Eva Bulling-Schröter – Landessprecherin der Partei DIE LINKE in Bayern

Eva Bulling-Schröter – Landessprecherin der Partei DIE LINKE in Bayern,
Sprecherin für Energie- und Klimapolitik in der Fraktion DIE LINKE im Bundestag
beim Frauenmahl am 30.10.2015 im Historischen Rathaussaal der Stadt Nürnberg

Sehr geehrte Anwesende, liebe Frauen, Vielen Dank für die Einladung.

Im Dezember werde ich zur Klimakonferenz nach Paris fahren und ich hoffe innigst, dass dies zu einem Erfolg wird. Schon mindestens ein Dutzend Mal habe ich an Klimakonferenzen teilgenommen und komme oft frustriert, wütend oder enttäuscht zurück.

Bei den Veranstaltungen, zu denen immer einige Mitglieder des Umweltausschusses reisen, gibt es regelmäßig Treffen mit christlichen Gruppen – zum Beispiel Brot für die Welt –, Klimazeugen aus dem Tschad oder Bangladesh, Länder die jetzt schon massiv vom Klimawandel betroffen sind. Und ich kann mich noch gut erinnern, dass eine Frau aus dem Tschad, wunderschön und klug mich fragte, warum wir denn nicht schneller entscheiden. Die Verhandler/innnen sollten doch mal für einen Monat in ihr Land kommen und sehen, wie die Menschen und Tiere sterben, weil es keinen Regen und kein Grundwasser mehr gibt. Dort habe es jetzt 50 Grad.

Ja, liebe Frauen,
bei der Vorbereitung auf den heutigen Abend habe ich mich über die Positionen der Kirchen informiert. Ich muss sagen, dass die Kirchen wirklich viel machen in Sachen Klimaschutz, sei es durch die Umstellung von Gemeinden auf Ökostrom, über die Arbeit kirchlicher Hilfswerke in den Ländern des Südens oder die Klimapilger, die sich auf den Weg zur Klimakonferenz nach Paris gemacht haben, um ein Zeichen für mehr Klimaschutz und Klimagerechtigkeit zu setzen.

Aber reicht das alles? Die Umweltfrage ist zur weiter ungelösten sozialen Frage getreten, und droht die Armut, den Hunger und das Leiden in den schwächsten Gesellschaften dieser Erde weiter zu verschärfen.

Und wir haben nur eine Erde!
Was die Zukunft bringt, hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, 2007 aufgeschrieben:
• Wir müssen ernsthaft mit einer Klimakatastrophe rechnen.
• Wir müssen anerkennen, dass sie in erheblichem Umfang durch menschliches Handeln ausgelöst ist.
• Um die globale Erwärmung zu begrenzen, müssen wir zu schnellen und entschlossenen Maßnahmen bereit sein.

Ich denke, wir alle hier an den Tischen beschäftigen uns schon lange mit ähnlichen Fragen. Die eine Frage, die ich mir besonders auf den Weltklimakonferenzen immer wieder stelle, ist diese:
Warum passieren notwendige Veränderungen, sei es in Gesellschaft, in Wirtschaft oder in auf individueller Ebene, entweder gar nicht oder zu langsam, obwohl das Wissen über die katastrophalen Folgen der Erderwärmung da ist?

Auf der Webseite der „Kirche für Gerechtigkeit“ habe ich dazu einen guten Satz gefunden, der unser Dilemma ganz gut beschreibt: Der Klimawandel gehört zu den „unbequemen Wahrheiten“, die wir mit sehenden Augen nicht sehen und hörenden Ohren nicht hören.
Sie wissen das sicher besser als ich, die Stelle ist aus dem Matthäusevangelium.

Die harten Fakten über ein schädliches Weiter-So, sie liegen also auf dem Tisch. Warum zieht das menschliche Verhalten nicht nach?
In dieser Frage liegen Kirche und Die Linke meiner Meinung nach gar nicht so weit auseinander.
Die evangelische Kirche fordert einen „einschneidenden Mentalitäts- und Bewusstseinswandel in der Gesellschaft“.

Meine Partei ist in Fragen der gesellschaftlichen Bewusstseinsbildung mit Karl Marx natürlich bestens beraten. Im Parteiprogramm fordert Die Linke ein Umdenken, indem sie „der neoliberalen Ideologie alternative Positionen eines anderen Entwicklungsweges“ entgegen setzt.

Die evangelische Kirche fordert eine „Wende hin zu einer wirklich dauerhaft naturverträglichen Wirtschafts- und Lebensweise“ und verlangt eine Umkehr, die in der Sprache der Bibel metanoia, also „Umdenken“ heißt.

Bei der Linken heißt es dazu im Parteiprogramm:“Wir wollen alle gesellschaftlichen Verhältnisse überwinden, in denen Menschen ausgebeutet, entrechtet und entmündigt werden und in denen ihre sozialen und natürlichen Lebensgrundlagen zerstört werden.“
Evangelische Kirche wie Die Linke problematisieren also beide Bewusstsein und Wirtschafts- und Lebensform als „Wurzel allen Übels“, wie schon das alte Testament die Gier der Menschen verurteilt.

Was ich als Politikerin immer wieder den Menschen sage: Engagiert euch, in der Tat liegt die Freiheit.

Und auch die Bibel fordert die Menschen zum konkreten Handeln auf, Kirche ist also nicht nur ein Gewissensverein.

„Meine Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit“, heißt es dazu im Buch Johannes treffend.

Gesprochen habe auch ich jetzt genug! Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie wir gemeinsam zum Handeln für die Verbesserung der Verhältnisse kommen.

Vielen Dank!

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