Gabriele Behr – Vorsitzende des Kreiskatholikenrates im Rheinisch-Bergischen Kreis

Köln, 20.11.2011

Sehr geehrte Mitteilnehmerinnen beim Frauenmahl,

Frau in der Katholischen Kirche – dazu fällt mir spontan
ein: 1. dass Sie und ich bei dieser Aussage ganz viele Bilder im Kopf haben und
2. dass der Ist- Zustand "meiner" Kirche ohne die Frauen undenkbar
ist!

Ich teile sicherlich die Bewertung vieler dieser Bilder
mit Ihnen, wenngleich ich durch meine Innensicht einige als Klischees oder
Vorurteile empfinden würde, andere wiederum als durchaus realitätsnah begrüßen
oder beklagen würde – je nach Anlass. Es passt mir gut an dieser Stelle zu
sagen: ich leide nicht an den Verhältnissen, aber ich möchte dieselben
leidenschaftlich gerne verändern!

Erlauben Sie mir zuerst einmal einen Blick in die
Vergangenheit: Frauen haben in der Hauptsache die Kirche durch ihre Zu- und
Mitarbeit vor Ort gestaltet und getragen. Durch die Tradierung des Glaubens im
familiären Bereich und die Bereitschaft zu katechetischer Mitarbeit, durch ihr
caritatives und soziales ehrenamtliches Engagement, durch ihre zahlenmäßig
große und zuverlässige Präsenz in den Gottesdiensten und bei allen Formen der
Volksfrömmigkeit.

Dies war – bis in die jüngste Vergangenheit – eine
großartige Säule des kirchlichen Lebens. Und es entsprach durchaus dem
damaligen Rollenverständnis, dass in der kirchlichen Öffentlichkeit neben den
Priestern die Männer, z.B. als Kirchenvorsteher oder im Pfarrgemeinderat engagiert, nicht nur bekannt waren, sondern auch als
äußerst wichtig empfunden wurden. Gleichzeitig galt es als unschicklich und
unbescheiden, wenn Frauen ihr Engagement "zur Schau stellten". Sie
wurden infolgedessen auch gar nicht erst als unverzichtbar wahrgenommen. Hoch
lebte das Patriarchat! Und alldies
passte wunderbar zum Selbstverständnis der Männer, sei es im Klerus, sei es im
Ehrenamt!

Wir alle haben – Gott sei es gedankt! – einen großen
Umbruch im Bewußtsein und Verhalten der Frauen erlebt. Sie haben sich
– auch in der katholischen Kirche und trotz der Widerstände aus Klerus,
Gesellschaft und Familie – emanzipiert. Sie haben sich Freiräume erarbeitet bis
erkämpft und für sie sind "Emanzipation und Partizipation" keine
Worthülsen.

Wir treffen in den Gemeinden heute ebenso auf
hauptamtliche Seelsorgerinnen, wie auch auf Frauen, die im Ehrenamt gerne ihre
Charismen, Kompetenzen und kommunikativen Fähigkeiten einbringen und einen Teil
ihrer Lebens-Zeit zur Verfügung stellen. Und wir treffen auf allen Ebenen und
in allen Bezügen auf Männer, die all dies zu schätzen wissen und mit allen
ihnen zu Gebote stehenden Mitteln die Frauen unterstützen. Diese Veränderungen
bieten gleichermaßen die Basis für gedeihliche fruchtbare Zusammenarbeit, wie
auch den Raum für respektvollen und toleranten Umgang miteinander – ganz im
Sinne des gemeinschaftlichen Handelns und der Frohen Botschaft.

Es hat sich viel getan in meiner Kirche! Ich mag das
gerne anerkennen, auch mit Blick auf die vielen Frauen, die – zusätzlich zum
Engagement in der Gemeinde oder den Verbänden – auf allen Ebenen der
Laiengremien zu finden sind; das geht von den Pfarrgemeinderäten bis zum
Zentral-Komitee der deutschen Katholiken. Und trotzdem bin ich natürlich! nicht
zufrieden mit dem Erreichten!

Ich wünsche mir u.a. (und unterstütze den begonnenen
Dialogprozess an jedweder mir möglichen Stelle und in jedweder Form
entschieden):

•dass alle
Männer und Frauen vor Ort den engagierten Frauen den nötigen Freiraum schaffen,
ihre Kompetenzen anerkennen und sie fördern;

•dass wir den
Geist des II. Vatikanischen Konzils lebendig halten und auch in Zukunft dem
verstärkt klerikalen Denken und Handeln aus der vorkonziliaren Zeit keine
Chance geben;

•dass die
Möglichkeiten der Gemeindeleitung, die das Kirchenrecht schon jetzt einräumt,
voll ausgeschöpft werden und haupt- wie ehrenamtlich tätige Frauen Leitung
wahrnehmen werden und so "Riesengemeinden" vermieden werden;

•dass in allen
Strukturen und auf allen Ebenen der kirchlichen Verwaltungen Leitungsfunktionen
nicht mehr nur an geweihte Priester gebunden sind, sondern auch Frauen offen
stehen;

•dass endlich
Frauen zu Diakoninnen geweiht werden und dass in diesem Zusammenhang auch
Pastoralreferentinnen wieder das Predigtrecht und weitere Befugnisse eingeräumt
werden;

•dass wir
Frauen auf allen Ebenen mitgestalten können und nicht in etlichen kirchlichen
Bereichen, wie derzeit, auf die männlichen "Für-Sprecher" und
"Für-Denker" angewiesen sind.

Dies kann man zusammen fassen in den Worten der ersten
bundesdeutschen Ministerin, Frau Dr. Schwarzhaupt :

"Wir
sollten überall als Frauen ganz selbstverständlich dabei sein!"

Ich sehe die Zukunft meiner Kirche, die mir sehr am
Herzen liegt, nur dann mit Zuversicht:

•Wenn sie den
Mut zu weiteren substanziellen Veränderungen hat.

•Wenn Sie nicht
ängstlich glaubt, das Heil mehr im Bewahren von Traditionen zu finden.

•Wenn sie
weltweit Unterschiedlichkeiten auf Grund kultureller Verschiedenheiten zulassen
kann.

•Wenn sie in
der Gesellschaft ihre soziale und politische Verantwortung ernst nimmt und
danach handelt.

•Wenn sie mutig
den Weg zu mehr ökumenischer Gemeinsamkeit beschreitet.

Dann wird sie immer wieder Männer und Frauen finden, die
sich von Jesus Christus faszinieren lassen und das mit großem Engagement in der
Katholischen Kirche leben wollen.

Nachsatz:

Ich setze mich auch für die Veränderungen der
Zugangsbestimmungen zum Priesteramt ( u.a. Zölibat) ein. Da es sich aber nicht
um ein Frauenthema im eigentlichen Sinne handelt, habe ich es in meinem Vortrag
nicht benannt.

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