Josefine Hallmann – Pädagogische Referentin des Frauenwerks i.R.

Hermannsburg, den 26.04.2013

Liebe Frauen – Schöne Schwestern,

Das Thema Respekt berührt zahlreiche wichtige Lebensvollzüge, die es sich sehr lohnt, im Einzelnen zu bedenken -  und betrifft uns Frauen oft heftig.

Da wir hier in der jährlichen Kreisbeauftragten-Tagung des Frauenwerks  beieinander sind, habe ich mich gefragt, wo hat mich in meiner Berufstätigkeit und ehrenamtlichen Arbeit das Thema Respekt direkt berührt?  Und wo werden Sie / werdet Ihr davon berührt?

Ich wende den Blick auf zwei Bereiche,  wo wir – meiner Meinung nach – realistisch Einfluss nehmen können, sozusagen im ehrenamtlichen / hauptamtlichen  Alltag.  Diese zwei Bereiche bewegen mich nach wie vor, manchmal freue ich mich, manchmal bin ich fassungslos.

1.    Bereich

Alle hier in diesem Raum sind entweder in ein Ehrenamt – z.B. als Kreisbeauftragte  – berufen, arbeiten ehrenamtlich in anderen Bezügen oder interessieren sich für Frauenarbeit. Unabhängig davon besitzen Sie / Ihr alle Erfahrungen mit Aufgaben, die Sie/ Ihr in der Kirchengemeinde, im Frauenwerk, Sportverein, Landfrauenverein usw. …übernommen und erfüllt habt.

Alle haben Erfahrungen nicht nur in der Vorbereitung und im organisatorischen Ablauf von unterschiedlichen Veranstaltungen, sondern kennen uns aus, haben lernen müssen – mit Unsicherheit, mit Kritik, mit nicht immer Gelungenem  … usw. umzugehen  und doch im Amt zu bleiben.

Ehrenamtliche  Arbeit bedeutet, sich ein zusetzen in und für eine Gemeinschaft, etwas bewirken zu wollen,  aber andererseits setzt man  sich der Gemeinschaft auch aus – mit nicht immer angenehmen Folgen.

Gemeinhin wird solcher Einsatz mit Wertschätzung („Hut ab“), mit Respekt bedacht.

Aber: was wir im Umgang mit anderen Menschen als grundlegend wichtig anerkennen, nämlich Respekt zu zollen, ist in der Beziehung zu uns selbst häufig nicht so selbstverständlich: wir respektieren uns selbst wenig, zu wenig.

Warum ist das von Bedeutung? — Weil wir unsere Kompetenzen und Fähigkeiten dann nicht selbstverständlich in das Gemeinwohl einbringen: halten uns eher zurück, sind unsicher, werden oft übergangen.

Wie kann ich Einfluss nehmen?

Das kann ich tun ——-  

Meine Fähigkeiten  zu achten, zu respektieren  und da heraus zu handeln.  Manche sagen: Übe: Grundrespekt gegenüber dir selbst zu zeigen.

Das nenne ich: Sich selbst respektieren und danach handeln

Meiner Meinung nach wird damit indirekt eine theologische Aussage getätigt. In der hebräischen Sprache wird „Respekt“ mit dem Wort „kavod“ bezeichnet  – so die Auskunft eines Mitglieds einer jüdischen Gemeinde.

 „Für ein Reden von  Gott … das Gott die Ehre gibt, führe ich ….(das – JH) hebräische Substantiv „Kavod“ (ein – JH). So Theologin M. Frettlöh in: Gott Gewicht geben, (Magdalena L. Frettlöh, 2006, S.1)

Die Grundbedeutung des  Wortes „Kavod“ bezeichnet sie mit  „Schwere, Gewicht";

Reden von Gott bedeutet dann ihrer Meinung nach, Gott Gewicht geben, Gott wichtig nehmen.

Im Untertitel zum Frauenmahl steht auf dem Faltblatt: “Tischreden zur Zukunft von Religion und Kirche“.

Ich frage: Wie sollen Religion und Kirche eine Zukunft haben, wenn wir uns selbst als Ebenbilder Gottes oder laut Frettlöh als Ikonen Gottes nicht Gewicht geben?  Wie lernen wir selbstverständlich danach leben, vielleicht auch auszustrahlen?

Wir müssen den Respekt für die Würde des Menschen, für unsere eigene Würde nicht verdienen, aber als Christinnen und Christen sollten wir erst recht den Respekt auch für uns selbst besitzen!

Uns Frauen fällt es leider nicht so leicht, uns selbst cool von außen zu betrachten, als wären wir ein reales Gegenüber.

Wie z.B. bei Planung, Vorbereitung + Durchführung von Kreisfrauentreffen. Mitnichten begründen und benennen Frauen dieses Organisationsvermögen sowie  die inhaltlich stimmige  Gestaltung – mit ihrer Kompetenz zu logistischem Denken und Handeln, sowie mit pädagogisch-psychologischen Fähigkeiten.

Warum nicht???? Warum bezeichnen wir unser Tun nicht mit angemessenen Worten???

In der ehrenamtlichen Tätigkeit sind wir Teil einer Institution, darum sollten wir uns einer wertschätzende Sprache über die eigenen Kompetenzen bedienen, ich kann auch sagen: ein Beispiel für – in diesem Sinn – respektvollen Umgang geben.

Wie kann ich Einfluss nehmen?

Das kann ich tun —-  

auch die eigenen Kompetenzen angemessen benennen, d.h. Worte des Respekts, die reale Beschreibung meiner Fähigkeiten zu finden. Mit  M .Frettlöh gesprochen: mir Gewicht geben.

Das nenne ich:  Sich selbst respektieren und danach handeln.

2. Bereich

Mit der Tätigkeit im Ehrenamt sind immer wieder Teamsitzungen und oft Teilnahme an anderen Gremien verbunden.

Immer wieder verlassen Frauen Gremien, schweigen oder sagen:“ Die werden das schon richtig machen“.

Worin besteht in Gremien die Relevanz von „Sich selbst respektieren und danach handeln?

Ich nenne jetzt nur einige wenige Punkte:

1.    Persönlich mag die Verweigerung der einzelnen Person verständlich sein, jedoch respektieren die Mitglieder dann nicht ihr Amt, ihre Aufgabe im Gremium.  

2.    Durch mangelnde Absprachen über den Ablauf und die Kommunikation im Gremium respektiert die Sitzungsleitung nicht die Mitglieder. ( 1 )

3.    Wehren sich die Mitglieder nicht dagegen, lassen sie sich Respektlosigkeit gefallen.

4.    Zum respektvollen Umgang, Regeln zu vereinbaren, gehört, die Mitglieder frühzeitig und schriftlich über die anstehenden Inhalte zu informieren.

5.    So besteht die Möglichkeit, viele Aspekte in die Entscheidung einfließen zu lassen. Nach der Professorin Gertrud Höhler bezeichne ich dies einem Panoramablick anwenden – und nicht mit einem verengenden Tunnelblick – Entscheidungen zu treffen. Neudeutsch –diversity, Vielfalt  ist ein Gewinn.

Rita Steinbreder wird in ihrer Arbeitsgruppe – „Lust oder Frust? – Arbeit in Gremien“ – sich des Themas näher annehmen.

Abschließend verweise ich auf das Gleichnis der „Fordernden Witwe“ bei Lk 18, 2-5.

Hartnäckig bringt sie immer wieder ihr Anliegen vor den Richter, der sich hartnäckig verweigert.

Eines Tages gibt er ihr Recht aus Angst vor einem Schlag ins Gesicht.

Die Witwe erhält formal ihr Recht und geht.

Der Richter verweigert ihr die emotionale Zuwendung; denn das Anliegen der Witwe – „ich verstehe deine Klage“ -  interessiert ihn überhaupt nicht.

Wie kann ich Einfluss nehmen?

Das kann ich tun —-  

ich mache mich emotional nicht abhängig von der Instanz. Entscheidend  ist im Gleichnis der juristische Spruch, im Gremium das Ergebnis.

die emotionale Zuwendung geben mir Freundinnen und Freunde.  

Das nenne ich:  Sich selbst respektieren und danach handeln,

( 1 ) Informationen zur Gremienarbeit im: Handbuch für Kirchenvorstände, Haus kirchlicher Dienste der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, 2006, bes. Seite  54 – 67.

   

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