Geboren wurde sie am 28. Dezember 1725 in Herrnhut als zweites Kind (ihr älterer Bruder wurde 1724 geboren, aber verstarb noch im selben Jahr) von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf und Pottendorf und Erdmuthe Dorothea Gräfin von Zinzendorf und Pottendorf, geb. von Reuß. Als ältestes Kind wuchs sie in einem Haus auf, dass durch häufige BesucherInnen erfüllt war. Der unermüdliche Einsatz ihrer Eltern für die Gemeine prägte auch ihr Leben. Sie fügte sich ganz in diese Arbeit ein und scheint das nie hinterfragt zu haben. Mit Vater und Mutter ging sie schon früh auf verschiedene Reisen. Die Erziehung aber besorgte (nach einigen Wechseln) die nur knapp zehn Jahre ältere Anna Nitschmann – ihre spätere Stiefmutter (1760 heiratete Zinzendorf Anna Nitschmann). Auch diese war eine eifrige Mitarbeiterin in der Brüdergemeine und prägte Benigna im Sinne ihrer Eltern, eben nicht in hochherrschaftlich-gräflicher Weise, sondern zur Demut vor Gott und den Menschen. Zu ihren, das Kindheitsalter überlebenden, Geschwistern (ein Bruder und zwei Schwestern) hielt Benigna engen Kontakt. Der Bruder Christian Renatus verstarb 1752 im Alter von 24 Jahren und auch alle ihre Elternteile verstarben bis 1760 (Erdmuthe 1756, Vater 1760, Anna 1760). Von da an bis zu ihrem Tode pflegte sie den Kontakt zu ihren zwei Schwestern, wovon heute noch ein reger Briefwechsel zwischen Benigna und Elisabeth als Zeugnis vorliegt. Ihre andere Schwester Maria Agnes schrieb nicht so häufig Briefe. Auch ihre Geschwister standen im Dienst für die Gemeine und gestalteten ihr Leben danach.
Benigna lebte aber auch in intensiven Beziehungen im Rahmen der Gemeine. Diese wurde von Benignas Vater gründet, von seiner Kreativität und Theologie geprägt und nach seinem Tod doch wieder stark verändert. Als wichtiger Punkt sei hier die Gleichberechtigung von Männern und Frauen genannt. So lange Zinzendorf lebte, setzte er sich dafür ein, dass Männer und Frauen gleichstark auf allen Ebenen vertreten waren. Nach seinem Tod wurden die Frauen aus verschiedenen Gründen stark zurückgedrängt. Bereits 1764 wurde auf der ersten Generalsynode nach Zinzendorfs Tod beschlossen, Frauen von Gemeindeübergreifenden Leitungsämtern auszuschließen. Seit 1764 gab es das Unitätsdirektorium, das 1769 in Unitätsältestenkonferenz umbenannt wurde. Benigna und ihr Mann waren bis zu ihrem Tod Mitglieder dieser Konferenz und erlebten also alle Änderungen, die nach Zinzendorfs Tod vollzogen wurden, mit. Benigna selber schien nie dagegen aufbegehrt zu haben. Sie war keine Widerstandskämpferin, sondern fügte sich ganz in die mehrheitlichen Beschlüsse ein. Die Mitglieder der Unitätsältestenkonferenz lebten oft gemeinsam in einem Haus (so es der Raum zuließ) und verbrachten viel Zeit miteinander. Insofern die einzelnen Mitglieder nicht auf den häufig stattfindenden Visitationsreisen waren. In der Gemeine gab es von Anfang an klare Strukturen und Regeln für das Zusammenleben der Männer und Frauen in ihren Banken bzw. Chören. Benigna selbst lebte ganz in diesem Rahmen und sorgte sich in vielen seelsorgerlichen Gesprächen sicher auch darum, dass andere Frauen ebenfalls in diesem Rahmen blieben.
Trotz aller Neuerungen Zinzendorfs blieb doch die Ehefrau klar ihrem Mann unterstellt bzw. war seine Unterstützerin. Das war auch für Benigna selbstverständlich und so trat sie 1746 mit ihrer Hochzeit mit Johannes von Watteville diesem in seinem Dienst zur Seite und unterstützte ihn wo sie nur konnte. Sie begleitete ihn auf fast allen seiner vielen Visitationsreisen in die verschiedenen Orte, an denen sich Brüdergemeinen gegründet hatten. Sie reisten gemeinsam nach Amerika, England, Niederlande, Dänemark, Schlesien und natürlich häufig in Deutschland von Gemeine zu Gemeine. Dabei führte sie seelsorgerliche Gespräche (in ihren Briefen redet sich vom „Sprechen“) mit den Frauen, während er mit den Männern sprach und pflegte ihn während seiner verschiedenen Krankheiten. Ihr steter Hafen blieb der Ort, wo sich die Unitätsältestenkonferenz (UAC) aufhielt, deren Mitglieder sie waren. Diese wechselte ihren Aufenthaltsort allerdings häufig: 1764-1766 Herrnhut, 1766-1769 Zeist, 1769 Neuwied, Marienborn, Herrnhut, 1769-1771 Grosshennersdorf, 1771-1784 Barby, 1784-1788 Herrnhut, 1788-1789 Gnadenfrei, 1. Mai bis 1. August 1789 Herrnhut.
Neben diesen familiären und freundschaftlichen Beziehungen steht auch noch Benignas mit der gräflichen Herkunft verbundene Rolle als Ortsherrschaft. Nach dem Tod ihrer Mutter Erdmuthe 1756 übernahm sie ihr Amt als Ortsherrschaft von Berthelsdorf (später kamen noch weitere Orte hinzu). Auch hier warteten verschiedene Aufgaben bei der Pflege des Guts und der Sorge für die Untergebenen auf sie. Dazu zählte unter anderem die Aufgabe, bei den nicht seltenen Streitfällen als Richterin zu fungieren. Hier wurde eine Rolle von ihr erwartet, die ihr sicher nicht gerade viel Freiraum zur Selbstverwirklichung bot.
Da Benigna die Arbeit der Brüdergemeine gleichsam mit der Muttermilch in sich aufgesogen hat, ist es von heute aus schwer zu beurteilen, inwieweit sie sich selbst ihren Wirkungsbereich ausgewählt hat. Sie wusste was ihren Eltern wichtig war und wurde dahingehend erzogen. Leider liegt von ihr selbst weder ein Lebenslauf noch ein Tagebuch vor, so dass wir über ihre innersten Gedanken und Motive keine Auskunft haben. Über ihre Arbeit bekommt man vor allem in ihren Briefen an ihre Schwestern Elisabeth und Maria Agnes Auskunft und aus zwei Lebensläufen, die von anderen anlässlich ihrer Beerdigung verfasst wurden. Schließlich liegt eine Biographie über Johannes von Watteville aus dem Jahr 1800 vor, in der ihrem Leben auch einige Kapitel gewidmet sind.
Innerhalb der Gemeinde gab es Räume für kreative Gestaltung. So bei der Lieddichtung, bei der liturgischen Ausschmückung der Gemeineversammlungen – hier wurde zum Teil sehr großer Dekorationsaufwand betrieben und verschiedene biblische Szenen nachgebaut. Stimmungsvoller Einsatz von Licht, Musik und Gesängen. Benigna und ihr Mann gestalteten so auch selbst Kinderstunden aus. Benigna dichtete auch Lieder und ist selbst auf einigen Gemälden mit einem Saiteninstrument (eine Form der Laier) zu sehen.
Neben diesen kreativen Tätigkeiten widmete sie sich noch anderen Aufgaben. Als junges 10 jähriges Mädchen hielt sie schon Unterrichtsstunden für kleinere Mädchen, die aus armen Verhältnissen kamen. Später wirkte sie seelsorgerlich in ihrem Chor (diese waren nach Alter und Geschlecht gegliedert) und bekam dort bald leitende Aufgaben. Mit 15 Jahren wurde sie Jungfernältestin. Später kümmerte sie sich um die ledigen Schwester und wurde schließlich auch Ältestin und Priesterin (ein Amt, dass nur wenige Frauen innehatten und wohl auch nur zu Zinzendorfs Lebzeit). Das bedeutet wohl, dass sie wahrscheinlich vor den Frauen der Gemeine predigte, aber auch hier fehlen die Quellen. Nach ihrer Heirat und nach dem Tod Zinzendorfs arbeitete sie weiterhin in der Seelsorge. In ihren Briefen nennt sie immer wieder das „Sprechen“ mit den verheirateten Frauen. „Sprechen“ war ein individuelles seelsorgerliches Gespräch, das wohl als Vorbereitung auf die Teilnahme am Abendmahl stattfand, aber etwas anderes als die Beichte war. Zudem half Benigna bei vielen Geburten mit und nahm regen Anteil an dem Geschick schwangerer Frauen, von Wöchnerinnen und junger Mütter. Sie selbst brachte vier Kinder zur Welt und auch diese zwei Jungen und zwei Mädchen wurden aktive MitarbeiterInnen in der Brüdergemeine.
Über ihre Tätigkeiten geben besonders die von Benigna verfassten Briefe Aufschluss, wie z.B. der am 29. Mai 1768 von Benigna verfasste Brief an ihre schwangere Schwester Elisabeth:
Allerliebstes bestes Schwestergen
Ob ich gleich von deiner Hand noch nichts gesehn seit dem du in Neuwied angekommen so kann ichs doch nicht laßen da ich höre daß heute nach Neuwied geschrieben wird dich auch durch diese geringen Zeilen zu grüßen und zu küßen und durch dich die deinen lieben guten Mann meinen allerliebsten Fritz, meinen Brief vom 17ten wirstu nun wohl erhalten haben. Ich freue mich ganz erstaunlich daß ich aus den heutigen Briefen von Zeist aus ersehe daß du dich so excellent wohl befindest, Gott erhalte dich nur immer so so wird sich meine Seele freuen, daß ich unendlich viel an dich denke kannstu gewis versichert seyn ja ich bin Tag und Nacht mit dir beschäftigt wie ofte habe ich im Traum dich und dein liebes Töchtergen schon gesehen denn alle mahle wenn ich von dir träume so hastu ein Mädel, nun es mag seyn was es will so traue ichs dem Heyland zu daß er dir recht gnädig durchhelfen wird wäre nur der liebe Sinodus bald zu Ende, er mag aber zu Ende seyn oder nicht wenn deine Niederkunft ran naht so will ich mein möglichstes Thun zu dir zu kommen, von Marienborn aus will ich dir fleißig schreiben. Wir sind seit meinem letzten an dich auf etliche Tage in Nießky geweßen da habe ich mir was zu gute gethan mit meinem lieben Sohn daß ist würklich ein recht umgänglicher Mensch geworden seit dem ich ihn nicht gesehen, er küßt euch beyden kindlich die Hände, am Sonnabend kommen wir hier wieder her gestern ist die Ännel Potschin zum Heyland gegangen die Lorel Köberin ist heute früh um halb 3 mit einem Söhngen niedergekommen welches aber schon wieder heim ist sie hat dieses mahl eine viel hurtigere Niederkunft gehabt als noch nie sie befindet sich auch recht hübsch wohl, um 1 Uhr des Nachts wurden die Magdalena und Ich geruffen und um halb 3 war alles vorbey, die Lorel hat mir aufgetragen dich recht herzlich von ihr zu grüßen und zu küßen, sie denkt gar fleißig an dich. Nun werden wir auch bald an unsre Abreise denken. Wir gehen den 4ten von hier ab wer noch mit uns geht ist vor unsern Augen biß iezo verborgen. Es ist eben allen Menschen zu früh und wir müßen doch den 10ten gewiß in Marienborn seyn daß wird vor mich auch ein eigner Schmerz seyn meine lieben Kinder wieder zu verlaßen und ich darf nicht dran denken aber was will man thun man muß sich eben in Gottes Willen schicken, das leugne ich nicht daß mir schon mehrmalen eingefallen wäre ich so glücklich wie du daß ich schwanger wäre und könnte die Ursache anführen daß ich deßwegen nicht zum Sinodo kommen könnte daß ist aber nun nicht und also muß ich gehn. Nun mein bestes soll ich dich zärtlich küßen nebst deinen lieben Mann von meinem Mann dem Papa dem Tantel Henrichs, der Marjonel und ihren Leuten im Hauß der Longsel und ihren Angehörigen und in unsern Haus von beyden Großdorfs Paaren, Johns welche morgen abreisen, Weißens, Schmieds, meine lieben Kinder küßen euch beyden die Hände und ich küße dich noch aufs Herzempfindlichste als dein ewig treues Schwestergen Binel.
Der Wirkungsbereich von Benigna beschränkte sich die meiste Zeit ihres Lebens auf die persönlichen Kontakte zu den anderen Mitgliedern der Brüdergemeine. Das umfasste nicht nur die offiziellen Termine des Sprechens, sondern viele private Besuche und Gegenbesuche und die häufig in ihrem Zimmer stattfindenden abendlichen Treffen von Freunden und Bekannten. Nach Zinzendorfs Tod 1760 „erbten“ ihr Mann und sie die Leitung der Gemeine, die aber schon nach wenigen Jahren an A. Spangenberg überging.
Gestorben ist Benigna am 11. Mai 1789 in Herrnhut im Alter von 63 Jahren, 4 Monaten und 14 Tagen. Auf dem Gottesacker, der sich auf dem Hutberg in Herrnhut befindet, ist sie am 16. Mai beigesetzt worden – am gleichen Tag 29 Jahre früher wurde ihr Vater auf dem gleichen Friedhof beerdigt. Daran wurde in der Bestattungsrede erinnert.
Sola scriptura, solus Christus, sola fide – diese Schlagworte Luthers waren auch für das Leben der Brüdergemeine zentral. In diesem Sinne wurde Benigna von ihren Eltern geprägt und prägte ihrerseits die Menschen, mit denen sie zu tun hatte. Dabei verfolgten sie das Ziel, diese Schlagworte in die Praxis zu überführen. Die Brüdergemeine setzte ihren Akzent vor allem auf die Gemeinschaft zum einen der Christen und Christinnen zur gegenseitigen Erbauung, zum Wachstum und Festhalten am Glauben. Zum anderen aber auch auf die ständige Gemeinschaft mit Christus und den kontinuierlichen Umgang mit ihm. An dieser Gemeinschaft hatte Benigna regen Anteil und pflegte sie durch Besuche, Briefe und liturgische Formen. So bezeichnet sie Christus in verschiedenen Briefen immer wieder als den „Heyland“ als den „treuesten Freund“, sie rechnete fest mit seiner Hilfe und Anwesenheit und erinnert auch ihre Schwestern immer wieder daran.
Die Lebenswirklichkeit Benignas kann man von verschiedenen Standpunkten aus betrachten. Zum einen wechselt sie von den neuen Freiräumen, die ihr Vater für Frauen öffnete und der Rücknahme derselben nach dem Tod ihres Vaters. Benigna selbst hat in ihren Briefen kein Wort darüber verloren. Zum anderen hat Benigna durch ihr vorbildhaftes Leben intensiv in der Gemeine gewirkt, hatte viele FreundInnen, Frauen, die ihren Rat suchten und war auf allen Synoden vertreten.
Das Leben von Benigna von Watteville zu bewerten ist insofern schwierig, da selbstreflexive Aufzeichnungen wie ein Tagebuch fehlen. Aus heutiger – feministischer – Sicht fällt natürlich auf, dass Benigna keine Widerstandskämpferin oder revolutionäre Frauenkämpferin war. Aus den Quellen ist auch kein widerständiges Gedankengut ihrerseits erkennbar. Dennoch sollte man ihre Leistung und ihre selbst gewählte und gewollte Lebensführung respektieren und würdigen. Schließlich hat sie es geschafft, sich als eine wichtige und weithin geachtete Person in der Brüdergemeine ihrer Zeit zu etablieren und bis zu ihrem Tod zu halten.