Louise Henriette wurde am 27. November/7. Dezember 1627 in s’Gravenhage (Den Haag) als Prinzessin von Oranien und Gräfin von Nassau geboren. Am 8. Juni/18. Juni 1667 starb sie im Schloss zu Cölln an der Spree (heutiges Berliner Schloss) an Tuberkulose.
Sie nannte sich Louise und schrieb ihren Namen Französisch. Im Vereinigten Königreich der Niederlande heißt sie Louise Henriëtte van Nassau. Die Zeitgenossen schrieben ihren Namen Louise, Loysa oder Loyse Henriette. Erst Ende des 19. Jahrhunderts beginnt man im deutschen Sprachraum infolge von Rechtschreibreformen, die Schreibweise Luise Henriette zu benutzen. Das Herkunftsgeschlecht wird bis ins 20. Jahrhundert als Nassau-Oranien bezeichnet oder auf Oranien verkürzt. In den Niederlanden wechselt man dann zu Oranien-Nassau, um den deutschen Adel in den Hintergrund zu setzen.
Louise Henriette war die älteste Tochter des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien (1584-1647), Statthalter der Vereinigten Niederlande, und dessen Frau Amalia(e) von Solms-Braunfels (1602-1675). Louises Vater, ihr Onkel Moritz und ihr Großvater Wilhelm I. von Nassau-Oranien gingen als gefeierte Helden aus den Kämpfen der um Unabhängigkeit von Habsburg ringenden nördlichen Niederlande hervor. Mit dem Westfälischen Frieden 1648 erfüllte sich der Traum von der niederländischen Souveränität.
Die von der Burg Dillenburg stammenden Grafen von Nassau erwarben durch mehrere Heiraten in den niederländischen Adel umfangreichen Landbesitz in den dortigen Provinzen. Wilhelm von Nassau-Dillenburg erbte das Fürstentum Orange (Avignon) und weitere niederländische Ländereien und nannte sich als Fürst/Prinz von Oranien Wilhelm I. Mit König Wilhelm III. der Niederlande starb das Nassauer Geschlecht 1890 im Mannesstamm aus. Wilhelm I. begründete die herausragende Stellung der Oranier in den Niederlanden, von der seine Enkelin und ihr Fürstentum Brandenburg profitieren sollten.
Louise Henriettes Mutter Amalia war mütterlicherseits verwandt mit den hessischen Adelsgeschlechtern Sayn, Nassau und Solms. Sie wuchs am kurpfälzischen Hof in Heidelberg auf. Als Hofdame von Elisabeth Stuart, Kurfürstin von der Pfalz und Königin von Böhmen, folgte sie ihrer Fürstin ins niederländische Exil und heiratete 1625 in Den Haag Friedrich Heinrich von Oranien. Während ihr Gemahl in den 22 Ehejahren vor allem Krieg gegen Spanien führte, spannte Amalia mit ihren vielfältigen privaten und diplomatischen Beziehungen ein Netz über ganz Europa. Dazu gehörte auch ihre Heiratspolitik für ihren Sohn und ihre vier Töchter.
So war auch Louise Henriettes Heirat das Werk Amalias. Louise Henriette hatte sich ihren Cousin, Henri Charles de Trémouille, als Gatten gewünscht und litt sehr unter der Trennung. Sie fügte sich unter Tränen dem Willen der Mutter und heiratete am 7. Dezember 1646 19-jährig den brandenburgischen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm von Hohenzollern, bekannt als der Große Kurfürst. Dieser nahm, nachdem seine Cousine Königin Christina von Schweden ihn abgewiesen hatte, den Hinweis auf die älteste Tochter des Hauses Nassau-Oranien aus der pfälzischen Verwandtschaft auf.
Friedrich Wilhelm hatte die Heimat Louise Henriettes als Kurprinz während eines langjährigen Aufenthaltes kennengelernt und versprach sich mit dieser Verbindung vielfachen Nutzen für seine Pläne. Brautmutter Amalia bedeutete der kurfürstliche Schwiegersohn einen starken Rückhalt für die Durchsetzung ihrer politischen Ziele. Dieser Aspekt wurde noch wichtiger, als Friedrich Heinrich kurz nach den Hochzeitsfeierlichkeiten starb.
Die Heirat setzte eine bereits in weiblicher Linie bestehende verwandtschaftliche Beziehung zwischen Nassau-Oraniern und Hohenzollern fort. Die Mutter des Kurfürsten, Elisabeth Charlotte von der Pfalz (1597-1660), war – wie Louise Henriette – durch ihre Mutter, Juliane von Nassau-Oranien, eine Enkelin Wilhelms I von Nassau-Oranien.
Louise Henriette wurde Markgräfin und Kurfürstin von Brandenburg. Als Landesfrau oblag ihr die Verantwortung für die eigene Hofhaltung und eine gewisse Wohlfahrtspflicht gegenüber den Armen in der Bevölkerung sowie die Geburt und Fürsorge der Nachkommen, insbesondere eines männlichen Thronerben.
Bis 1650 lebte die Kurfürstin in Kleve, das zur dritten brandenburgischen Residenz wurde, und konnte dadurch engsten Kontakt zu ihrer Herkunftsfamilie, insbesondere ihrer Mutter, halten. Amalia wurde ein Vorbild für die Tochter. Wohl erst mit der Heirat und in den Jahren danach erschlossen sich ihr Bedeutung und Macht ihrer Familie sowie das Netzwerk und die geschickte Diplomatie der Mutter. Dem kurfürstlichen Paar gelang es, aus der politisch begründeten Heirat eine gute Ehe zu entwickeln. Schnell fassten beide Vertrauen zueinander und Zuneigung, die sie bis zu Louise Henriettes frühem Tod mit 39 Jahren verband.
1650 lernte Louise Henriette die Doppelstadt Berlin-Cölln, die Residenz- und Hauptstadt der brandenburgischen Hohenzollern kennen, die ihr Lebensmittelpunkt wurde.
In den knapp 21 Jahren, in denen sie Kurfürstin von Brandenburg war, unternahm sie zahlreiche Reisen zwischen Den Haag, Königsberg (Kaliningrad), Berlin und Kleve, folgte ihrem Mann auf den Feldzügen des Nordischen Krieges (1655-1660) nach Warschau und bis nach Jütland hinauf, begleitete ihn zur Jagd und auf langen Ausritten durch ihre brandenburgischen Besitzungen. Sie erlitt mehrere Fehlgeburten und gebar sechs Kinder, von denen drei Söhne die Mutter überlebten: Kurprinz Karl Aemil (1655-1674), Friedrich (1657-1713) und Ludwig (1666-1687). Nur ihr Liebling Friedrich, der spätere erste König in Preußen, blieb dem Witwer.
Die wichtigste Bezugsperson nach dem Kurfürsten wurde für Louise Henriette Otto Freiherr von Schwerin. Kurfürstin Elisabeth Charlotte hatte ihn in ihre Dienste genommen. Friedrich Wilhelm schätzte ihn als Diplomaten und ernannte ihn zum Rat am Kammergericht. Als Vertrauter des Kurfürsten trat er 1646 zusätzlich das Amt des Hofmeisters seiner Fürstin an. Sie übertrug ihm auch die Erziehung des Kurprinzen Aemil, später auch des Prinzen Friedrich. Schwerin lebte mit seiner Gemahlin Elisabeth Sophie von Schlaberndorff und seinem Sohn Otto im kurfürstlichen Schloss. Und war Louise Henriette auf Reisen, unterhielt sie einen regen Briefwechsel mit Schwerin. Wie aus dem überlieferten Briefwechsel hervorgeht, waren die wichtigsten Themen zwischen ihnen nach den Kindern stets die Erörterung der politischen Ereignisse und der Fortgang der Arbeiten in Oranienburg und weiteren Besitzungen der Landesfrau.
Louise Henriette pflegte ebenfalls enge Kontakte zu den reformierten Hofpredigern und zu Johann Crüger, dem bedeutenden Berliner Verfasser geistlicher Lieder. Vor allem Bartholomäus Stosch erwies sie sich als Gönnerin. Stosch kam über die Familie ihrer Tante Ursula, Achatius Burggraf von Dohna gab ihm die erste Pfarrstelle in Preußen, und die Kurfürstinmutter Elisabeth Charlotte an den kurfürstlichen Hof in Cölln. 1647 schickte ihn der Kurfürst nach Kleve zu seiner Frau, die ihn zu ihrem Seelsorger wählte und lebenslang an ihm festhielt. 1648 ließ sie den erstgeborenen Sohn Wilhelm Heinrich von Stosch taufen. Die Namensgebung des Jungen bezieht sich auf Louise Henriettes Vater und Großvater und schließt den väterlich-großväterlichen Wilhelm ein.
Am Dom zu Cölln wirkte Stosch weiter als Hofprediger. Mit Louise Henriettes Tod 1667 ging sein kirchenpolitischer Einfluss verloren.
Die Erziehung Louise Henriettes im calvinistischen Elternhaus war auf demütige Frömmigkeit und das Erlernen praktischer Fähigkeiten hin ausgerichtet gewesen. Beides sollte der jungen Kurfürstin als Landesfrau nützlicher sein, als sie bis zu ihrer Ankunft in Brandenburg ahnen konnte. Sie nahm die ihr zugewiesene Aufgabe nicht nur an, sondern erfüllte sie vorbildlich und zukunftsweisend für das ganze Land, wie kaum eine der ihr nachfolgenden Fürstinnen auf dem Hohenzollern-Thron es vermochte.
Durch ihre Mitgift von 120 000 Reichstalern und Schmuck im Wert von 60 000 Reichstalern verfügte Louise Henriette über ein außergewöhnlich großes Vermögen: An Bargeld besaß sie mehr als die brandenburgischen Stände dem Kurfürsten in einem Jahr an Steuern aufzubringen versprachen.
Mit der Ankunft in Brandenburg im März 1650 schaltete sich Louise Henriette umgehend in die Planungen zum Wiederaufbau der Residenz ein. Ihr unmittelbarer Wirkungsbereich war zunächst der Schlossbezirk in der Nachbarschaft der Schwesterstädte Berlin und Cölln. Die auf ihr Geheiß durch den Baumeister Johann Gregor Memhardt errichtete private Schlosskapelle blieb bis zur Zerstörung des Berliner Schlosses erhalten, als einziger Raum des Schlosses aus ihrer Zeit und letztes Zeugnis ihres Wirkens in Berlin. Hier suchte die strenggläubige Calvinistin Trost und Kraft, um in ihrem Amt zu bestehen. Den verwahrlosten Lustgarten vor dem Schloss ließ sie als Zier- und Nutzgarten mit zahlreichen Wasserspielen erneuern. Er ist als Beginn der weitreichenden Maßnahmen des Kurfürstenpaares zur Rekultivierung des vom Krieg ausgelaugten Landes zu sehen.
Louise Henriette nutzte jedoch den Garten im Sinne zeitgemäßer Repräsentation auch als Demonstration neuer Stärke des Kurfürstentums. Eine Statue ihres Gatten sollte im Zentrum der Anlage auf einem Postament in einem Wasserbecken stehen. Den Auftrag gab sie an den niederländischen Bildhauer François Dieussart. Die 1651/52 angefertigte Skulptur zeigt den Fürsten mit der niederländischen Haartracht, mit offenem eigenem Haar! Amalie von Solms hatte 1646/47 ähnliche Statuen von den oranischen Prinzen Wilhelm I., Moritz, Friedrich Heinrich und Wilhelm II. für das Huis ten Bosch anfertigen lassen; daran knüpfte Louise Henriette im Sinne dynastischer Tradition an.
Schon im Jahr 1650 übertrug Friedrich Wilhelm seiner Gemahlin das Amt Bötzow, im Norden der Residenz an der Havel gelegen. An der Stelle der zerstörten askanischen Wasserburg ließ Louise Henriette durch Memhardt ein Schloss mit Garten im niederländischen Klassizismus erbauen und nannte es Oranienburg. Die Stadt schloss sich dieser Namensgebung an. Für die Ausstattung beauftragte die Kurfürstin – wie in Berlin – zahlreiche niederländische Künstler und Kunsthandwerker. Typisch niederländisch erscheint auch die nicht-axiale Anordnung der Gartenbereiche, in denen Obst- und Gemüsegarten Platz fanden und Spalierobst den ornamentalen Garten schmückte.
Die Kurfürstin kaufte Dörfer und Krüge (= außerstädtische und außerdörfliche Gasthäuser) hinzu, warb niederländische Siedlerfamilien – Bauern, Gärtner, Handwerker und Kunsthandwerker – an und etablierte Oranienburg mit Schäferei, Brauerei, Ziegelei und Molkereiwirtschaft als eine Musterwirtschaft für die gesamte Mark Brandenburg.
Ihre zielgerichtete Wirtschaftspolitik auf diesem umfangreichen Landbesitz führte zu guten Erfolgen, so dass der Kurfürst ihr weitere Dörfer und Güter zur Bewirtschaftung bergab. Die Korrespondenz mit Otto von Schwerin und ihre eigenen Rechnungsbücher belegen, dass Louise Henriettes Wirtschaftsbesitz bis in das Herzogtum Preußen reichte. Güter und Dörfer wie Bärenklau, Kiauten, Kaphorn, Lauenburg, Neundörfer, Treptow, Roterhof, Stahnsdorf, Tilsit standen unter ihrer Verwaltung und sicherten mit ihren Steuern ihren Unterhalt.
In Oranienburg erfüllte Louise Henriette auch ihr Gelübde, für die Geburt eines Sohnes ein Waisenhaus zu stiften. Die Statuten erarbeitete sie selbst und stattete das Haus mit Schenkungen aus, die eine gute Versorgung der Zöglinge garantierten. Das war keine Selbstverständlichkeit, wie die Armut der meisten in dieser Zeit gegründeten Waisenhäuser zeigt.
Das politische Wirken Louise Henriettes lässt sich heute nur schwer fassen und wird von den meisten Historikern als gering eingestuft. Nur Barbara Beuys und Toni Saring befassen sich mit dem außenpolitischen Einfluss der Kurfürstin und bewerten ihn hoch. Belegt ist der Ausspruch Friedrich Wilhelms, es sei ihm nie etwas misslungen, wenn er ihrem Rat gefolgt sei. Der Kurfürst fand in ihr eine pragmatisch denkende und handelnde Beraterin. Mit großem Engagement setzte Louise Henriette sich für die Aussöhnung mit Polen ein und beeinflusste durch ihren Briefwechsel mit der polnischen Königin Luisa Maria den Koalitionswechsel Brandenburgs im Nordischen Krieg zugunsten Polens und damit die Anerkennung der Souveränität der Kurfürsten von Brandenburg über das Herzogtum Preußen. Sie legte damit einen weiteren Grundstein für die Konsolidierung und territoriale Entwicklung Brandenburg-Preußens. Wenigen Fürstinnen ist so viel Einflussnahme gestattet worden.
Eine wesentliche Klammer des Ehepaares war die tiefe Gläubigkeit. Beide gehörten der calvinistischen Konfession an. Louise Henriette vertrat wie Friedrich Wilhelm ihren Glauben als Irenikerin: Stets versuchte sie, den Austausch zwischen den christlichen Konfessionen zu ermöglichen, ohne dass grundlegende Glaubensnormen aufgegeben werden mussten. Die besondere kirchenrechtliche Situation in Brandenburg bestand darin, dass das landesherrliche Haus (mit Ausnahme einiger Landesfrauen) und wenige Adlige seit Weihnachten 1613 der calvinistischen Konfession angehörten, während die Bevölkerung des Landes mehrheitlich zur lutherischen zählte.
In Oranienburg stiftete Louise Henriette ein Waisenhaus, dessen Reglement sich durch die genauen Bedingungen auszeichnete, die die Stifterin selbst festlegte. Über allem stand die Regel, dass ausschließlich Mädchen und Jungen aus gut beleumdeten, calvinistischen Elternhäusern aufgenommen werden durfte. In der Einrichtung des Hauses richtete sich die Kurfürstin nach dem Vorbild ihrer Tante Maria von Hohenlohe und deren Waisenhausstiftung in Buren im Gelderland. Die Erziehung der Kinder zu gottgefälligen Menschen und eine solide Ausbildung standen im Vordergrund des Tagesablaufs.
Die Religionspolitik im Kurfürstentum zu beurteilen, fällt schwer, da durch häufige und lange Abwesenheiten des Kurfürstenpaares der Oberpräsident Otto von Schwerin dieses Feld verantwortete. 1659 erhielt auch Hofprediger Stosch einen Sitz im Konsistorium und gewann als Sprecher der Reformierten großen Einfluss. Schwerin und Stosch waren die engsten Vertrauten der Kurfürstin und standen in ständigem Austausch mit ihr. Im Berliner Religionsgespräch scheiterten beide Männer mit dem vorgegebenen Ziel, die Gleichberechtigung beider protestantischer Konfessionen gegenseitig anzuerkennen. Sie argumentierten und urteilten strenger als Kurfürst und Kurfürstin.
Louise Henriette setzte sich ebenso wie ihr Gemahl für eine Verständigung zwischen Reformierten und Lutheranern ein. Sie suchte die Auseinandersetzung und lud lutherische Prediger zum Gespräch ein. Die Berliner Pfarrer ihrerseits baten ihre Landesfrau 1665 schriftlich um Vermittlung im Berliner Kirchenstreit und erreichten, dass Friedrich Wilhelm sich wieder einmischte und öffentlich Stellung nahm.
Die Lebensgeschichte der Ehefrau Louise Henriette zeichnet sich durch eine ungewöhnlich partnerschaftliche Ehe aus. Sie genoss alle denkbaren Freiheiten in ihrer persönlichen Freizügigkeit, wie die vielen Reisen in die Heimat zeigen, in ihrer Hofhaltung und der Erziehung ihrer Kinder, die – da es Söhne waren – allein dem Vater zustand. Rückblickend mag es erstaunlich erscheinen, dass sich eine Kurfürstin als Gutsherrin betätigte, tatsächlich war dies eines der üblichen Betätigungsfelder fürstlicher Frauen in Deutschland, wenn es auch weniger aktive Fürstinnen gab, die sich aus den ihr übertragenen Ämtern lediglich die Erträge auszahlen ließen. Seit der Königin Sophie Charlotte war dann auch in Brandenburg-Preußen nicht mehr die Rede von einem wirtschaftspolitischen Einfluss der Landesfürstin.