Johanna von Albret

Jeanne d´Albret – Königin der Hugenotten
Königin der Hugenotten Merete Nielsen
Lebensdaten
von 1528 - bis 1572
Unter weiteren Namen bekannt als:
Jeanne d'Albret
Jeanne-albret-navarre.jpg
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Beziehungen

Das Leben der Jeanne d´Albret war in vielerlei Hinsicht absolut ungewöhnlich für eine Frau ihrer Zeit. Abgesehen von ihrem königlichen Stand, in den sie hineingeboren wurde und der ihr vieles ermöglichte als Frau im 16. Jahrhundert, suchte sie sich ihre Beziehungen bewusst aus, wie aus der folgenden biografischen Skizze deutlich wird.

Im Jahr 1528 wurde Jeanne d´Albret als erste Tochter von Margarete von Navarra und Heinrich von Albret, souveräner Vicomte von Béarn und König von Navarra, geboren. Da keine Söhne aus der Ehe hervorgingen, konnte Johanna die Titel ihres Vaters erben und wurde somit Königin und unabhängige Vicomtesse aus eigenem Recht, denn in Navarra galt das salische Gesetz nicht, welches in Frankreich nur männliche Thronerben vorsah.

Sie war zweimal verheiratet: als Kind mit dem Herzog Wilhelm von Kleve und später mit dem Erbprinz Anton von Bourbon, Herzog von Vendôme. Die erste Ehe war rein politisch, und da sie nicht vollzogen wurde, wurde sie 1545 vom Papst für ungültig erklärt. Die zweite Ehe 1548 mit Antoine de Bourbon war tatsächlich eine Liebesheirat. König Heinrich II von Frankreich schrieb, dass er selten eine so glückliche Braut gesehen habe.

In den ersten Ehejahren folgte sie ihrem Gatten durch Nordfrankreich, wo er gegen die Spanier Krieg führte. Der erste Sohn aus dieser Ehe starb kurz nach der Geburt. Zur Geburt des zweiten Kindes fuhr Jeanne zurück nach Béarn, wo sie von ihrem Sohn Heinrich (später König Heinrich IV von Frankreich) entbunden wurde. Als ihr Vater 1555 starb, teilte sie ihre königliche Würde mit Antoine de Bourbon. 1558 zogen sie mit ihrem Sohn nach Paris, wo eine Tochter, Catherine, 1559 zur Welt kam. In diesen Jahren zeigte Antoine de Bourbon Interesse an den reformierten Ideen. Als es in Frankreich aber zunehmend schwieriger wurde, reformierten Bekenntnisses zu sein, kehrte er allmählich zum Katholizismus zurück. Jeanne dagegen bekannte sich am Weihnachtstag 1560 öffentlich zum reformierten Glauben, indem sie das Abendmahl nach reformiertem Ritus einnahm. In den folgenden Jahren entfremdeten sich die Eheleute, Jeanne wurde schließlich von ihrem Mann nach Pau beordert, während er den Sohn Henri am französischen Hof behielt. Nach dem Tod Antoines 1562 blieb Henri in Paris.

Als Witwe hatte Jeanne d´Albret mehr Spielraum und konnte die Reformation in ihrem Herrschaftsgebiet einführen. Sie entwickelte enge Beziehungen nach Genf, vor allem zum Nachfolger Calvins, Theodor Beza. Er wiederum schickte evangelische Pastoren zu ihr, die sie in ihrem Vorhaben, die Reformation in Béarn und Navarra einzuführen, zur Seite standen.

Als die Religionskriege in Frankreich 1562 ausbrachen, war Jeanne während den ersten zwei neutral. 1567 gelang ihr die „Entführung“ ihres Sohnes aus Paris. Sie brachte ihn mit nach Béarn und ließ ihn gänzlich auf seine zukünftige Rolle als Thronfolger von Navarra und Béarn hin erziehen. Vor allem aber sollte er, nach den Jahren am katholischen französischen Hof, ein reformierter Prinz sein.

Als 1568 der dritte Religionskrieg ausbrach, flüchteten die protestantischen Heerführer, der Prinz von Condé (Bruder des verstorbenen Antoine de Bourbon) und der Admiral Coligny nach La Rochelle, eine wichtige hugenottische Hafenstadt. Jetzt, wo Jeanne ihren Sohn bei sich hatte, schloss sie sich den Hugenotten an. Henri sollte fortan in der Kunst des Kriegshandwerks ausgebildet werden.

Die politische Führung fiel Jeanne zu: Jetzt war sie wirklich die Königin der Hugenotten in ganz Frankreich. Sie verhandelte mit Elizabeth von England und mit Wilhelm von Oranien, der ihr seinen jüngeren Bruder, Prinz Ludwig von Nassau-Dillenburg, zur Seite stellte. Als Coligny seinen langen Feldzug durch Südfrankreich bis nach Paris im Winter und Frühjahr 1569/70 durchführte, hielt sie La Rochelle und war die führende politische Kraft der Hugenotten. Im Sommer 1570 handelte sie den Friedensvertrag von St. Germain mit der königlichen französischen Familie aus.

Nach dem Friedenschluss schlug Katharina von Medici eine Ehe zwischen ihrer Tochter Marguerite (Margot genannt) und Henri de Navarre vor. Jeanne zeigte sich wieder als eine zähe Unterhändlerin. Im Frühjahr 1572 fuhr sie nach langem Zögern nach Paris, um dort den Ehevertrag abzuschließen. Sie war zu dieser Zeit an Tuberkulose erkrankt, fühlte sich schlecht behandelt und führte dennoch die Verhandlungen zu einem für sie einigermaßen zufriedenstellenden Ergebnis.

Sie starb in Paris am 9. Juni 1572. Im August fand die Hochzeit zwischen Margot und Henri statt, und am 23./24 August folgte die Bartholomäusnacht. In dieser Nacht und in den folgenden Monaten wurde Tausende von Hugenotten getötet, zweifellos eine schreckliche Folge der Religionskriege.

Man kann das Leben und die Beziehungen der Jeanne d´Albret in ein Vorher und Nachher aufteilen: bis 1560 war der Gatte ihre wichtigste Beziehung, nach 1560 ließ ihn Jeanne d´Albret bewusst in den Hintergrund treten. Ab dato waren die Hugenotten der wichtigste Personenkreis für die Herrscherin: die Pastoren mit Beza an der Spitze, die Untertanen, besonders die adlige Hugenotten in ihren Ländereien, die sich über ganz Südwestfrankreich erstreckten, wo die Familie von Albret der größte Grundbesitzer war und die huguenots de guerre, die kriegführenden Hugenotten. Man könnte auch sagen, dass Gott die für sie wichtigste Beziehung war, ihr Glauben lebte sie freilich in ihrem Beruf als regierende Königin und politische Persönlichkeit aus.

Wirkungsbereich

Damit ergibt sich auch ihr Wirkungsbereich: Jeanne d´Albret hatte die Möglichkeit, selbstständig zu handeln. Bryson stellt die These auf, dass sie in Guyenne das gelobte Land für die Hugenotten einrichten wollte. Die Pastoren in Béarn fühlten sich unter ihrer Herrschaft schon ins Land Kanaan versetzt.

Wie wichtig sie für die kriegführenden Hugenotten war, sieht man aus einem Bericht des venezianischen Gesandten Michieli, laut welchem die reformierten Gemeinden Geld für die Kriegsführung einsammelten, und davon der Königin 100.000 Franken zukommen ließen. Im Vergleich bekam der Admiral nur 40.000 Franken. Jeanne hat vermutlich eine Kanzlei in La Rochelle gehabt und ihr standen Repräsentationskosten zur Verfügung, denn sie bereicherte sich niemals auf Kosten der Kirche. Im Gegensatz zu Heinrich VIII von England ließ sie die katholischen Kirchengüter in Béarn dem Unterrichtswesen und der neuen reformierten Kirche zukommen. In La Rochelle ließ sie eine Galeere bauen, La Huguenotte, und wenn Mangel am Geld war, verpfändete sie ihren Schmuck an Elizabeth von England.

Michieli berichtet außerdem, dass die reformierten Gemeinden über ihre Belange selbst abstimmten und ihre Beschlüsse durch die Pastoren (er beschreibt hier das synodale System) weiterleiteten, bis diese bei den „beiden obersten Führer“, der Königin von Navarra und dem Admiral ankamen: „und was diese beiden für richtig fanden und was sie befahlen, wurde alsdann ausgeführt.“

Mit anderen Worten: die Macht, die Jeanne ausübte, war demokratisch legitimiert, und für den Gesandten so eigenartig, dass er darüber einen Bericht schrieb.

Die Kirche in Béarn und Navarra, die Jeanne unterstützte, kam ohne Zwang aus, worauf sie stolz war. In den ersten Jahren von 1561, als sie die erste Kirchenordnung einführte, erlaubte sie ein simultaneum, eine Gleichberechtigung beider Religionen, sehr zum Verdruss ihres damaligen Kirchenadministrators Pastor Merlin, der sich in Briefen an Calvin darüber beschwerte. Ihm ging es nicht schnell genug.

Eine interessante Neuerung von Jeanne war, dass sie in ihrer Neuordnung des Unterrichtswesens Schulpflicht für Mädchen einführte, und zwar mit der Begründung, dass sie befähigt werden sollten, ihr Brot zu verdienen. Übrigens stiftete sie Akademien sowohl in Béarn als auch in La Rochelle mit der wichtigen Aufgabe, Staatsdiener und Pastoren auszubilden.

Es gab jedoch katholische Aufstände gegen ihre Kirchenordnungen, und sie dauerten an, bis zu dem Zeitpunkt als Jeanne nach La Rochelle geflüchtet war und Karl IX von Frankreich 1569 ihr Land eroberte. Der katholische Glaube wurde wieder eingeführt. Schon in August gewann Jeanne mit Hilfe des Grafen von Montgommery ihren Besitz zurück. Nach dieser Zeit waren die Franzosen so verhasst, dass die reformierte Kirche als Staatskirche akzeptiert wurde.

Reformatorische Impulse

Im Nachhinein ist Jeanne als die Mutter des großen Henri IV betrachtet worden. Ihr reformatorisches Wirken blieb auf Béarn und Navarra beschränkt und der Ruhm ihres Sohnes überschattete ihren Einsatz.

Sie war keine Theologin, dafür hatte sie ihre Pastoren. Aber als die Synode 1571 in La Rochelle unter der Leitung Bezas stattfand, war sie unter den Laien die wichtigste Person. Die Synode, die ein Glaubensbekenntnis und eine Kirchenordnung beschloss, behandelte ihre Fragen zur Kirche in Béarn. Sie setzte zuerst ihre Unterschrift im Protokoll – noch vor ihrem Sohn, Ludwig von Nassau und Coligny.

Kommentar

Jeanne galt als eine sehr schwierige Person, ihren Mut und ihren Tatendrang aber hat keiner bezweifelt. Sie wurde wegen ihrer Tuberkulose zunehmend hager, während sie als junge Frau lebenslustig gewesen sein soll. Sie war keine intellektuelle Frau wie ihre Mutter, aber sie hatte Macht und Einfluss. Die Treue der Hugenotten umgab sie. Beza bewunderte sie.