355 Kriege und kriegerische Konflikte weist das Statistische Bundesamt für das Jahr 2021 aus. Mit dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine ist 2022 ein weiterer dazu gekommen. Seit zwei Monaten sind zerstörte Städte, verwundete und getötete Menschen, verzweifelte Auflehnung und Leid Realität für die Menschen in der Ukraine. Leben ohne Sicherheit, unter Bedrohung des eigenen Leibs und Lebens, mit ungewissem Ausgang für die Zukunft – eine Realität, die auch Menschen an 355 Stellen auf der Welt ebenso erleben müssen und das oft seit vielen Jahren.
„Rolle rückwärts“ in den Rollenbildern
Aber dieser Krieg macht uns besonders betroffen. So nah in Europa hat er große Auswirkungen, nicht nur auf politischer Ebene. Auch in die Darstellung der Rollenbilder von Frauen und Männern ändert sich hier bei uns schlagartig. Männer erscheinen als Kämpfer. Frauen und Kinder als Opfer. Männer erscheinen aktiv, kämpferisch oder am Verhandlungstisch in Aktion. Frauen scheinen wehrlos, suchen mit Kindern und alten Menschen Zuflucht in U-Bahntunneln und Kellern oder sind auf der Flucht. Männer kämpfen – Frauen sorgen. So bekommen wir es Tag für Tag zu sehen. Alte Rollenbilder, die wir aus allen bewaffneten Konflikten kennen und die niemandem gerecht werden. Nicht den Männern, die sich sorgen und sich auch um Angehörige kümmern wollen. Und auch nicht den Frauen, die kämpferisch ihr Land verteidigen, immerhin 15% der Ukrainischen Streitmacht waren schon vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine Frauen.
Sicherheit durch Geschlechtergerechtigkeit
Diese Bilder machen eines deutlich: Das Eintreten für Geschlechtergerechtigkeit ist nicht nur in Friedenszeiten nötig, sondern auch und besonders in Kriegs- und Krisenzeiten, wenn die Gefahr groß ist, dass alte Rollenklischees und –zuschreibungen wieder aufleben. Was in der Innenpolitik gilt, muss auch in der Außenpolitik Bestand haben. Was im Frieden gilt, muss auch in Krisenzeiten gelten: Es braucht einen ganzheitlichen Sicherheitsansatz, der die menschliche Sicherheit in den Mittelpunkt stellt. Gerade in Kriegs- und Krisenzeiten müssen die Sicherheitserfordernisse aller Menschen gleichermaßen berücksichtigt werden, müssen die Bedürfnisse aller geschlechtergerecht gesehen und gehört werden. Für Männer gilt das Grundrecht auf Flucht und freie Entscheidung über die Beteiligung am Kampf. Frauen müssen an Entscheidungen in Konflikten und Kriegen, an Vertragsentwicklungen, der Friedensarbeit und an Verhandlungen für den nachfolgenden Frieden beteiligt werden. Denn Frieden ist eben nicht nur Männersache.
#friedenbrauchtfrauen – Bewusstsein schaffen
Mit dem Hashtag #friedenbrauchtfrauen wollen die Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD) und die Katholische Frauengemeinschaft Deutschland (kfd) darauf aufmerksam machen, dass gerade, aber nicht nur, in diesem Krieg in der Ukraine althergebrachte Geschlechterbilder wieder in den Vordergrund rücken und Frauen in den Verhandlungen und Entscheidungen nicht sichtbar repräsentiert sind. Diese Entwicklung betrachten beide Verbände mit großer Sorge. Denn bleiben auch weiterhin weite Teile der Weltbevölkerung von den Entscheidungen über die eigene Zukunft ausgegrenzt, behindert dies Sicherheit, Frieden und nachhaltige Entwicklung der Welt. Friedensarbeit muss geschlechtergerecht erfolgen. #friedenbrauchtfrauen kann und soll für alle Postings, Meldungen, Veranstaltungen und Aktivitäten die im Zusammenhang stehen Verwendung finden – je breiter, umso besser und Anlässe dazu gibt es in den kommenden Wochen viele. Lasst uns alle aktiv werden!