Gabriele Greiner-Jopp – Kath. Religionspädagogin, Supervisorin

Göppingen, 13.04.2013

„Freude und Hoffnung Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger und Jüngerinnen Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, was nicht in ihrem Herzen seinen Widerhall findet.“

50 Jahre ist dieser Text schon alt. Im II. Vatikanischen Konzil ist er entstanden.

Bis heute ist das ein Text, der in die Zukunft weist. Bis heute ist das ein Text, der Menschen – Frauen wie Männer – in ihrer Würde gleich ansiedelt und ihnen ein Leben in Fülle ermöglicht wenn – ja wenn – er umgesetzt wird.

In der Einführung heißt es weiter: „Zur Erfüllung dieses ihres Auftrags obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten.“

Jede Gegenwart ist also Aufgabe für uns. In den Zeichen der Zeit und wie wir sie im Licht des Evangeliums deuten: jetzt, morgen, übermorgen – bewährt sich der christliche Glaube oder eben nicht.

Das Volk Gottes hat durch Taufe, Firmung bzw. Konfirmation eine gemeinsame Würde. In der Taufe werden Frauen und Männer zu Priesterinnen und Priestern, Prophetinnen und Propheten, Königinnen und Königen gesalbt. Gemeinsam tragen wir die Verantwortung, das Evangelium zu leben und zu verkünden. In die jeweilige Zeit hinein. 

Im Licht des Evangeliums verkündet werden muss die Rettung des einzelnen Menschen und der Aufbau einer wirklich menschlichen Gemeinschaft in der Alte und Junge, Gesunde und Kranke, Frauen und Männer in Würde leben können.

Die frühe Kirche war glaubwürdig und attraktiv, weil sie das verstanden und sich konsequent Armer, Kranker und Benachteiligter angenommen hat.

Wenn dieser Maßstab weiterhin gilt, wird das unsere Sicht auf die innere Struktur der Kirche und Gesellschaft verändern.

Nicht äußere Macht, äußerer Glanz oder ein bestimmtes Geschlecht zählen dann, sondern er-mächtigt – voll Macht -  sind alle, die bis jetzt arm, ausgeschlossen, ohnmächtig waren und sind. Oft zählen dazu die Frauen. Von diesem göttlichen Umsturz der Ordnung singt schon Maria im Magnifikat (Lk.1, 46ff). Diesen Umsturz lebt ihr Sohn Jesus.

Der biblische Befund gibt uns recht, was unsere gleiche Würde angeht: Gott schuf uns Menschen als Mann und Frau (Gen 1,27), Maria von Magdala war die 1. Zeugin der Auferstehung und wurde von Jesus beauftragt diese zu verkünden (Joh 21,1;11ff) Paulus schreibt im Brief an die Gemeinde in Galicien dass es in Gott nicht mehr Mann und Frau gibt, (Gal 3,28). Bei ihm sind Frauen ermächtigt zur Mitarbeit und Leitung (Röm. 16, 1-3).

Selbst wenn der biblische Befund nichts von Frauen wüsste, so müssten sie doch in der heutigen Gesellschaft und in den  Kirchen ihre volle Würde und Rechte bekommen, denn heute, in unserer Gesellschaft, gelten die Emanzipation der Frauen und die Geschlechtergerechtigkeit als Errungenschaft der Moderne.

„Wir sind stolz auf diesen Fortschritt der Vernunft und des Herzens“ sagt eine Theologin unserer Zeit, Christiane Bundschuh-Schramm. Frauen wollen diesen Fortschritt selbstbewusst leben, sie wollen sich nicht mehr in eine innere Zerrissenheit: hier Gesellschaft – da Kirche, hier persönliche Überzeugungen – da Glaube zwingen lassen.

12 Frauen von heute, zwischen 25 und 65 Jahren habe ich gefragt: Was würde für Dich/Sie die Kirche zukunftsfähig machen, was ist Leben in Fülle für Dich/Sie. Hier die häufig genannten Punkte:

•    Wir wollen mehr gefragt werden als bisher.

•    Wir wollen mehr gehört werden mit unserem Wissen, unserer Sichtweise, unseren Anliegen.

•    Unsere veränderte Lebenswelt soll von der Kirche aufgegriffen werden, v.a. das ehrenamtliche Engagement wollen wir so gestalten, wie es zu uns passt, nicht wie es von der Leitung vorgegeben wird.

•    Wir erwarten, dass uns zugetraut wird mit den Themen Sexualmoral, Geburtenregelung und Eheschließung/ Scheidung verantwortlich umzugehen. Regelungen von oben, die uns bevormunden oder ausschließen lehnen wir ab. Wir rechtfertigen uns vor Gott, nicht vor der Kirche.

•    Wir brauchen Raum im vierfachen Sinn: Konkrete Räume um uns zu treffen, unterschiedliche Räume für unterschiedliche Stationen unseres Lebens, innere Räume um uns zu entwickeln, Freiräume um uns zu entfalten

•    Wir wollen in der Liturgie und in den Gottesbildern eine – endlich- geschlechtergerechte Sprache. Überhaupt eine Sprache, die Menschen heute an-spricht und erreicht.

•    Die Verwurzelung im Glauben und in einer Religion gibt uns Kraft und Sicherheit.

•    Kritisch wurde angefragt, ob es einen Unterschied gibt für Frauen und Männer, was ein gutes Leben ausmacht.

•    Einen Unterschied allerdings macht die Qualität im Gottesdienst und Gemeindeleben. Die Qualität entscheidet ob Frauen dabei sein werden oder nicht – bzw. nicht mehr.

Deshalb sollten wir, wie es Christiane Bundschuh-Schramm sagt, „für eine Kirche arbeiten, die Frauen mehr als bisher einschließt, in der Frauen und Männer gestalten und prägen, leiten und entscheiden“.

Bereits jetzt leben wir in Kirchen, die solche Orte geschaffen haben. Das gilt besonders für Frauenverbände aber auch für zahlreiche Gemeinden. Das Heil der Menschen steht dann im Mittelpunkt, nicht die Ideologie, die Institution oder das Kirchenrecht.

Zukunftsweisend könnte auch sein – und damit schließe ich – das Wort des Journalisten Henning Venske, zu bedenken: „Frauen, die die gleichen Rechte wie Männer einfordern, sind auf jeden Fall bemerkenswert genügsam.“

Vielen Dank!

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