Braunschweig 12.11.2012
Guten Abend liebe Mitteilnehmerinnen an diesem Frauenmahl,
ich spreche zu Ihnen als Katholikin und darüber hinaus als in der Kirche hauptamtlich tätige Seelsorgerin und pastorale Mitarbeiterin. Frau in der katholischen Kirche, ein Thema, das sich nicht umgehen lässt, wenn wir hier über Zukunft von Religion und Glaube reden.
Frau in der katholischen Kirche, dazu hat jede viele Bilder und Ideen im Kopf. Wichtig für mein persönliches Handeln ist es, einen eigenen Standpunkt zu finden und zu verantworten.
Aus heutiger Sicht sage ich. Ja, ich wünsche mir, ich sehne mich oft verzweifelt nach Veränderung, ich leide an den Verhältnissen, aber nicht an dieser Kirche. Das ist mir im Laufe meines Lebens ganz wichtig geworden.
Katholisch werden ist nicht schwer,
katholisch sein …
Das klingt in diesem Zusammenhag vielleicht etwas einfach und schlicht. Ich möchte diese Aussage zunächst mit einigen Eckpunkten aus meiner eigenen Biographie füllen.
Eine Woche nach meiner Geburt wurde ich noch in der Kapelle des katholischen Krankenhauses getauft.
Und so war ich katholisch – ganz einfach!
Da meine Eltern keine praktizierenden Christen waren, wurde die Frage nach Religion erst wieder –so meine Erinnerung- zur Einschulung relevant.
Katholische Schule ja oder nein. Ich entschied mich für Nein, da man dort jeden Tag beten muss. (Ich glaube, dass hatte ich irgendwo aufgeschnappt!) Und so war ich dann hier in Braunschweig an einer normalen Volksschule gefühlt das einzige katholische Kind. Meine religiöse Bildung aus schulischem Religionsunterricht kann ich eher als mangelhaft bis ungenügend bezeichnen.
Ich denke aber auch, etwas anderes war aus heutiger Sicht viel wichtiger für meine persönliche und religiöse Entwicklung. Meine Eltern haben mich mit Liebe und viel herzlicher Nähe und Fürsorge erzogen. Und mein Vater hat mit mir manchmal gebetet. Das hat ein Urvertrauen grundgelegt, dass mir, davon bin ich bis heute überzeugt, ermöglicht, an einen liebenden, barmherzigen Gott zu glauben.
Einige Frustrationen habe ich natürlich erfahren. So durfte ich als Mädchen nicht Ministrantin werden, was nach der Erstkommunion mein sehnlichster Wunsch war. Kirche hat mich damals einfach begeistert.
Meine wirkliche und reflektierte Auseinandersetzung mit Glaube und Kirche hat erst als junge Frau und Mutter begonnen. Die Frage nach Erziehung, nach religiöser Erziehung und die Frage nach der Taufe meiner Kinder hat mich endlich herausgefordert. Katholisch sein wurde für mich spannend und fordernd, bereichernd und nie langweilig, katholisch sein ist auch frustrierend und bringt Enttäuschung, aber ganz oft und überwiegend ist es beglückend. Katholisch sein ist durchaus anstrengend, aber nicht schwer.
Zwei Dinge möchte ich benennen, die für mich in meinem Leben wichtig und bedeutend waren und sind, und von denen ich denke, dass sie wichtige Aspekte sind, wenn es um die Zukunft von Glaube und Religion geht.
- Meinen Glauben zu bekennen, offen zu sagen: Ich glaube an Gott. Und die Reaktionen darauf auszuhalten. Das ist mir oft sehr schwer gefallen. Zunehmend erlebe ich es aber als befreiend. Und inzwischen tue ich es sogar gerne: Ich glaube an Gott.
- Als zweites wichtiges Element möchte ich die Beziehung unter den Menschen nennen. Menschen waren und sind für mich wichtig und entscheidend, wenn es um meine persönliche Glaubensentwicklung geht. Diese Beziehungen lebe ich in besonderer Weise in einer Glaubensgemeinschaft, die für mich als Katholikin Kirche heißt. Regeln und Gesetze brauchen Menschen, aber sie sind, so finde ich, eher nachrangig. Und sie sollten immer wieder überdacht werden.
Im zweiten Vatikanum sprechen wir vom allgemeinen Priestertum aller Getauften. Wenn ich das interpretiere, so können da nur Frauen und Männer gemeint sein, sind wir doch, so lesen wir es in der Bibel, als Frau und Mann geschaffen.
Warum sind Frauen –diesen einen Kritikpunkt möchte ich heute doch konkret benennen- also vom Weiheamt ausgeschlossen? Eine wirklich überzeugende Antwort darauf habe ich noch nicht erhalten.
Ohne Frauen ist auch Kirche nicht denkbar und möglich. Und –Gott sei Dank- bringen bis heute viele Frauen ihre Charismen, Kompetenzen und Fähigkeiten fruchtbringend in diese Kirche ein. Und –das will ich nicht unterschlagen- es wächst dafür die Akzeptanz in dieser von Männern dominierten Kirche.
Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb bleibt es wichtig, Veränderungen zu fordern. Frauen sollten überall in Kirche ganz selbstverständlich da sein, denn Frauen gestalten die Zukunft der Kirche mit.
Frauen in der Kirche haben bisher einen langen Atem und große Geduld gezeigt.
Ich wünsche mir, dass wir nicht atemlos werden und weiterhin geduldig bleiben., dass wir aber auch konsequent bleiben, wenn es darum geht, Partnerschaftlichkeit und Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Kirche Wirklichkeit werden zu lassen.
Ich wünsche mir, dass wir mutig unseren Glauben bekennen und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen in gegenseitigem Respekt leben.
Das gilt innerkirchlich, ist aber auch Vorraussetzung für die interreligiöse Kommunikation.
Damit wir die Zukunft gemeinsam und in Frieden erleben und erfahren können.