Elisabeth I. Tudor, Königin von England und Irland

Die Gründerin der protestantischen Kirche in England
Mächtige Protestantin auf dem Thron Merete Nielsen
Lebensdaten
von 1533 - bis 1603
Bild_Elisabeth.jpg
Copyright Wikimedia Commons
Beziehungen

Die Geburt von Elisabeth am 7. September 1533 war eine herbe Enttäuschung, denn alle hatten auf einen Prinzen als Stammhalter gehofft. Ihr Vater Heinrich VIII (1491-1547) brauchte einen männlichen Thronfolger, um die noch junge Tudordynastie zu konsolidieren, und ihre Mutter, Anne Boleyn, bekam leider nur eine Tochter. Erst seine dritte Frau, Jane Seymour, brachte den ersehnten Sohn, Edward (1537-1553) zur Welt. Aus seiner ersten Ehe hatte Heinrich  eine Tochter, Maria Tudor (1516-1558), und seine zwei Töchter erlebten schon in jungen Jahren, dass sie in Perioden für unehelich erklärt, aus der Erbfolge ausgeschlossen und dann doch wieder als Thronfolgerinnen anerkannt wurden. Entsprechend wurden die Ehen ihrer Mütter als nichtig erklärt. Schließlich wurden doch beide Töchter als Erbinnen nach Edward anerkannt und beide bestiegen nacheinander den Thron von England. Es sollte sich jedoch für beide als Problem erweisen, dass die Gesellschaft nur ungern regierende Königinnen anerkannte.

Als Königin und als Frau war die Erbfolge ein großes Problem für Elisabeth. Die Schwester Maria Tudor hatte, sehr zum Verdruss ihrer Untertanen, Philip II von Spanien geheiratet und war dennoch  kinderlos gestorben. Elisabeth konnte sich weder für eine Ehe noch für einen Nachfolger entscheiden, und machte damit ihre Untertanen unruhig, weil sie nach ihrem Ableben einen Bürgerkrieg fürchteten. Dass Jakob I. Stuart ihr Nachfolger als englischer König wurde, war eine Erleichterung für alle, nicht zuletzt für diejenigen, die eine alte Frau als Königin ablehnten oder gar verachteten. Unter den Stuarts erkannte man jedoch, dass die Regierungszeit Elisabeths so schlecht nicht gewesen war.

Ein Grund für ihren Erfolg war ihre Fähigkeit, tüchtige Männer an sich zu binden. Ihr Vater hatte Kardinal Wolsey entlassen, Thomas More, Thomas Cromwell und viele andere hingerichtet, während Elisabeth ihre Minister behielt, bis sie eines natürlichen Todes starben. Oft rückten dann Familienmitglieder auf die freiwerdenden Stellen. Das sorgte für eine große Kontinuität. Die Loyalität von Männern wie William Cecil, sein Schwager Nicholas Bacon, Francis Walsingham und der Earl of Leicester, sowie der von Elisabeth eingesetzte Reichsrat und die Parlamente waren ihr eine große Unterstützung. Historiker haben behauptet, Cecil sei der eigentliche Regent gewesen, und Elisabeth sei ihm in der Ausübung seines Amtes eher hinderlich gewesen. Diese Herren stöhnten manchmal über sie, aber sie standen alle zu ihr.

Elisabeth legte großen Wert auf eine gute Beziehung zu ihren Untertanen. Sie regierte nicht nur aus Gottes Gnade, sondern auch mit der Zustimmung der Bevölkerung. Besonders in London und in der Umgebung der Hauptstadt sorgte sie für häufige öffentliche Auftritte, und viele von ihrer besten Reden hatten ihre Liebe zum Volk als Thema. Diese Verbundenheit zwischen Königin und Volk war zu ihrer Zeit sehr ungewöhnlich. Und besonders unter den Königen aus dem Hause der Stuarts wurde die Erinnerung an die Volksverbundenheit Elisabeths gepflegt und trug zum Mythos der Jungfrau-Königin, die mit ihrem Land vermählt war, bei.

Elisabeth regierte sehr lange, doch die letzten Jahre, bis zu ihrem Tod am 24. März 1603, sollten sich als schwierig erweisen. Die Wirtschaft litt unter Missernten und unter dauernden Kriegen. In den jungen Jahren war es ihr gut gelungen, sich aus Kriegen herauszuhalten, was der Wirtschaft und ihren Untertanen insgesamt zu Gute kam. Nach dem glorreichen Sieg über die Armada 1588 hörten die Kriege mit Spanien jedoch nicht auf. In Frankreich unterstützte sie Heinrich IV und in Irland gab es Aufstände. Der Earl of Leicester war tot, und sein Nachfolger, der Earl of Essex, war als General erfolglos. Als er ihr bedrohlich wurde, ließ sie ihn hinrichten.

Die englische Kirche war jedoch ein Erfolg. Elisabeth ist es gelungen, dass besonders in ihren letzten Lebensjahren als Regentin sich praktisch alle Engländer dieser Nationalkirche zugehörig fühlten. Die Zerrissenheit unter den verschiedenen Flügeln hatte nachgelassen, wobei bemerkenswert ist, dass diese Kirche ohne Religionskriege oder übermäßiges Blutvergießen entstanden ist. Sie war die Antwort auf politisch unvorhersehbare Herausforderungen und beruhte nicht so sehr auf einem vorgefertigten Konzept, sondern entstand aus dem politischen Gespür der Königin heraus. Historiker ziehen es vor, von der elisabethanischen Kirche zu sprechen und den Ausdruck „Anglikanismus“ auf die Kirche des 19. Jahrhunderts und später anzuwenden (vgl. Doran).

Wirkungsbereich

Ihr Vater, Heinrich VIII., hatte 1532 die Oberhoheit der Kirche vom Papst genommen. Der unmittelbare Grund dafür war der Wunsch, die Ehe mit seiner Ehefrau und Königin Katharina von Aragon aufzulösen. Katharina hatte trotz zahlreichen Schwangerschaften (sieben Schwangerschaften in neun Jahren!) nur eine überlebende Tochter, Maria, geboren und war zu alt, um noch Kinder zu gebären. Als der Papst, wegen seiner Abhängigkeit von Kaiser Karl V., dem Neffen Katharinas, die Ehe nicht für ungültig erklären wollte, erklärte Heinrich die englische Kirche für unabhängig vom päpstlichen Stuhl und wurde selbst Oberhaupt der Kirche mit allen dazugehörenden Rechten. Unterstützt von seinem Sekretär Cromwell ließ er die Klöster auflösen und ihre Reichtümer und Landbesitz für die Krone konfiszieren. Nicht nur wurde er dadurch selbst reich, es entstand eine Gutsbesitzerklasse, die, welcher Religion sie auch anhängen mochten, ihre neugewonnenen Ländereien nicht aufgeben wollten.

Theologisch war Heinrich eher konservativ und besonders nach der Hinrichtung Cromwells bestand er auf die katholische Glaubenslehre. Nach seinem Tod (1547), als sein elfjähriger Sohn, Edward VI., den Thron bestieg, führte dessen Vormund, der Herzog von Somerset, zusammen mit Erzbischof Cranmer von Canterbury die Reformation ein. Cranmer verfasste eine evangelische Agende, genannt „The Book of Common Prayer“ (1549 und 1552), die die katholische Messe ablösen sollte und eine Glaubenslehre, die sogenannten „42 Artikel“. Viele Glaubensflüchtlinge vom Kontinent, wo der Kaiser den Schmalkaldischen Krieg gegen die Lutheraner gewonnen hatte, kamen nach England und beeinflussten Cranmer, dessen Theologie mehr und mehr reformierte Züge annahm.

Nach dem frühen Tod Edwards 1553 folgte ihm seine Schwester Maria auf dem Thron. Sie behauptete die Gültigkeit der Ehe ihrer Eltern, führte den Katholizismus mit Gehorsam dem Papst gegenüber wieder ein und versuchte durch Ketzerverbrennungen die Reformation ihres Vorgängers auszurotten. Als sie kinderlos starb, bestieg Elisabeth 1558 den Thron.

Sie musste aus mehreren Gründen die Reformation wieder einführen: die Ehe ihrer Eltern hatte zur Loslösung Englands vom päpstlichen Stuhl geführt. Nach kanonischem Recht war diese Ehe ungültig und sie selbst unehelich. Damit hatte sie in den Augen der Katholiken keinen Anspruch auf den Thron. Sie war persönlich reformatorisch gesinnt und schließlich war es ihr Wunsch, ihre Regierung so weit wie möglich von der ihrer Vorgängerin abzugrenzen.

Ihre erste Amtshandlung war deshalb, die Reformation wieder herzustellen, wie sie unter Edward VI. Gestalt angenommen hatte. Sie leitete zusammen mit Cecil als ihr Sekretär eine entsprechende Gesetzgebung im Parlament ein: Eine Gesetzesvorlage war „The Act of Uniformity“ für die Gottesdienstordnung; die andere war „The Act of Supremacy“ (Suprematsakte), wonach die englische Kirche wieder unabhängig vom Papst wurde und der Königin Untertan.  Diese Gesetze stießen jedoch auf unerwarteten, hartnäckigen Widerstand. Erstens wollten weder Katholiken noch viele Protestanten eine Frau als Oberhaupt der Kirche anerkennen. Das Gesetz über ihre Oberhoheit der Kirche musste dahingehend geändert werden, dass sie „Supreme Governor“ (Leiterin) der Kirche wurde. In der Praxis hatte diese Änderung jedoch keine Bedeutung, wie sich zeigen sollte. Während im Unterhaus viele Landbesitzer die Reformation unterstützten, damit sie ihr Klostergut behalten konnten, stießen Elisabeth und Cecil im Oberhaus auf erbitterten Widerstand. Erst als sie die Bischöfe und Äbte aus Marias Zeit aus dem Oberhaus entfernt hatten, erhielten sie eine hauchdünne Mehrheit für die Wiedereinführung der Reformation. Viele weltliche Herren und sogar einige Mitglieder des Reichsrates waren dagegen.

Mit den neuen Gesetzen wurde die evangelische Agende „The Book of Common Prayer“ wieder eingeführt. Die Erstausgabe von 1549 war traditioneller als die von 1552, die von reformierter Theologie geprägt war. Jetzt wurden die beiden Ausgaben so zusammengeschrieben, dass das „Prayerbook“ von 1559 für Katholiken nicht völlig unakzeptabel war. Das Abendmahl wurde zwar wieder in beiderlei Gestalt (= mit Brot und Wein) gefeiert, aber die Liturgie erlaubte sowohl den Glauben an die Realpräsenz (die körperliche Anwesenheit Christi in den Elementen Brot und Wein) als auch die Erinnerung an die Wohltaten Christi.

Die Ausstattung der Kirchen wurde auf das Jahr 1548 bezogen, sie konnten deshalb ihre Altäre, Kruzifixe und Kerzen behalten. Die Geistlichen sollten liturgische Gewänder (statt nur Talare) tragen. Damit würde das äußere Erscheinungsbild des Gottesdienstes sich nicht allzu sehr ändern und Katholiken könnten sich im Gottesdienst heimisch fühlen. Die mehrstimmige Kirchenmusik wurde beibehalten (statt den einstimmigen Psalmen aus Genf). Schließlich wurde die Ehe für Pastoren wieder eingeführt. Sie war 1549 unter Edward VI erlaubt worden und unter Maria Tudor sofort wieder verboten. Elisabeth fand persönlich die Pastorenehe abstoßend, aber ihr war klar, dass die Aufhebung des Zölibats sowie das Abendmahl in beiderlei Gestalt zu den reformatorischen Kernpunkten gehörten.

Diese Kirchenordnung war ein Versuch, die Reformation einzuführen, ohne die vielen Katholiken aus der Landeskirche zu vertreiben. Besonders im Nordengland war der Großteil der Bevölkerung katholisch.

Einige Historiker (vgl. z.B. J. E. Neale) haben behauptet, Elisabeth sei zutiefst konservativ und zur  Reformation von den Protestanten im Unterhaus des Parlaments gezwungen worden. Andere wiederum sind überzeugt, dass sie und Cecil die Reformation schon einführen wollten aber aufgrund der katholischen Adligen im Oberhaus hier taktisch sehr vorsichtig vorgehen mussten (vgl. z.B. C. Haigh). Es ist auch möglich, dass Elisabeth mit Blick auf die Außenpolitik die englische Kirche konservativ gestaltete (vgl. D. MacCulloch).

Juli 1559 erließ Elisabeth eine Kirchenordnung (the Royal Injunctions), die als Grundlage für eine Visitation gelten sollte. Da die Visitationen aber von den heimgekehrten Flüchtlingen, die das Land unter Maria Tudor verlassen hatten, durchgeführt wurden, waren sie deshalb oft radikaler als von der Königin gewünscht. Auf jeden Fall ergaben sich große Unterschiede in der Ausstattung der Kirchen und in den liturgischen Gewändern.

Die Gesetzgebung von 1559 enthielt keine Glaubenslehre. Die Königin wollte zuerst einen Rahmen, eine Kirchenordnung, schaffen, in welcher die meisten ihrer Untertanen gedeihen konnten. 1563 verfassten die Bischöfe auf einer Synode die „39 Artikel“ – eine Überarbeitung von den „42 Artikeln“ Thomas Cranmers aus dem Jahr 1552. In diesen Artikeln versuchten die Bischöfe eine reformatorische Theologie zu formulieren, die sowohl mit der lutherische als auch mit der reformierten Kirche vereinbar sein sollte.

Die englische Staatskirche sollte allumfassend sein. Elisabeth hoffte, dass Katholiken sich in den Gemeinden integrieren konnten und dadurch ihre Loyalität als Staatsbürger bewahren würden.

Aber als 1568 die schottische, katholische Königin Maria Stuart nach England floh, erhielten die englischen Katholiken eine mögliche Nachfolgerin für Elisabeth. Der Herzog von Norfolk unterbreitete ihr ein Eheangebot und 1569 führte er einen Aufstand gegen Elisabeth an. Nachdem dieser erfolgreich  war, erließ der Papst Pius V. 1570 eine Bulle gegen Elisabeth („regnans in excelsis“) und forderte alle ihre katholischen Untertanen zu Aufruhr auf. Die englischen Katholiken kamen damit in eine unerträgliche Position. Wenn sie ihrem Glauben treu bleiben wollten, wurden sie automatisch Landesverräter.  1574 begannen englische katholische Priester, später auch Jesuiten, eine Mission in England. Wegen dem Druck der katholischen Mächte wurde der Reichsrat nervös ob diesem katholischen Vorstoß. Der Sekretär Walsingham ließ die Priester aufspüren, die dann hingerichtet wurden. Elisabeth ließ Katholiken nicht als Ketzer verbrennen, sondern „nur“ missionierende Priester als Landesverräter hinrichten – ein nicht weniger grausamer Tod. In den Jahren der Feindschaft mit Spanien (die große Armada 1588) wurden Katholiken von der Mehrheit der Bevölkerung als unenglisch empfunden.

Elisabeth hatte jedoch auch Probleme mit den überzeugten Protestanten, die in England Puritaner genannt wurden. Der Schotte John Knox hatte in Genf eine Schrift verfasst, die jede Herrschaft durch Frauen ablehnte („The First Blast of the Trumpet against the Monstrous Regiment of Women“, 1558). Die Herrscherinnen, gegen die diese Schrift gerichtet war, waren Maria von Guise in Schottland und Maria Tudor von England aber die Schrift erschien so kurz vor der Thronbesteigung Elisabeths, dass sie dieses Werk auf sich bezog und sehr verärgert war. Calvin widmete ihr sein Jesajakommentar, aber erhielt kein Dank dafür. Johannes à Lasco wurde ähnlich abgewiesen. Elisabeth war Zeit ihres Lebens negativ eingestellt gegenüber allem, was aus Genf kam. Schon die presbyterianisch-synodale Struktur der Genfer Kirche war ihr zuwider: sie wollte eine hierarchische Bischofskirche unter dem Monarchen. Die Gesetzgebung in England – auch für die Kirche – wurde vom Parlament beschlossen, der König/die Königin regierte mit dem Parlament zusammen („The king in Parliament“). Die Kirche war eine Staatskirche.

Die Genfer Reformation war jedoch nicht die einzige auf dem Kontinent. Während der Regierungszeit Edwards VI. hatte Petrus Martyr Vermigli in Oxford als Professor unterrichtet. Als er nach der Thronbesteigung Marias zurück nach Zürich ging, folgten ihm viele Glaubensflüchtlinge. Diese erlebten in Zürich eine gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Gemeinde und konnten den starken Einfluss weltlichen Obrigkeit auf die Kirche durchaus akzeptieren. Aus Zürich kam Erastus als Professor nach Heidelberg; seine Lehre von der Herrschaft des Fürsten über die Kirche, Erastianismus oder Cäsaropapismus genannt, fand Wiederhall in England. Es gab viele Puritaner, die Elisabeth als Oberhaupt der Kirche akzeptieren konnten. Sie konnten mit Bischöfen leben und längst nicht alle Puritaner waren auch Presbyterianer – obwohl alle Presbyterianer Puritaner waren.

John Foxe gab 1563 sein Buch der Märtyrer (Acts and Monuments) heraus, das die Leiden der Protestanten unter den Ketzerverfolgungen Maria Tudors beschrieb. Hier wurden die Protestanten als Engländer dargestellt, die unter der Tyrannei einer spanisch verheirateten Königin litt. Das Buch trug sehr zur Akzeptanz der Reformation in England bei.

Die engsten Mitarbeiter der Königin (Cecil, Walsingham und Leicester) waren Unterstützer der Puritaner, weil sie im Angesicht der Bedrohung der katholischen Mächte Protestanten helfen wollten und die puritanischen Pastoren waren oft die engagiertesten Prediger. Elisabeth lehnte dennoch ihre religiöse Strenge ab. Auch war sie nie bereit, eine protestantisch profilierte Außenpolitik zu führen, wie besonders Walsingham und Leicester es wünschten. Notgedrungen und so zurückhaltend wie möglich wurden Hugenotten und Niederländer unterstützt.

Innenpolitisch hatte sie in Matthew Parker einen Erzbischof von Canterbury, der den Ausgleich zwischen den Flügeln suchte. Als sein Nachfolger, Edmund Grindal, mehr Prediger ausbilden wollte, reagierte sie sehr verärgert. Viele Pastoren versuchten, Fortbildungen (die sogenannten „prophesyings“, nach der Prophezei in Zürich benannt) einzuführen. In Zürich hatten Zwingli und Bullinger Bibelstudien mit darauf folgenden Predigten – für Theologen auf Latein, für Laien auf Deutsch – eingeführt. Die englischen Pastoren wollten nach dem Modell von Zürich bessere Prediger werden. Erzbischof Grindal weigerte sich, auf königliche Anordnung die Prophesyings zu verbieten und bekam dafür Hausarrest bis zu seinem Tod 1583 sechs Jahre später.

Der nächste Erzbischof, John Whitgift, forderte Elisabeth zu wenig Widerspruch heraus; sie nannte ihn „meinen kleinen schwarzen Gatten“. Er war der Vertreter einer Volkskirche, in der kein Platz war für Kirchenzucht oder übertriebene Frömmigkeit. Theologisch gesehen war er ein Anhänger der reformierten Theologie, hatte aber verinnerlicht, dass sowohl die Kirche von Zürich als auch die von Genf Volkskirchen waren. Er sah die Hierarchie in der englischen Kirche als eine Äußerlichkeit (adiaphora = für den Glauben belanglos) an. Er bestand darauf, die Erlaubnis zu predigen denen zu entziehen, die nicht dem „Book of Common Prayer“, dem Supremat der Königin und den „39 Artikeln“ zustimmen könnten. Damit schuf er eine feste Grundlage für die englische Kirche. Er hatte eine lange und gedeihliche Zusammenarbeit mit Elisabeth und es war ihm vorbehalten, an ihrem Sterbebett ihre Hand zu halten.

Elisabeth I. in der Kunst

 Elisabeth hat nicht sehr viele Literaten inspiriert.

Viele haben über Maria Stuart geschrieben – Schiller und Stefan Zweig seien erwähnt – und bei denen, die sich für Maria Stuart als Heldin und als Märtyrerin begeistern, kommt Elisabeth durchgängig schlecht weg.

Andere – Jean Plaidy – haben sich für ihr Verhältnis zum Earl of Leicester interessiert, so Jean Plaidy: A Favorite oft he Queen (New York 2010, erste Ausgabe: Gay Lord Robert, London 1971) und Carolly Erickson: Rival to the Queen (New York 2010).

Dafür ist sie in mehreren modernen Filmen sehr positiv dargestellt. Für Charakterdarstellerinnen ist sie eine Herausforderung und eine Reihe großer Schauspielerinnen haben sich an die Darstellung der Rolle von Elisabeth I. gewagt: Glenda Jackson, Cate Blanchett, Anne-Marie Duff, Helen Mirren und Judi Dench.

Glenda Jackson spielte in der TV-Serie „Elizabeth R“. Die sechsteilige Serie erhielt 1971 mehrere Emmys. Cate Blanchett verkörperte Elisabeth im gleichnamigen Film aus dem Jahr 1999. Danach spielte sie in „Elizabeth – das goldene Königreich“ (2007). Beide Filme wurden Oscar-nominiert. Der Regisseur Kapur Shekhar nimmt sich sehr viele künstlerische Freiheiten, aber das Porträt von Elisabeth und die Darstellung von Cate Blanchett ist interessant.

Anne-Marie Duff spielte in “Elizabeth I, The Virgin Queen” (2005). Helen Mirren bot eine großartige Leistung als die alternde Elisabeth in „Elizabeth I“ (2005/7). Der Film ist ein Zwei-Teiler: der erste Teil handelt von ihrem Verhältnis zu Leicester, der zweite erzählt von ihrer Beziehung zu Essex. Judi Dench hat einen kurzen aber beeindruckenden Auftritt als Elisabeth I. in „Shakespeare in Love“ (1998).

Reformatorische Impulse

Der Glaube Elisabeths war möglicherweise von ihrer Stiefmutter, Catherine Parr, geprägt worden. Diese hatte eine Gruppe von einflussreichen Damen am Hof zur Bibellektüre um sich gesammelt. Äußerlich katholisch trat ihre reformatorische Gesinnung in Gebeten, Meditationen und Bibellektüren zu Tage.

Elisabeth erhielt eine umfassende humanistische Ausbildung, vor allem in den Sprachen Griechisch, Latein, Französisch, Italienisch und Spanisch. Ihr Leben lang las sie täglich das Neue Testament auf Griechisch. Außerdem war sie später als Königin fähig, Botschafter in Audienz zu empfangen und mit ihnen zu sprechen, wenn es sein musste sogar auf Latein.

Elisabeth wohnte in den Jahren 1547-1553, als ihr Bruder Edward VI die Reformation in England einführte, erst bei Catharine Parr und dann bei Sir Anthony Denny, also in reformatorisch gesinnten Familien, bevor sie ihr eigenen Haushalt bezog. Als Maria Tudor den Thron bestieg, musste sie äußerlich katholisch werden, aber deutete immer wieder ihre protestantische Gesinnung an. Cecil und ihr späterer Erzbischof von Canterbury, Matthew Parker, blieben auch in England und durch ihren Rückzug ins Privatleben versuchten sie nicht aufzufallen. So entgingen sie einer Verfolgung wegen ihres Glaubens.

In diesen Jahren lernte Elisabeth Vorsicht und Diskretion. Sie war immer wieder in Lebensgefahr – John Foxe beschrieb sie als Märtyrerin für ihren Glauben – und sie erwartete von ihren katholischen Untertanen dieselbe Diskretion in Glaubenssachen.

Es war eben wegen dieser fehlenden Zurückhaltung, dass sie gegen die Puritaner abgeneigt war. Diese wurden auch „die Präzisen“ (the precise) oder „die Frommen“ (the godly) genannt. Sie gingen mit ihren Überzeugungen in die Öffentlichkeit und predigten ihre Botschaft vom gerechten Leben. Die Königin mochte – für eine Protestantin erstaunlich – keine Predigten. Sie erlaubte sich sogar, die Prediger zu unterbrechen, wenn ihr die Predigt nicht gefiel. Auch sah sie keinen Grund, für jede Gemeinde einen ausgebildeten Prediger zu haben. Wenn die Pastoren fähig waren, die Predigten anderer (Homilien, „homilies“) vorzulesen, reichte es in ihren Augen!

Sie war vehement gegen jeden Presbyterianismus. Die Gemeinden sollten keine Selbstverwaltung oder Kirchenzucht ausüben. Sie reagierte sehr verärgert, wenn behauptet wurde, „Christus sei der Herr der Kirche“ (Heidelberger Katechismus, Frage 54, Institutio IV, 8, 1). Denn Elisabeth verstand sich als Oberhaupt der Kirche.

In ihrer Regierungszeit, besonders in den späteren Jahren, wurden sowohl Katholiken wie auch Protestanten hingerichtet, vor allem, wenn sie ihre Oberhoheit über die Kirche negierten. Elisabeth war nur jenen gegenüber tolerant, die sich an die äußeren Anforderungen – Gottesdienstbesuch jeden Sonn- und Feiertag – hielten.

In ihren Gebeten richtete sie sich an Gott von Souverän zu Souverän. Er als Weltenherrscher hatte ihr das englische Volk anvertraut, und sie sollte diese Aufgabe so gut wie möglich erfüllen.

Elisabeth war eine eigenartige Protestantin und die Reformation, die sie in England einführte, trug ihre Züge. Die Bischöfe hatten zuerst gedacht, die Reformation in England würde sich nach kontinentalen Vorbildern weiterentwickeln, aber die Königin machte ihnen schnell klar, dass die Gesetze und Erlässe aus dem Jahr 1559 ausreichend waren. Es ist in der Weltgeschichte ein einzigartiger Befund, dass eine einzelne Frau einer ganzen Kirche in ihrer Ausprägung so ihren Stempel aufdrücken konnte. Die englische Kirche war in eigentlichem Sinn IHRE Kirche.

Elisabeth war ein Machtmensch, dem man besser nicht in die Quere kam. Die erste Generation der Bischöfe, die ihre Anordnungen ausführen sollten, litt unter dem Zwang, Maßnahmen durchführen zu müssen, die sie selbst ablehnten. Erst mit Erzbischof Whitgift hatte sie einen Verbündeten, der aus Überzeugung die englische Kirche nach ihrem Konzept leitete.

Kommentar

Die anglikanische Kirche (die Episcopalians in den U.S.A. und die Kirchen in Afrika und Asien mitgerechnet) ist eine der großen reformatorischen Kirche. Obwohl sie sich seitdem weiterentwickelt hat, verdankt sie ihre Eigenart der Kirchenpolitik Elisabeths. Keine andere Frau hat eine ähnliche Wirkung in einer protestantischen Kirche gehabt.

Auch wenn die Kirche in ihrer Regierungszeit zerstritten wirkte, verhinderte ihre Kirchenpolitik doch Religionskriege in England, wie sie zur selben Zeit in Frankreich und in den Niederlanden tobten. So wie das Land auch gegen Spanien national vereint war, konnten sich auch die allermeisten Engländer in der nationalen Kirche zurechtfinden. Es ist das große Verdienst von Elisabeth, den inneren Frieden in einer Zeit der religiösen Umwälzungen bewahrt zu haben.

Sie war eine kluge und mächtige Frau. Sie konnte vorsichtig sein, fast zaudernd und sehr zum Verdruss ihrer Minister war sie sparsam – fast schon geizig. Wenn man bedenkt, wie ihr Vater durch die Klosterauflösung reich wurde, nur um alles Geld in einem törichten Krieg mit Frankreich wieder zu vergeuden, kommt einem ihre Vorsicht und Sparsamkeit sehr vernünftig vor.

In einer Zeit, die weibliche Regentinnen zumeist als ein Unglück für ein Land bewertete, zeigte sie, wie erfolgreich eine Königin sein kann.