Dr. Sybille C. Fritsch-Oppermann – Pfarrerin, Liedermacherin

Pfarrerin Dr. Sybille C. Fritsch-Oppermann
Prof-Mohrmann-Weg 1
38644 Goslar-Hahnenklee
 
SINNEN – SAGEN – SINGEN
Tischrede beim Frauenmahl in Wittenberg am 12. August 2017
 
Liebe Frauen, liebe Gäste, liebe Einladende!
 
–  Den Körper lustvoll wahr-nehmen. Und was ihn nährt.
–  Mit geschliffenem Geist die Liebe Gottes in globalen Frieden verwandeln.
–  Aus voller Kehle Recht und Gerechtigkeit ausrufen in den Gassen. Das Herz auf der Zunge tragen sozusagen.
–  Ein Törtchen – ein Wörtchen- ein Lied.
 
Als Dritte in diesem FrauenFestmahlBunde soll ich hier nun fürs Lied stehen.
Also soll und darf ich wohl auch das Herz auf der Zunge tragen.
Ihr Frauen, die Ihr diesen wunderbaren Tag vorbereitet habt, habt es so gewollt.
 
Aber weil ich zutiefst davon überzeugt bin, dass Musik die Sprache der Seele ist, will ich mich noch etwas „drücken“ vor der Aufgabe, die Ihr mir gegeben habt…das „Singen als Statement“ soll am Schluss stehen.
 
MUSIK – DIE SPRACHE DER SEELE
Ich teile gern ein – das ist nur manchmal hilfreich. Mindestens kann es eine gute Übung sein, um einzusteigen ins Thema.
Kunst ist oder sollte doch meines Erachtens immer ganzheitlich sein. Aber ich sehe Schwerpunkte.
Sehe Geist und Sinn in der Bildenden Kunst.
Sehe Geist und Seele in der Poesie.
Und Sinn und Seele sehe ich in der Musik.
Als Sprache der Seele ist Musik angreifbar und zerbrechlich. In Gefahr, für falsche Zwecke missbraucht zu werden.
Aber zusammen mit einem guten Text scheint sie einfach unschlagbar.
 
SINGEN – EIN BESUCH DER SCHÖNHEIT IN EINER WELT VOLLER
FLECKEN
Ein Text kann ergreifen, ein poetischer Text kann schön sein, ein gedichteter Text kann uns unter die Haut gehen. Um wie viel mehr, wenn er zum Lied wird. Wenn die Musik das Wort von der Erde in den Himmel trägt.
Sprache bleibt, so schön sie auch ist, immer ein wenig der Erde verhaftet – und das ist gut so. Sie bleibt immer menschlich. Hat Teil an den Flecken, auch den blauen, der Welt. Aber manchmal wird dann doch diese Welt ganz und gar in Schönheit gehüllt.
Dann trägt uns Singen und Musik für eine Weile in den Himmel.
 
SINGEN – SCHWESTER DER MYSTIK
Wenn nun Musik die Sprache der Seele ist, und wenn sie eine Brücke von Schönheit spannt über die garstigen Gräben von Gott und Welt, Religion und Religion, Menschenseele und Menschenseele – so ist sie wohl auch eine Schwester der Mystik, sucht Dualismen zu überwinden, sucht die Einheit im Schönen, Guten und Wahren.
Also auch die Einheit von Seele, Geist und Körper.
 
LIEDER – DEN WORTEN GUTEN TON GEBEN
Wenn ich hier von Liedern rede, so meine ich Kirchenlieder, Neue Geistliche Lieder vor allem – denn für diese stehe ich hier. Mir lag und liegt besonders das geistliche Chanson am Herzen – da bin ich Protestantin durch und durch.
Die Melodie folgt dem Text (in seltenen Ausnahmefällen schreibe ich auch einmal einen Text auf eine bereits vorhandene Melodie).
Ich vergleiche das gerne mit dem Verhältnis von Glaube und Theologie. So, wie Theologie stets bemüht sein sollte, den Glauben vor der Vernunft zu verantworten, aber nicht neue Absolutheitsansprüche zu konstruieren – so sollte die Melodie das poetische Bekenntnis des Textes vervollkommnen. Wenn der Text ein Statement ist, sollte sie diese vernünftige Aussage auch der Seele schmackhaft machen.
Die Melodie sorgt aber, besonders mit Hilfe des Rhythmus, auch dafür, dass der vernünftige Sinn des Wortes und die unser Herz ergreifende darin sich spiegelnde Liebe Gottes und der Menschen zueinander uns wortwörtlich „in Fleisch und Blut übergehen“.
Das hat etwas sakramentales – oder, liebe Schwestern, wenn Ihr so wollt: Das Singen geistlicher Lieder ist so etwas wie eine „incarnatio continua“.
 
LIEDER SINGEN – „SINGEN ALS STATEMENT“
Wenn Singen die Schwester der Mystik ist, dann gibt es im Lied/im Singen einen Zusammenhang auch von Contemplatio und Actio. Eine Verschwisterung von Intellekt und Gefühl.
In einem Lied kann Andacht sein, Gefühl und Schönheit.
Aber es kann und will eben oft auch ein Statement sein – will aufrufen zum Aufstehen und Weitergehen und Verändern.
Um Gottes willen.
 
FRAUENLIEDER
Singen als Statement hat mich auch immer dazu motiviert und gedrängt, Frauentexte für Frauenlieder zu schreiben.
Das waren auch Statements, Kampfansagen, Selbstvergewisserungen.
Nichts ist so geeignet wie ein Lied, um Aussagen, die im Medium des Wortes allein kantig und ärgerlich klängen, zäh zu beißen wären, mit einem guten Schluck Musik herunter zu spülen.
In einem Text habe ich die Schwester Geist angedichtet. Ein Mann hat’s vertont, so wurde er singbar. Für Frauen zum Segen. Für Männer zum Staunen. Ich habe keinen Mann getroffen, der das nicht singen konnte oder wollte.
So sind Frauenlieder, weil sie Lieder sind, immer Lieder für die ganze Welt.
Im Namen Gottes – der Liebe und der Schönheit (AMEN!)

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