisches Autorverhalten war, sondern der antiken rhetorischen Strategie einerseits und andererseits  dem im Christentum entwickelten Modell des christlichen Dichters entsprach. Sicherlich aber waren aber  solche Elemente wie  die Betonung weiblicher Ungelehrtheit gegenüber dem hohen Bildungsniveau von potentiellen männlichen Lesern, das Zögern vor der Einwilligung zur Druckfreigabe; die mehrmals wiederholte Versicherung, dass es nur auf Anraten von Freunden geschähe, zu denen, wohl bemerkt immer nur männliche Autoritätsfiguren wie Vater, Ehemann oder Pastor und Dichter zählten; auch des  Öfteren die anonyme Herausgabe der Bände und die Geständnisse, dass es keineswegs um Erlangung von Ruhm ginge,  eine weibliche Erweiterungsvariante des traditionellen Humilitastopos. Die Rechtfertigung ihrer schriftstellerischen Arbeit bezog die Autorin von Erbauungsliteratur aus der gelebten Rechtgläubigkeit, aus dem im Text eindeutig deklarierten Zweck des ‚Deoglori‘ und des christlichen Dienstes für die Mitmenschen. Diese Texte fungierten zunächst in handschriftlicher Fassung in Familien- und Freundeskreisen als Formen der Devotio domestica und zugleich als Realisierung der erzieherischen Pflichten der Frau. Die Adressaten dieser Schriften waren meistens eigene und fremde Kinder und Frauen in allen Ständen ihres Lebens.  In vielen Fällen wurden die Autorinnen sich als Alleinerzieherinnen ihrer Verantwortung bewusst und legitimierten ihre Texte gerade durch diese Aufgabe. Die biologische Mutterschaft und die dynastische Verantwortlichkeit der adligen Frauen waren relevante Legitimationsstrategien des Schreibens.

Anna Elisabeth von Schleebusch fand, wie viele andere Autorinnen Zeit und Anerkennung für ihre Beschäftigung, erst nachdem sie ihre Pflichten als Mutter und Gattin erfüllt hatte. Alle Texte entstanden nach dem Tod des zweiten Ehemannes, als Anna bereits im fortgeschrittenen Alter von 50 Jahren zu schreiben begann.  Sie berief sich  zwar traditionell auf die didaktische Funktion ihrer Werke,  im Laufe der Zeit aber lies sich in ihrem Schreibprozess eine steigende Freude am Schreiben, an der Bewältigung immer umfangreicherer „materie“ beobachten. Sie  inszenierte sich selbst als Autorin und erlangte dabei eine gewisse Souveränität, die nur selten anzutreffen war.  Im ersten Band, „Die heilige Ehren=Pforte“ (1677) rechtfertigte sie ihre Tätigkeit als schreibende Frau :„Ich bitte alle und jede / und einen jeden insbesondertheit / so etwa dieses sich zu lesen belieben lassen / sie wollen auch kein ärgernuß schöpffen / daß es von einer Frawen den nahmen hat“ (S.12).

In den nächsten Schriften dagegen drückte sie den Humilitastopos nicht mehr geschlechtsspezifisch aus.

Im Falle der erbaulichen Schriften von Frauen haben wir es eigentlich mit der  Autorschaft  nur  im Sinne des Abschreibens und Zusammentragens von gehörten und gelesenen religiösen Stoffen, wie biblische Sprüche, Psalmen, Perikopen, Gebete zu tun. Die Originalität dieser Texte war gering, weil sie bis auf die – eigentlich sehr schwer identifizierbaren – eigenen Gebete oder Lieder der einzelnen Autoren und Autorinnen traditionell aus der Hl. Schrift, der primären Autoritätsquelle, und aus den Werken der populären Theologen und Predigern wie auch aus der Patristik schöpften.

 In der Vorrede zu ihrem „Anmuthigen Würtz=Garten“ wandte sich Anna Elisabeth von Schleebusch mit folgenden Worten an den „Christlichen lieben Leser“: „Es sind unterschiedliche Ursachen / aus welchen ein iedes Werck pfleget entweder gelobet und geliebet / oder getadelt und verworffen zu werden. Die Verwerffung pfleget daraus zu entstehen / wenn der Author / der solches an Tag giebet / nicht recht qualificieret und ihm dasselbe nicht zustehet. Zum andere / daß die Form und gestalt / in welcher es für Augen gestellet wird / nicht recht geschickt und wohl zubereitet ist. Drittens / daß die materie / die in demselben enthalten und begriffen / tadelbahr und verwerfflich. Und vierdtens / daß es nicht zu einem guten Ende und intention, wohin es zielet / angesehen und gerichtet sey“ (o.P.).

Hielt sich die  Autorin den beiden erstgenannten Kriterien der klassischen Decorumlehre gegenüber für nicht gewachsen, so legitimierte sie sowohl „die materie“ als auch die „intention“ ihrer Texte mit religiösem Bekenntniszusammenhang und bewusstem  Didaktismus. Sie stellt sich in die demutsvolle Haltung des christlichen Dichters, der selbst ein Instrument Gottes ist: „Es ist darinnen nichts enthalten / so ich etwa aus meinem Gehirn entsponnen, sondern was ich aus dem Wort göttlicher Offenbarung und reiner Christlicher Lehrer Schriften gezogen. […] erkenne mich daneben schuldig zu seyn / so viel durch göttlichen Beystand / nicht allein selbsten meinem Gott zu ehren / zu loben und zu gehorsamen, sondern auch die Meinigen / und wenn ich es vermöchte / auch meinen Neben=Christen anzumahnen zum Lobe und Dienste unseres Gottes“ (o.P.).

Mit ihrem letzten Werk  unter dem Titel „Biblischer Extract“ aus dem Jahre 1703  schrieb Schleebusch ihr opus magnum: Auf 1446 Seiten fasste sie den „Auszug der ganzen Heiligen Schrift alten und neuen Testaments“ zusammen. Im Prozess der schriftstellerischen Bewältigung dieses umfangreichen Materials verfolgte die Autorin die trias dicendi von docere, movere und delctare, was in der Vorrede deutlich zum Ausdruck kam. Sie erklärte dort: „das weiß ich wohl / daß ich nichts mit Willen habe aussen gelassen / was lehrhaft / tröstlich / erbaulich / zu unserem Christenthum / und voraus zu förderst zu Gottes heiligen Ehren und Lobe gereihen kann und mag“ (S.4).

Aus dem anfänglichen Vorhaben, sich eine Art Florilegium Biblicum, eine biblische Schatzkammer aufzubauen, wurde nun beinahe ein Bibelduplikat. Schleebusch schrieb: „Und zwar war im Anfang meine Meynung / die Hl.Schrift kurz durchzugehen und einzutragen / auff daß / wenn ich etwas suchte / bald finden möchte; allein wie ich anfieng zu schreiben / und fand so viel lehrhafftes und tröstliches / konnte ich unmöglich solches aussen lassen / und wurde mir also unter der Hand weitläuffiger / als im Anfang mein Fürsatz war“ (S. 2).

Sicher kann man die mangelnde Disziplin bei der Ausführung des Vorhabens als Folge der nachlassenden geistigen Kräfte sehen, obwohl andererseits die physische Verfassung der Autorin durchaus zu bewundern wäre. Zumal sie die aufwendige Arbeit an diesem Werk als „eine angenehme Zeit=vertreibung  bey […] hohem Alter“ (S.2) deklariert. Wir gewinnen hiermit einen Einblick in ihren Alltag, in dem sie die letzte Lebensphase durch Schreiben und Konzipieren sowie Zusammenstellung des umfangreichen Erbauungsstoffs wirklich hinauszuzögern vermochte. Aus dem Vorwort  zu ihrem „Anmuthiger Seel-erquickender Würzt=Garten (1702) lässt sich unverkennbar die Absicht herauslesen, auch noch als Witwe nützlich zu sein. Mit Stolz gebraucht sie hier die „natürlichen“ Argumente einer erfüllten weiblichen Lebenspflicht als Mutter, erweitert aber dieses Recht der Frau auf aktive Teilnahme am Leben der Nächsten über die Altersgrenze hinaus, indem sie sich nun gerade als Großmutter eine wichtige Aufgabe stellt, bei der ihr fortgeschrittenes Alter kein Hindernis sein sollte:„Weilen mich denn mein Gott gewürdiget / nicht allein eine Mutter; sondern auch Groß=Mutter zu werden / als habe ich auch meine Schuldigkeit beobachten / und nicht allein meine Kinder; sondern auch meine Kindes=Kinder / durch dieses Memorial und Gebet=Büchlein hierzu ermahnen und anhalten wollen.“ (S.2)

Als Autorin-Ich bezeichnet sie sich zwar, indem sie ihr wahres Alter notiert, verwendet aber nirgends den Topos der Altersklage, sondern hebt ihre souveräne Haltung hervor als betagte Frau, die in der Nachfolge der großen alten Weisen der Bibel die junge Generation unterweisen und belehren will. Sie schreibt: „Desgleichen hat auch Isaac / da er alt und seine Augen tunckel wurden / ließ er seinen Sohn Jacob für sich kommen / und segnet ihn. […] Diesem letzten Exempel zu folge habe ich mir auch / und zwar durch dieses Büchlein schriftlich zu thun vorgenommen / weilen die lieben Kinder noch klein / meine Jahre / menschlichem Ansehen nach / verflossen / massen es heisst: Unser Leben währet 70. Jahr / also daß ehe sie zu ihren Jahren und Verstande kommen / ich wohl den Weg aller Welt möchte gegangen seyn. Also / ihr lieben Enckel / überreiche und hinterlasse ich euch nicht allein meinen Befehl / und Großmütterliche Erinnerung zu dem lieben Gebet und allen Christlichen Tugenden; sondern vielmehr den göttlichen Befehl selbst/ [ …]“ (S.2)

In ihrem Selbstbild, das man aus solchen Äußerungen in den Paratexten rekonstruieren kann, tritt  hre souverän gewordene Haltung als Autorin hervor. Das Schreiben wurde geradezu eine Lieblingsbeschäftigung dieser alternden Frau.