Eléonore d’Olbreuse

„Dreimal mehr Hugenottin … als Französin“?
Eine Hugenottin am Celler Hof Andreas Flick
Lebensdaten
von 1639 - bis 1722
Unter weiteren Namen bekannt als:
Eléonore Herzogin Desmier d’Olbreuse
Oleonoredolbreuse.jpg
Copyright Bomann-Museum Celle
Beziehungen

Eléonore Desmier d’Olbreuse erblickte am 3. Januar 1639 als Jüngste unter vier Geschwistern im Poitou das Licht der Welt. Geburtsort war das rund 50 km von La Rochelle entfernt gelegene kleine Château d‘Olbreuse. Sie entstammte einer seit Generationen reformierten poiteviner Adelsfamilie, die als „bien pauvre“ – „recht arm“ beschrieben wird. Ihre Eltern Alexandre Desmier, seigneur d’Obroire et d’Olbreuse und Jacquette Poussard de Vendré hatten vier Kinder: Alexandre, Charles, Angélique und als Jüngste Eléonore. Als Eléonore acht Jahre alt war, verstarb ihre Mutter. In zweiter Ehe heiratete ihr Vater die Witwe Jeanne Beránger du Beignon, die noch eine Tochter mit in die Ehe brachte. Zwei Söhne, Henri und Jean, kamen als Halbgeschwister von Eléonore auf die Welt. Sie folgten später zusammen mit ihrem Bruder Alexandre und ihrer Schwester Angélique an den Celler Hof. Das Verdikt der nicht standesgemäßen Herkunft ist an Eléonore zeitlebens wie auch posthum haften geblieben. Ihre Schwägerin Herzogin Sophie nannte Eléonore folglich auch abfällig „das Hirtenmädchen aus dem Poitou“.

Über die Kindheit und Jugendzeit Eléonores auf Schloss Olbreuse ist nur wenig bekannt. Zweifellos wird sie die hauswirtschaftliche und religiöse Ausbildung erfahren haben, wie sie damals in den Kreisen des hugenottischen Landadels üblich war. Überliefert ist, dass sie das Tanzen und Reiten gelernt hat. In der 1679 in Paris anonym erschienenen „Avanture historique écrite par ordre de Madame ***“, die entweder von Eleonore selbst verfasst oder zumindest von ihr lanciert worden ist, wird Eléonore als ein fröhlicher Mensch mit ausgesprochener Schönheit beschrieben, die bereits in jungen Jahren im Angesicht der Glaubenskämpfe den Ernst des Lebens verstand.

Da es eine gängige Praxis war, dass Kinder des Landadels während ihrer Jugendzeit ihr Glück an bedeutenderen Fürstenhöfen suchten, erhielt Eléonore zunächst eine Stellung als zweite Ehrendame bei der reformierten Herzogin de la Trémoïlle, die dem poiteviner Hochadel angehörte. Anschließend wurde Eléonore erste Kammerdame bei deren Schwiegertochter, der Prinzessin Emilie von Tarent, einer geborenen Landgräfin von Hessen-Kassel. So wurde die Hugenottin im Alter von rund 20 Jahren am Hof Ludwigs XIV. in Versailles eingeführt. Der calvinistische Glaube, zu dem sich auch der Prinz von Tarent Charles de la Tremoïlle und seine Frau bekannten, stand einer Karriere in Frankreich am Hof Ludwigs XIV. hindernd entgegen. Auch deshalb zog das Prinzenpaar und mit ihnen die beiden hugenottischen Hofdamen Eléonore d’Olbreuse und Nymphe de la Motte-Chevallerie in die calvinistischen Niederlande, wo der Prinz von Tarent eine hohe militärische Stellung erhielt. Die von dem Prinzenpaar protegierte Eléonore, die damals 24 Jahre alt war und ihre französische Heimat nie mehr wiedersehen sollte, bewegte sich zunächst weitgehend im Umfeld des reformierten Hochadels und deren Höfe.

Im Winter des Jahres 1663/64 besuchte die Prinzessin von Tarent ihre Familie am Hof zu Hessen-Kassel. Dort begegnete Eléonore 1663 zum ersten Mal Georg Wilhelm (1624-1705), der damals noch als Herzog der Fürstentümer Calenberg und Göttingen in Hannover residierte. Der Welfe hatte den Ruf eines überzeugten Junggesellen und Frauenheldes. Er muss nach dieser ersten Begegnung so von der Hugenottin beeindruckt gewesen sein, dass er sie ein Jahr später im Dezember 1664 in Holland wieder aufsuchte und bis zum März 1665 in ihrer Nähe blieb. Georg Wilhelms beharrliches Werben um Eléonore wurde jedoch vom plötzlichen Tod seines Bruders Christian Ludwig (1622-1665) in Celle unterbrochen. Zudem hatte sich der dritte Bruder Johann Friedrich (1625-1679) durch einen Staatsstreich der Regierung in Celle bemächtigt. Nachdem ein Bruderkrieg abgewendet werden konnte, trat Georg Wilhelm als Herzog zu Braunschweig und Lüneburg 1665 die Regierungsgeschäfte im Fürstentum Lüneburg an, dem bedeutendsten der drei welfischen Herzogtümer.

Am 15. November 1665 traf die 26-Jährige im Gefolge der „Frau Bischöfin“ von Osnabrück anlässlich der Bestattung Herzog Christian Ludwigs in Celle ein. Bei der „Frau Bischöfin“ handelt es sich um Sophie von der Pfalz (1630-1714), eine Tochter der Elisabeth Stuart und Enkeltochter James‘ I. von England. Anfangs sah sie in der Französin, von der sie sehr angetan war, nur einen „Zeitvertreib“ (un amusement) ihres Schwagers. Sophie, die wie Eléonore der reformierten Konfession angehörte, war einst die Verlobte von Georg Wilhelm zu Braunschweig und Lüneburg. Einerseits um seinen freien Lebensstil beibehalten zu können und andererseits, weil er sich angeblich eine amouröse Krankheit zugezogen hatte, bewog dieser seinen Bruder Ernst August (1629-1698), die Braut zu übernehmen. Der hohe Preis dafür war der 1658 verfasste „Brauttauschvertrag“, der die Geschichte Europas beeinflussen sollte. Ernst August erhielt von Georg Wilhelm das schriftliche Versprechen, das dieser zeitlebens „in coelibatu“ leben werde. Zudem wurde festgelegt, dass die Nachkommen von Ernst August und Sophie Georg Wilhelm beerben sollten. Zu dem Erbe zählte in erster Linie das Fürstentum Lüneburg mit seiner Celler Residenz.

Infolge dieses Vertrags war eine Heirat von Georg Wilhelm und Eléonore d’Olbreuse, die zudem vom Stand her unebenbürtig war, ausgeschlossen. Dennoch versprach Georg Wilhelm seiner Geliebten neben einer finanziellen Absicherung eine immerwährende Lebensgemeinschaft, was sogar vertraglich dokumentiert wurde. Anders als in älterer Literatur nachzulesen ist, kann man jedoch nicht von einer (morganatischen) Ehe sprechen, da man die kirchenrechtlichen Bestimmungen nicht beachtet hat. Eléonore erreichte zunächst lediglich den Status einer Mätresse, was sie zweifellos in Konflikt mit der Kirchendisziplin der französisch-reformierten Kirche brachte. Diesen Status behielt sie auch nach der 1674 erfolgten Erhebung in den Reichsgrafenstand bis zu ihrer kirchlichen Trauung im Jahr 1676. Trotzdem schrieb Eléonore voller Euphorie am 14. März 1666: „Sie würden Freude haben, unsere Ehe [so!] zu sehen, es ist die beste der Welt, […]“.

Herzogin Sophie, die ihrem Schwager wohl eine Mätresse, jedoch keine Ehefrau gönnte, äußerte 1667 verärgert: „Die Strenggläubigsten sehen sein Verhältnis als eine Heirat vor Gott an.“ In ihren Äußerungen, in denen einerseits dynastische Befürchtungen und andererseits persönliche Kränkungen mitklingen, ist der zunehmende Hass gegenüber ihrer Schwägerin sichtbar, die von ihr nicht als „Frau von Harburg“, sondern abschätzend als „diese Person“ oder „das Fräulein von Poitou“ tituliert wird.

Eléonore d’Olbreuse soll zunächst den Titel einer „Frau von Celle“ begehrt haben, was ihr jedoch aus Rücksicht gegenüber den vertraglichen Absprachen mit Ernst August nicht gewährt wurde. Ihr blieb die Wahl zwischen dem Titel einer „Frau von Hoya“ oder einer „Frau von Harburg (Dame de Harbourg)“, worauf sie sich für den zweiten entschied. Im Volksmund nannte man sie „Unseres Herzog Georg Wilhelms seine Madame“. Insbesondere ihre Schwägerin Sophie legte höchsten Wert darauf, dass auch im höfischen Protokoll der minderrangige Status von Eléonore zum Ausdruck kam.

Als Eléonore d’Olbreuse 1665 nach Celle kam, um fortan an der Seite von Herzog Georg Wilhelm zu leben, machte das Schloss einen baufälligen Eindruck. Darum wurde es hauptsächlich in den Jahren 1670 bis 1680 umfassend zu einer imposanten Vierflügelanlage nach italienischem Vorbild umgebaut.  „Der Celler Hof, so sagt man, ist ganz französisch, […], man sieht dort gleichsam keinen Deutschen mehr“, stellte Kurfürstin Sophie von Hannover bereits 1680 mit kritischem Unterton fest. Unübersehbar war der Einfluss der Herzogin auf das Hofleben in der Celler Residenz.

Die Tatsache, dass die Hugenotten in Eléonore am Hof des Lutheraners Georg Wilhelms eine Person ihres Glaubens, ihrer Kultur und ihres Vertrauens fanden, prädestinierte Celle als Zufluchtsort. Auch um sich am Hofe ihres Mannes heimischer zu fühlen, umgab sich Eléonore von Anbeginn mit Landsleuten, die ihrer reformierten Konfession angehörten.

„Französisch waren am Celler Hofe vor allem auch alle Vergnügungen“, schreibt Friedrich Meinel. Es soll dem Einfluss der Herzogin zu verdanken sein, dass eine französische Hofkapelle an die Stelle der deutschen trat, so dass Celle zu den ersten Residenzen Deutschlands zählte, in der eine rein französische Hofkapelle musizierte. Zudem wurden eine französische Schauspieltruppe, eine italienische Komödientruppe, in der später auch französische Komödianten aufgenommen worden sind, und eine italienische Operntruppe engagiert.

Bereits am 10. September 1666 war das einzige Kind des Paares geboren worden, Sophie Dorothea. Sie sollte später als die „uncrowned queen“ in die englische Geschichte eingehen. Als die Prinzessin sechs Jahre alt war, erwarb Herzog Georg Wilhelm vom Adelsgeschlecht Grote Ländereien im Norden seines Territoriums. Kaiser Leopold, mit dem Georg Wilhelm mehrere Jahre verhandelt hatte und der durch den Celler Herzog im Holländischen Krieg (1672-1678) militärisch unterstützt wurde, erwirkte für Sophie Dorothea und Georg Wilhelms nicht standesgemäße Lebensgefährtin Eléonore am 22. Juli 1674 die Erhebung in den Reichsgrafenstand, so dass beide Frauen fortan „Gräfinnen von Wilhelmsburg“ waren. Unter erneuter Zusicherung, dass nach seinem Tod das Fürstentum Lüneburg an seinen jüngeren Bruder Herzog Ernst August fallen würde, erreichte Georg Wilhelm dessen Einverständnis zu seiner offiziellen Eheschließung mit Eléonore d’Olbreuse, die – wie bei unstandesgemäßen Ehen üblich – in aller Stille am 12. April 1675 in kleinem Kreis in der Celler Schlosskapelle stattfand. Im selben Jahr wurde die Hugenottin zur Herzogin erhoben.

Ihre als ausgesprochene Schönheit beschriebene Tochter Sophie Dorothea, die das einzige Kind ihrer Eltern blieb, galt unter dem Hochadel als eine begehrte Partie. Dass die erst 16-jährige Prinzessin trotz zahlreicher hoch angesehener Bewerber schließlich mit ihrem Vetter, dem Erbprinzen Georg Ludwig, am 2. Dezember 1682 verheiratet wurde, war eine rein politisch-dynastische Entscheidung. Denn dieser war der älteste Sohn von Herzog Ernst August von Hannover und Herzogin Sophie. So konnte definitiv gesichert werden, dass das Fürstentum Lüneburg nach dem Tode Georg Wilhelms an das Fürstentum Calenberg fiel. Eléonore hatte sich zunächst vergeblich gegen diese aus dynastischen Erwägungen vereinbarte Eheverbindung für ihre Tochter gewehrt, zumal der steife und verschlossene Georg Ludwig von der Wesensart her Sophie Dorothea entgegengesetzt war. Selbst seine Mutter nannte ihn „mehr als kalt“.

Herzog Georg Wilhelm zu Braunschweig und Lüneburg, der zeitlebens eine für damalige höfische Verhältnisse ungewöhnlich enge Beziehung zu Eléonore pflegte, verstarb am 28. August 1705 im Alter von 81 Jahren auf seinem Jagdschloss in Wienhausen. Nur im Postskript eines Briefes des Kursächsischen Agenten Johann Christian Philipp an Gottfried Wilhelm Leibniz der Hinweis, dass man sage, Georg Wilhelm habe mit der Schwester seines Hofmarschalls Armand de Lescour (also mit Anne oder Hélène de Lescour) ein Verhältnis gehabt, von dem Eléonore jedoch keine Kenntnis besessen habe. Es ist kaum anzunehmen, dass Leibniz hier Hofklatsch weiter trägt. Nach dem Ableben des Herzogs musste seine Witwe vertragsgemäß das Celler Schloss verlassen, das sich nun im Besitz des hannoverschen Kurfürsten Georg Ludwig befand. Sie zog zunächst in die im Norden des Fürstentums Lüneburg gelegene Stadt Lüneburg, wo sie im Stadtschloss, das als Witwensitz („Witthumbs-Sitz“) vorgesehen war, zusammen mit einem kleinen Hofstaat lebte. Diesem gehörten um die 50 Bedienstete an, worunter sich zahlreiche Franzosen befanden.

In den Jahren ihres Aufenthalts in den Jahren 1706 bis 1717 erlebte die dortige – bereits 1685 gegründete – kleine Französisch-reformierte Gemeinde ihre letzte Blütezeit. Die Hugenotten und weitere Reformierte feierten ihre Gottesdienste fortan im großen Saal des Stadtschlosses. Auch nachdem Eléonore nach Celle zurückgekehrt war, benutzten die Lüneburger Reformierten weiterhin das herrschaftliche Palais für ihre Gottesdienste. Von Lüneburg aus pflegte Eléonore zahlreiche Kontakte, empfing Besucher, nahm beispielsweise 1706 in Hannover an der Hochzeit ihrer Enkelin Sophie Dorothea d. J. mit dem preußischen Kronprinzen teil, unternahm Reisen, die mehrheitlich zu ihrer Tochter nach Ahlden führten, deren trauriges Los ihr Witwendasein überschattete. Da die Tochter Sophie Dorothea Ehebruch begangen und Fluchtpläne ausgearbeitet hatte, wurde die Ehe geschieden. Zudem wurde die Prinzessin bis zu ihrem Lebensende auf Schloss Ahlden gefangen gehalten. Ihr geschiedener Mann begründete indes als Georg I. die britische Thronfolge des „House of Hanover“.

Mit Genehmigung von Kurfürst Georg Ludwig, der seit 1714 als Georg I. auch König von Großbritannien und Irland war, kehrte Eléonore d’Olbreuse auf eigenen Wunsch wieder ins Celler Schloss zurück, da die Kutschfahrten von Lüneburg bis Ahlden für die alte Dame zu beschwerlich waren. Dort verbrachte sie ihre fünf letzten Lebensjahre.

„Den 5. Februar 1722 halb elf Uhr vormittags nahm Gott der Herr Ihre Hochfürstliche Durchlaucht die verwitwete Frau Herzogin von Celle zu sich; sie hat ihr Leben in höchst christlicher Weise im 85. Lebensjahr beschlossen“, trug ihr Seelsorger François Jodouin in das Kirchenbuch der Französisch-reformierten Kirchengemeinde Celle ein. Kurze Zeit später begannen die Vorbereitungen für die von Eléonore d’Olbreuse testamentarisch bestimmte stille Beisetzung. Diese entsprach der hugenottischen Kirchenordnung, die bei Begräbnissen das Halten von Gebeten und Predigten untersagte. Zum Zeichen der Trauer wurden die Gemächer der Herzogin, der Altar, die Kanzel und der Fürstenstuhl in der Celler Stadtkirche sowie die Kanzel, die Sitze vor der Kanzel („parquet“) und die herzogliche Loge in der Französisch-reformierten Kirche mit schwarzem Trauerstoff ausgestattet. Der größte Teil des Erbes, 60.000 Taler, das Gut Olbreuse, Schmuck, Silber, Möbel und weitere Wertgegenstände, gingen an ihre Tochter. Ferner zählten auch zahlreiche Celler Hugenotten zu den testamentarisch bedachten Personen.

Die Herzogin fand in der Fürstengruft in der Celler Stadtkirche an der Seite ihres Gemahls Georg Wilhelm ihre letzte Ruhe. Auch wenn der Verzicht jeglicher Prachtentfaltung bei der Beisetzung der letzten Celler Herzogin durchaus ihrem Wunsch entsprach, so wurde ihr jedoch eine letzte Ehre durch das Haus Hannover versagt. Die für sie vorgesehene Nische beim Epitaph an der Seite ihres Gemahls Georg Wilhelm blieb in der Celler Stadtkirche leer. „Mit seinem Tod im Jahr 1705 hatte Celle die Funktion einer Residenz verloren, und die Familiengrablege – Merkmal einer fürstlichen Residenz – war von nun an in Hannover“, erläutert die Leiterin des Celler Stadtarchivs Sabine Maehnert.

 

Wirkungsbereich

Zunächst hatte Eléonore, die sich gegenüber dem französischen König Ludwig XIV. loyal zeigte, als vertraute Beraterin des Herzogs noch das Bündnis mit dem „Sonnenkönig“ unterstützt. Es ist belegt, dass sie großen Einfluss auch auf politische Entscheidungen Georg Wilhelms hatte, zumal dieser ihr erstaunliche Betätigungsmöglichkeiten im diplomatischen Bereich zubilligte. So schrieb noch 1679 der französische Diplomat François de Rébenac an Ludwig XIV.: „Die Frau Herzogin von Celle hat mehr Einfluß als jemals zuvor auf die Entscheidungen ihres Gemahls. – Wenn sich dieselbe auch früher wenig mit der Politik gefaßt hat, so war sie es doch jedenfalls, welche das Bündnis mit Eurer Majestät zu Stande gebracht hat.“ Mit harten Bandagen versuchte der französische Souverän später, einen Bündniswechsel des Hauses Braunschweig-Lüneburg zu verhindern. „Die Herzogin legt einen außerordentlichen Eifer für ihren Glauben an den Tag und sucht ihren Gemahl mit fortzureißen“, schrieb der französische Gesandte am Celler Hof Bourgeauville mit kritischem Unterton an seinen König. Und drei Tage später brachte er zu Papier: „Der Herzog von Celle hat sogar mit Bezug auf Euer Majestät ausgesprochen, daß ein Fürst, der seinen Unterthanen gegenüber sein Wort nicht halte, dieselben berechtige, sich einen anderen Herrn zu suchen … die Einflüsterungen der Frau Herzogin gaben zu solchen Aueßerungen mehr Anlaß als die natürlichen Neigungen des Herzogs.“ Ludwig XIV. nannte das Verhalten Eléonores, das gewiss auch als Reaktion auf dessen intolerante Religionspolitik zu verstehen ist, ein „Wüthen gegen die eigenen Interessen“. 1689 erfolgte schließlich die offizielle Kriegserklärung des Celler Herzogs gegen Ludwig XIV., so dass sich auch braunschweig-lüneburgische Truppen am pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) beteiligten.

Im Oktober 1698 weilte der englische König William III., der zugleich Statthalter der Niederlande war, im Fürstentum Lüneburg, um an der Jagd teilzunehmen. Im Jagdschloss Göhrde kam es zu einem Vieraugengespräch zwischen dem Monarchen und Eléonore. Instruiert von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) sprach die Herzogin auch das Thema der englischen Thronfolge an. Dabei legte sie William III. nahe, die hannoversche Kurfürstin Sophie mit ihrer Nachkommenschaft offiziell in die englische Thronfolge aufzunehmen. Die Reaktion des Königs soll positiv gewesen sein. Als Georg Wilhelm, der vorab nicht von dem Plan seiner Frau informiert worden war, nachfragte, warum er nicht in die Sache eingeweiht worden sei, soll sie geantwortet haben, sie hätte befürchten müssen, dass er es ihr verbieten würde. 1701 wurde in Großbritannien schließlich der „Act of Settlement“ erlassen, der vorsah, dass die britische Kronwürde an Sophie und ihre Nachkommen übertragen werden würde, sollte William III. und dessen Schwägerin, Königin Anne, ohne Nachkommen sterben. Damit waren die Weichen für das „House of Hanover“ gestellt.

„Um uns während dieser letzten Jahre zu erhalten, bediente sich Gott der Regierung und des Schutzes Ihrer Hoheit der Herzogin von Braunschweig-Lüneburg und Celle. Diese fromme Prinzessin hatte unsere Kirche immer ganz besonders geschätzt. Sie erinnerte sich [stets] daran, im Umfeld unserer Kirche geboren worden zu sein und dort die heilige Taufe empfangen zu haben, zumal Monsier d’Olbreuse, ihr ehrwürdiger Bruder [Alexandre Desmier, seigneur d’Olbreuse], und Monsier de la Forest, unser Pastor, nicht aufhörten, sie von Zeit zu Zeit über die Schwierigkeiten, die man uns machte und bei uns hervorrief, zu informieren. Ihre allerdurchlauchtigste Hoheit war ständig bemüht, die ganzen Verfolgungen am Hofe [Ludwigs XIV.] zu mildern, und sie hatte sogar die Güte, den König um unseren Schutz zu bitten.“ Diese Worte finden sich im Journal des Lehrers Jean Migault, dem wohl bedeutendsten Zeitzeugnis hinsichtlich der Hugenottenverfolgungen im Poitou.

Durch die Intervention und die guten diplomatischen Beziehungen der Herzogin von Celle war ihre poiteviner Heimat bei den Zwangsmaßnamen, die man gegen die französischen Protestanten anordnete, zunächst noch relativ geschützt. Um 1660 lebten im Poitou rund 77.000 bis 80.000 reformierte Christen. Die 1681 beginnenden Dragonaden (zwangsweise Einquartierung von Dragonern in protestantische Häuser, verbunden mit Plünderungen und Folter) und weitere Repressalien führten jedoch zur Konversion von rund 39.000 Reformierten zur katholischen Kirche und zur Emigration zahlreicher hugenottischer Poitevins.

Die Familie d’Olbreuse gewährte verfolgten Hugenotten so lange wie möglich Unterschlupf. Offensichtlich wirkte sich die Protektion aus dem fernen Celle noch als Schutz aus, weil Ludwig XIV. bei der Familie d’Olbreuse aus außenpolitischen Gründen noch Zurückhaltung übte. Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes am 18. Oktober 1685, das den Reformierten bislang zumindest auf dem Papier Schutz gewährt hatte, wurden jedoch auch im Poitou die letzten reformierten temples zerstört, darunter auch der in Mauzé. Nach der Revokation des Edikts von Nantes konnte sich auch keine protestantische adelige Familie mehr in Sicherheit wiegen. Madame de Maintenon, die letzte Mätresse Ludwigs XIV., setzte Madame Olbreuse darüber in Kenntnis, dass sie keine Flüchtlinge mehr schützen dürfe und dass sie bei Nichtbeachtung Dragoner heimsuchen würden.

Eine größere Zahl der poiteviner Glaubensflüchtlinge begab sich nach Celle, wo sie in Eléonore Desmier d’Olbreuse eine engagierte Fürsprecherin fanden. Leider gibt es keine Quellen darüber, ob und wie Eléonore und die ersten nach Celle gekommenen Hugenotten direkt nach 1665 im lutherischen Fürstentum Lüneburg ihren Glauben praktizieren konnten. Die Situation klärte sich spätestens mit dem am 7. August 1684 von Herzog Georg Wilhelm erlassenen Edikt, das Anhängern der reformierten Konfession im Fürstentum Lüneburg Aufnahme und Unterstützung versprach. Dieses Edikt, das ursprünglich primär auf die Ansiedlung von in England verfolgten Dissenters in der Stadt Lüneburg zielte, wandelte sich angesichts der Aufhebung des Edikts von Nantes zu einem Hugenottenprivileg. 1686 kam es „mit Erlaubnis des Herzogs […] und durch den Eifer der Herzogin“ zur Gründung einer offiziellen Französisch-reformierten Kirchengemeinde, die naturgemäß eine starke höfische Prägung besaß und sich hinsichtlich ihrer Sozialstruktur von den meisten Hugenottengemeinden im deutschen Refuge unterschied. Ihr erster Pastor wurde ein Verwandter der Herzogin, der zuvor erwähnte Louis Suzannet de la Forest, Seigneur de Puycouvert. Zur Bildung eines ersten Presbyteriums (consistoire) kam es jedoch erst im Jahr 1688. Mit Genehmigung der Herzogin wurden fünf hoch angesehene reformierte Männer in das Leitungsgremium der Hugenottengemeinde berufen. Für lutherische Gemeinden war damals eine Gemeindeleitung durch Laien noch undenkbar.

Im Celler Schloss fungierte zunächst ein Zimmer im Wohntrakt der Herzogin als gottesdienstlicher Versammlungsort der neu gegründeten Gemeinde. Der calvinistische Historiograph Gregorio Leti, der 1686/1687 während einer mehrmonatigen Deutschlandreise auch den Celler Hof besuchte, schrieb Folgendes mit seiner Feder über die Gottesdienste nieder: „Im Augenblick findet man hier auch die Reformierten, wegen der Frau Herzogin, die seit kurzem mit Zustimmung seiner Durchlaucht des Herzogs für sich und die anderen Reformierten, die es am Hofe gibt oder die in der Stadt wohnen, einen Pastor hat kommen lassen. Dieser Pastor heißt Herr de la Forest. Er ist ein Mann aus gutem Hause, führt ein musterhaftes Leben, ist gut erzogen und ein Gelehrter. Zur Zeit predigt er gewöhnlich im Zimmer Ihrer Durchlaucht der Herzogin, und das soll so lange geschehen, bis die Zahl der Anhänger dieser Religion groß genug ist, um eine Kirche zu benötigen. Bis jetzt aber ist deren Zahl noch nicht groß genug, denn es sind erst wenige französische Flüchtlinge hier angekommen. Als ich hier war, waren am Hof und in der Stadt noch nicht einmal 150 Mitglieder dieser Gruppierung vorhanden. Die Frau Herzogin bezeigt für die Religion so viel Eifer und Andacht, daß sie ganz einfach nicht frommer sein könnte.“

Zur finanziellen Ausstattung der französischen Gemeindepfarrstelle hatte die Herzogin die beachtliche Summe von 3000 Talern gestiftet, die bei den Ständen des Herzogtums zur Verzinsung angelegt wurden. „Da die Herzogin unermüdlich unserer Gemeinde Gutes thut“ beschloss das consitoire ein „Denkmal seiner Dankbarkeit für die Nachwelt zu stiften“ („un monument de notre gratitude à ceux qui nous succéderont“), indem es die große „Freigebigkeit“ (largesse) und ihren heiligen „Eifer“ (zèle) am 20. April 1703 in dem Protokollbuch der Französisch-reformierten Gemeinde dokumentierte. Weitere 3000 Taler vermachte die Herzogin ihrer Gemeinde bei ihrem Tod.

Erst als in der Residenzstadt die Zahl der reformierten Glaubensflüchtlinge nach der Aufhebung des Edikt von Nantes (1685) auf ca. 300 Personen angewachsen war und der Friede von Rijswijk (1697) eine Rückkehr in die französische Heimat endgültig ausschloss, erbaten die Celler Hugenotten die Genehmigung zum Bau einer eigenen Kirche. Der im Jahr 1700 mit herzoglicher Genehmigung errichtete „temple“ verfügte im Innenraum auch über einen Fürstenstuhl. Die Herzogin bezuschusste den Bau des rund 5000 Taler teuren Kirchengebäudes mit 400 Talern aus ihrer Privatschatulle und ihr Mann mit 500 Talern. Allerdings fanden weiterhin reformierte Hofgottesdienste in den Gemächern der Herzogin statt, die von den jeweiligen reformierten Hausgeistlichen der Herzogin gestaltet wurden. Eléonore nahm regen Anteil am Geschick der Hugenottengemeinde und sie beeinflusste auch die eine oder andere Entscheidung. Nicht nur die Französisch-reformierte, sondern auch die offiziell 1709 gegründete Deutsch-reformierte Gemeinde wurde von Eléonore finanziell bedacht. So erhielt deren erster Pastor Johann Heinrich Schmucker „in betracht seiner meriten und der gemeinde armuth“ von der verwitweten Herzogin jährlich zwischen 20 und 30 Taler. 1721 hatte Eléonore der Gemeinde sogar 600 Taler zukommen lassen, die für den Erwerb eines Predigerhauses verwendet wurden.

Die Hugenottin hatte auch die armen Glaubensflüchtlinge in Celle im Blick. Sie mietete bis 1689 für 14 Taler vierteljährlich eine „Maison française“ an, das als Armenhaus, Siechenhaus und als „Herberge zur Heimat“ der Französisch-reformierten Gemeinde verwendet wurde.

Die finanzielle Hilfe für Hugenotten seitens der Herzogin blieb jedoch nicht auf das Fürstentum Lüneburg beschränkt. In den Niederlanden unterstützte sie in Harlem die „Société des demoiselles réfugiées de Harlem“, ein Stift für unverheiratete junge adelige Damen, die aus Frankreich geflohen waren. In der französischen Heimat noch privilegiert, befanden sie sich im Refuge nun in einer finanziellen Notlage.

Eléonore d’Olbreuse war keine fanatische Calvinistin. So studierte sie auch religiöse Schriften von katholischen Verfassern. Belegt ist unter anderem ihr großes Interesse an den Unionsbestrebungen der Kirchen, an denen sich auf katholischer Seite insbesondere der Bischof von Meaux, Jacques-Bénigne Bossuet, beteiligte, der mit dem lutherischen Abt von Loccum, Gerhard Molanus, und mit Gottfried Wilhelm Leibniz in regem Austausch stand. Der Briefwechsel spitzte sich zu auf die Frage nach der Verbindlichkeit von Konzilsbeschlüssen und Möglichkeiten ihrer Aufhebung. Eindeutig vertrat Bossuet den römisch-katholischen Standpunkt und forderte erstens eine Anerkennung des Tridentinums, weil sonst die konziliare Unfehlbarkeit geleugnet würde, zweitens eine Anerkennung insbesondere der tridentinischen Rechtfertigungslehre, weil der evangelische Glaube auf dem unsicheren Grund des personalen Glaubens gründet, und drittens eine Anerkennung des päpstlichen Primates nach göttlichem Recht. Da dieses freilich für die Protestanten unannehmbare Kapitulationsforderungen waren, mussten die Reunionsgespräche scheitern.

De Beaucaire nennt Eléonore im Zusammenhang mit Unionsbestrebungen hinsichtlich der Katholiken „zweifellos duldsamer als Leibniz und die skeptische Sophie“. Überhaupt zeigte Eléonore eine erstaunliche Offenheit gegenüber dem Katholizismus. So war beispielsweise ihr Kammerdiener George Guyon, genannt La Perle, zweifelsfrei ein Katholik. Obwohl kirchenrechtlich eigentlich unmöglich, übernahm sie nicht nur bei Reformierten, sondern auch bei Katholiken Patenschaften. Als „Mme Leonore de Lobrosa“ war sie 1670 in Iburg Patin bei einem Sohn des katholischen Hoftanzmeisters Jemme und 1676 übernahm sie das Patenamt in der katholischen Kirche zu Hannover bei dem Kind des in Celle lebenden Kapellmeisters Philippe la Vigne.

Der französische Diplomat Charles Caradas Sieur du Héron hatte bereits 1698 den Eindruck bekommen, dass Eléonore mit dem Gedanken spiele, zum Katholizismus überzutreten oder bereits übergetreten sei. Und Kurfürstin Sophie, die nach 1701 als potentielle Erbin des englischen Throns jegliches Interesse an der Reunion mit der römisch-katholischen Kirche verloren hatte, berichtete sogar über Eléonore: „Die Herzogin von Celle ist von allen Punkten der katholischen Lehre überzeugt. Ich habe einen Brief gesehen, welchen der Dominicaner des Königs von Schweden an sie gerichtet hat und ihre Antwort auf denselben. Dies Schreiben ist durch Herrn Bonac an sie gelangt, welcher den Pater gesagt hat, dass sie ein Bildnis des Heiligen Vaters am Arm trage; das ist übrigens wahr, aber es ist ein Bild des verstorbenen Papstes“ (Sophie an Leibniz, 4. April 1703). Und etwas über sieben Jahre später schrieb diese nicht gerade neutrale Zeugin an Hans Caspar von Bothmer, dass die Celler Herzogin nur von ihren „päpstlichen Gefühlen“ spreche. Sie habe einen reformierten Pastor und sie feierte das Abendmahl mit denen „unserer Religion“ [Sophie war ebenfalls reformiert] „obwohl sie [wie die Katholiken] glaubt unseren Herrn in Fleisch und Blut“ zu essen. Ferner unterstütze Eléonore laut Kurfürstin alle Wunder, die letzte Ölung und die Macht des Papstes. Wenn man fernerhin zur Kenntnis nimmt, dass sich unter ihrem Nachlass auch „Catholische Rosenkränze oder Pater nosters“ und ein Elfenbeinkruzifix auf schwarzen Samt befanden, so bekommt das Bild von Eléonore als glaubensstarker Hugenottin deutliche Kratzer. Die Behauptung von Henri Tollin, dass Eléonore „drei Mal mehr Hugenottin war, als Französin“ ist möglicherweise mehr Wunsch als Wirklichkeit. Selbst ihr Biograph Horric de Beaucaire hielt es nicht für unwahrscheinlich, dass Eléonore eine Zeit lang an den Übertritt zum Katholizismus dachte. Da nur wenige Briefe Eleónores erhalten geblieben sind und sie keine Memoiren verfasst hat, bleiben diesbezüglich wichtige Fragen offen. Es wäre hilfreich zu erfahren, unter wessen religiösen Einfluss die Herzogin in jenen Jahren stand, der sie so weit von den Glaubensgrundlagen der Hugenotten entfernt hat. Ihre katholisierende Gesinnung steht wahrlich im krassen Gegensatz zu ihrem offensiven Einsatz für ihre reformierten Glaubensbrüder und -schwestern in der französischen Heimat wie auch im Refuge. Möglicherweise hängt sie aber auch mit Existenzängsten im Fall des Todes ihres geliebten Mannes wie auch mit den vergeblichen Bemühungen um die Freilassung von ihrer Tochter Sophie Dorothea zusammen. Dennoch hat Eléonore niemals ihrem reformierten Glauben abgeschworen. Einen Übertritt zur lutherischen Konfession ihres Mannes, was ja gewiss näherlag als ein Übertritt zum Katholizismus, hat sie offensichtlich nie in Erwägung gezogen.

Die tolerante religiöse Gesinnung der Herzogin spiegelt sich auch in ihrem Testament wieder. Darin bedachte sie neben den Armen der Deutsch- und Französisch-reformierten Gemeinde ausdrücklich auch die Armen der katholischen und lutherischen Gemeinde in Celle, denen freilich deutlich geringere Summen vermacht wurden.

Reformatorische Impulse

Eléonore wurde zwar erst 75 Jahre nach dem Tod des Reformators Johannes Calvin (geb. 10. Juli 1509 in Noyon, Picardie; gest. 27. Mai 1564 in Genf) geboren. Gleichwohl war ihr ganzes Leben durch die Auswirkungen der Reformation geprägt. Nicht nur, dass sie von Kindheit an die Unterdrückung und Verfolgung der Hugenotten in ihrer französischen Heimat unmittelbar miterlebte, sondern auch weil ihr Lebensweg durch die religiösen Umbrüche ihrer Zeit geprägt war. Eléonores Fortzug zunächst in die Niederlande und später nach Celle sind auch eine unmittelbare Folge der intoleranten Religionspolitik des französischen Königs Ludwig XIV., da sie als hugenottische Adelige in Frankreich keine Perspektive hatte.

In ihrem Elternhaus hatte sie bereits erfahren, wie wichtig es ist, sich direkt für die verfolgten Glaubensgenossen einzusetzen. Die mutige aktive Flüchtlingshilfe ihrer Familie in Frankreich hat sie auch an der Seite des lutherischen Herzogs Georg Wilhelm zu Braunschweig und Lüneburg mit großem Engagement fortgesetzt. Henri Tollin  führt dazu aus: „Eleonorens Celler Schloß war, wie in Poitou das Schloß d’Olbreuse, die rettende Arche für die Untergehenden. Dort durften sie ihre Gottesdienste halten […]. Dort war ihre Heimat. Dort sammelte sich das protestantische Poitou.“ Ihr Einsatz blieb jedoch nicht auf die in die Residenzstadt Celle gekommenen Reformierten beschränkt (Aufnahme zahlreicher Hugenotten in den Hofstaat, Gründung der Französisch-reformierten Kirchengemeinde, Errichtung eines Armen- und Siechenhauses für die Glaubensflüchtlinge), sondern betraf auch das internationale Refuge, wie es ihr Engagement für die „Société des demoiselles réfugiées de Harlem“ belegt. Zudem nutzte sie ihre Verbindung mit Georg Wilhelm auch für politische Einflussnahme auf die Religionspolitik des französischen Souveräns. Selbst wenn sie letztlich die systematische Verfolgung der Protestanten in ihrer poiteviner Heimat nicht verhindern konnte, so konnte sie diese zumindest eine Zeit lang abmildern.

Bei alledem erwies sich Eléonore d’Olbreuse zeitlebens nicht als fanatische Hugenottin sondern als ein in religiösen Fragen durchaus toleranter Mensch, wie es die guten Beziehungen der Herzogin zu den Katholiken in Celle belegt. Es ist zweifellos mit ihr Verdienst, dass sich das lutherische Fürstentum Lüneburg auch zu einer Basis einer eingeschränkten religiösen Toleranz entwickelte, so dass u.a. in Celle reformierte und katholische Christen sowie Juden geduldet waren und ihre Gottesdienste feiern konnten. Eléonore, die, aus welchen Gründen auch immer, eine Zeit lang mit dem Übertritt zur katholischen Konfession liebäugelte und auch großes Interesse an den Unionsbestrebungen der Konfessionen zeigte, blieb jedoch zeitlebens dem calvinistischen Glauben ihrer Vorfahren treu. 

Kommentar
Eléonore d’Olbreuse war in ihrem Denken und Handeln zweifellos ein Kind ihrer Zeit. Auch wenn sie somit kein gleichberechtigtes Leben an der Seite von Herzog Georg Wilhelm zu Braunschweig und Lüneburg führen konnte, so prägte sie den Celler Hof in besonderer Weise. Vermutlich kein Hof im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation war so französisch geprägt wie der in Celle. Ohne die Französin hätte es zweifellos nicht die kulturelle Entfaltung gegeben, die u.a. zur Gründung des bis heute bestehenden Celler Schlosstheaters führte. Ihre religiöse Toleranz wie auch ihr Engagement für Glaubensflüchtlinge sind bleibende Impulse.
Die Stadt Celle versagte ihrer letzten Herzogin ungewöhnlich lange die Ehrung, wobei möglicherweise alte antifranzösische Ressentiments mit eine Rolle gespielt haben könnten. Erst 2002 erhielt ein kleiner Zufahrtsweg im Französischen Garten den Namen Herzogin-Eleonore-Allee. In Hamburg-Harburg hatte man bereits 1956 der „Madame de Harbourg“ den „Eleonorenweg“ gewidmet. Und erst 2010 wurde ihr Leben und Werk zusammen mit dem ihrer Tochter Sophie Dorothea in einer Ausstellung unter dem Motto „Mächtig verlockend. Frauen der Welfen“ im Celler Residenzmuseum gewürdigt. Zudem erfolgte im selben Jahr die Ehrung der letzten Celler Herzogin im Rahmen der Initiative FrauenORTE des Landesfrauenrates Niedersachsen, so dass künftig am 12. April jeden Jahres mit zahlreichen Aktionen der Hugenottin gedacht wird. Dabei wollen die Veranstalter in Celle nicht in der geschichtlichen Vergangenheit der Herzogin stehen bleiben, sondern auch ihre Impulse auf die Politik, Soziales, Migration und Kultur thematisieren. „Vieles, was sie getan hat, hat aktuellen Bezug“, betonte die damalige Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Celle, Brigitte Fischer, gegenüber der Celleschen Zeitung.