Bruna Guerriero – Schauspielerin und Sängerin

Stans (Schweiz), 27.01.2012

Sei was Du bist und gib was Du hast

Mit diesem Leitsatz bin ich  heute, in meinem Privatleben wie auch in meiner berufliche Tätigkeit als Schauspielerin und Sängerin, eigentlich  pausenlos  konfrontiert. Das war nicht immer so. Vor 11 Jahren gab es eine Kehrtwendung. Nach der Geburt meines Sohnes und einem darauffolgenden Abort bin ich in einer schweren Depression gelandet. Diese führte dazu, mich in psychiatrische Behandlung zu begeben. Durch die Diagnose ADHS bei Erwachsenen, wurde mir vieles klar. Ich fand endlich Antworten auf die ewige Frage: Wieso kann ich nicht so sein, wie andere? Warum mache ich denn eigentlich immer alles falsch? Durch die Hilfe einer hervorragenden Aerztin bin ich dem was ich bin, wieder sehr viel näher gekommen.  Ich habe mich mit mir selbst versöhnt. Mit Hilfe dieser Therapie, ordnete ich mein Leben neu, befreite ich mich von alten Komplexen, Wut und unnötigem Leid.

Ich weiss jetzt, dass es richtig ist, so zu sein, wie ich bin. Ich bin glücklich darüber – seither gestalte ich mein Leben wieder aktiv. Entscheidungen machen meinen Weg, den ich gehe, aus. Ob es Entscheidungen aus dem Bauch heraus oder auch im Kopf hin und her geschobene sind, ist eigentlich egal. Wichtig ist: es sind meine Entscheidungen.

Ich lasse mich erst gar nicht mehr in gewisse Situationen kommen, die mir nicht gut tun. Und wenn doch, vergebe ich mir. Ich trage endlich Verantwortung für mein Leben. Sage frei heraus, was mich stört und was mir gefällt.

Früher dachte ich, ich sei falsch, weil ich so "emotinal" bin.  Konnte mit den Reaktionen meiner Umwelt nicht umgehen. Empfand  sie als ungerecht. Hatte das Gefühl ich würde dauernd unfair behandelt, könne dem Leistungsdruck der Arbeitswelt nicht standhalten und würde laufend falsch verstanden und interpretiert. Oft waren in meinen Augen, alle andern schuld an meinem Unglück. Als junge Frau hatte ich Strategien entwickelt, um meiner verborgenen Veranlagung ausweichen zu können. Ich konnte fliehen, in den Alkohol, in den Rausch, in Männerarme. Holte mir da die Dämpfer, die ich brauchte, um herunterzukommen und scheinbaren Frieden in mir zu finden. Ich tat das aus seelischer Not. Es war mir nicht bewusst, dass ich so, die Disharmonie der Hormone und Substanzen in meinem Hirn, eher schlecht als recht wieder ins Gleichgewicht bringen wollte.

Dafür gibt es heute Ritalin.

Es half mir die ersten 4 Monate nach der Diagnose, mich auf die Therapie zu konzentrieren. Mir fielen Schuppen von den Augen, ich konnte sogar wortwörtlich wieder besser sehen. (Die Plakate und Strassenschilder waren nicht mehr  verschwommen) Alles wurde wieder klarer. Mit der Zeit lernte ich viel über mich und meine Gefühle. Ich erkannte, welche Gefühle ich unterdrückt hatte, jahrzehntelang…zum Beispiel Ekel….hatte ich doch immer geglaubt, dass man Ekel nicht zeigen darf, weil man stark sein muss. Oder  das Gefühl, im Stress nicht nein sagen zu dürfen. Ich lernte also wieder so zu sein, wie ich bin. Jetzt mache ich eins nach dem andern,  oft geplant intuitiv. Wenn ich eine Idee für einen Auftritt haben muss, entspanne ich mich eine halbe Stunde mit Taichi im Garten, und "schwupps" ist sie da!

So geht das! Ganz von allein! Ohne Druck!

Wenn ich traurig bin, erlaube ich mir auch mal in einem überfüllten Mc Donald’s- Restaurant eine halbe Stunde zu weinen, egal was die andern denken. Denn meine Freundin ist ja da, dankbar, helfen und trösten zu können. Ich verstecke mich nicht mehr, aber ich ziehe mich im rechten Augenblick zurück, wenn ich Ruhe brauche, damit ich mich nicht unnötig verzettle. Ich übe täglich, meine Gefühle einzeln wahrzunehmen und mit ihnen umzugehen und meine Gedanken zu kontrollieren. Meditation, Zazen und Thai chi helfen. Weg vom Ego, in die Verbindung zu meinem Selbst.

Ein Lieblingssatz:

Ich bin Niemand, und Niemand ist besser als ich.

Sei was Du bist und gib, was Du hast

Bei meinen Auftritten  gebe ich immer alles. Ich bin danach  leer und erschöpft und meistens glücklich. Am nächsten Tag geniesse ich dieses  Gefühl des Leerseins. Wenn ich Zeit habe, tue ich so wenig wie möglich, damit sich meine Batterien wieder aufladen. Wenn sich meine menschliche Hülle wieder füllt mit Erlebnissen, Gedanken, Gefühlen und Musik, mit Freude, Sonne und Licht,  dann wenn ich wieder fast platze ab all dem Glück, muss ich es einfach wieder teilen. Dann gebe ich gern, lade andere ein. Verschenke meine Zeit, meine Umarmungen meine Küsse. Bin mit  meinen Freunden, meinem Sohn meinen Tageskindern und meinen Nachbarn.  Geben ist ein echter Höhenflug. Also fliege ich, wenn meiner Seele danach ist. Und mit zwei Flügeln fliegt sich bekanntlich besser. Der eine Flügel heisst  Liebe  und der andere Freiheit.  Frei sein, nicht  viel besitzen,  spontan sein.  Gesund sein. Gut sein. Ich erlaube mir, Dinge zu tun, die nichts kosten: reden, atmen, singen, spielen, tanzen, streicheln, zuhören, erzählen, spazieren, zeithaben, still sein. Betrachten, schweigen, schlafen und lachen. All diese Dinge kosten nichts und dennoch kann man sie teilen. Und sie erfüllen uns mit einem unendlichen Gefühl von Reichtum.

Let’s do it!

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