Monika Zeilfelder-Löffler – Kirchenrätin

Monika Zeilfelder-Löffler für die Jahrestagung des Konventes Evangelischer Theologinnen vom 14.-17. Februar 2016 in Bad Herrenalb

Über Maria Heinsius (1893-1979)

EINLEITUNG

Im Februar 2016 wird im Dienstgebäude des Evang. OBERKIRCHERNATS in KARLSRUHE ein SITZUNGSSAAL nach Maria HEINSIUS benannt. Damit wird eine FRAU GEWÜRDIGT, deren Leben ich unter IHR Zitat stellen möchte: „Der Dienst der Frau ist so alt wie die Kirche selber.“
Ich möchte Ihnen das Wirken von Maria HEINSIUS anschaulich machen – auch anhand eigener Zitate.

Vor über 100 Jahren begann Maria Heinsius im Wintersemester 1913/14 mit dem Studium der evangelischen Theologie an der Universität in Heidelberg. Die Frage nach der praktischen Verwertbarkeit eines theologischen Studiums stellte sich Heinsius zum damaligen Zeitpunkt nicht. Auch das Streben nach einem kirchlichen Amt lag außerhalb ihres Horizonts. Rückblickend sagt sie Zitat „Ich darf wohl sagen, dass es eine Stimme der inneren Berufung war, die mich und andere gedrängt hat, vor 40 Jahren mit dem Studium der Theologie zu beginnen, – ganz auf eigenes Risiko und ohne viel nach etwaigen Berufsmöglichkeiten zu fragen.“ Bedeutsam ist, dass Heinsius im Juli 1917 als erste Frau zur Lizentiatin der Theologie an der theologischen Fakultät in Heidelberg bei Professor Georg Wobbermin promoviert wurde. Ihre Dissertation hatte sie zu dem systematisch-theologischen Thema eingereicht: „Der Streit über theozentrische und anthropozentrische Theologie im Hinblick auf die theologische Grundposition Schleiermachers.“

Im Januar 1918 heiratete Heinsius den badischen Vikar und späteren Pfarrer Dr. theol. Wilhelm Heinsius (1890-1967). Das Leben als Pfarrfrau stand ihr vor Augen, ein hauptberuflicher kirchlicher Dienst war nicht im Blick. Zunächst in Strümpfelbrunn, wo ihr Mann seit 1919 seine erste Pfarrstelle hatte, und dann ab 1925 in Bretten nahm sie die klassischen Aufgaben einer Pfarrfrau in der Gemeinde. Wichtig ist: Sie widmete sich als promovierte Theologin weiterhin der wissenschaftlichen Arbeit. In Bretten arbeitete sie in der umfangreichen Melanchthonbibliothek.

2 Wirkungsbereiche VON Heinsius kristallisieren sich: THEOL: Wissenschaft und kirchl. Frauenarbeit

Eine bedeutsame Veränderung im Leben von Maria Heinsius vollzog sich durch den Wechsel ihres Mannes 1933 in den Schuldienst nach Freiburg im Breisgau. In dieser Zeit beschäftigte sie sich der Erforschung der Lebensbilder der „theologischen Ahnfrauen“. Das waren Lebensbilder von christlichen Frauen im MITTELALTER wie der merowingischen Königin Radegunde, die im sechsten Jahrhundert lebte oder der Äbtissin Herrad von Landsberg. Dann Studien zu Frauen aus der Reformationszeit wie Katharina Zell. Sie hat auch gearbeitet über Margarete Blarer, Wibrandis Rosenblatt, Olympia Morata und Argula von Grumbach. Wir haben schon von ihnen gehört heute.

Heinsius versuchte, anhand von Quellen zu belegen, dass es schon seit den Anfangszeiten der christlichen Kirche eine kirchliche Frauenarbeit gab. Die Schriften von Heinsius wurden zu Unterrichtshilfen für den Religionsunterricht und für die Frauenarbeit.
Seit den Freiburger Jahren engagierte sich Heinsius auch in verschiedenen Bereichen der kirchlichen Frauenarbeit. So nahm Heinsius regelmäßig an den Treffen des „Verbandes Evangelischer Theologinnen in Deutschland“ (So wie in dieser WOCHE) teil und war dort eine gefragte Referentin für Fragen der historischen Frauenforschung und für aktuelle Frauenfragen in der Kirche.

KRIEGSEREIGNSSE UND 2. Theol. Examen

Ein einschneidendes Ereignis war für Heinsius der Einsatz der ersten badischen Vikarinnen in der Zeit des 2. Weltkriegs in verwaisten Pfarreien der evang. Landeskirche in BADEN. Im Januar 1944 wurden in Karlsruhe die ersten badischen Theologinnen durch Oberkirchenrat Karl Bender eingesegnet. Er schrieb dazu rückblickend: „Eine Genugtuung war es mir, dass ich die von ihnen lange erstrebte förmliche Verpflichtung der Theologinnen, ihre kirchliche Einsegnung zum Dienst durchsetzte. Am 23. Januar 1944 konnte ich 9 Vikarinnen in der Karlsruher Schlosskirche einsegnen und mit ihnen am 13. Febr. das hl. Abendmahl feiern.“ Ausdrücklich betonte Bender später, dass er während des Kriegs neun Vikarinnen „eingesegnet“ und zehn Theologen „ordiniert“ habe. Heinsius nahm als Gottesdienstbesucherin am Einsegnungsgottesdienst 1944 teil und hielt bei der Nachfeier, die am Nachmittag in der LUTHERPfarrei in KA stattfand, ein Referat, in dem sie den Bogen von den theologischen Ahnfrauen bis zu den gerade eingesegneten Theologinnen spannte.

Offenbar beeindruckte die Einsegnungsfeier der Vikarinnen Heinsius auch persönlich. Noch während des Kriegs beantragte sie – obwohl schon 51 Jahre alt – beim Oberkirchenrat, das 2. theologische Examen nachholen zu dürfen. Beeinflusst haben dürfte sie auch die Stellung der Vikarinnen in der Bekennenden Kirche und die Veröffentlichung des „Vorläufigen kirchlichen Gesetzes die Vikarinnen betreffend von 1944 in Baden“. Ihrem Antrag wurde stattgegeben. Allerdings Heinsius konnte wie die anderen Pfarrkandidaten nicht das 2. theologische Examen ablegen, da im Oktober 1944 das Dienstgebäude des Oberkirchenrats in Karlsruhe schwer beschädigt wurde und daher bis nach Kriegsende keine theol. Prüfungen stattfanden. Nach Kriegsende verfolgte sie ihr Vorhaben weiter und stellte im März 1946 erneut den Antrag auf Zulassung zum 2. theologischen Examen. Heinsius bestand 1946 im Alter von 53 Jahren das 2. theologische Examen als Beste und wurde unter die Pfarrkandidaten der Badischen Landeskirche aufgenommen. „(…) Zitat: und für befähigt erklärt, in allen evangelischen Gemeinden des Landes zu pfarrlichen Geschäften verwendet zu werden.“ Zitatende – Die Spendung der heiligen Sakramente, die an die Ordination gebunden war, war hiervon ausgenommen.

Ausblick

Die während des Zweiten Weltkriegs übertragenen Zuständigkeiten wurden für die Theologinnen bzw. Vikarinnen nach der Rückkehr der Pfarrer aus dem Krieg teilweise wieder zurückgenommen. Die gemachten Anfänge mit dem Einsatz von Vikarinnen im Pfarramt wirkten dennoch weiter. Für ausgebildete Theologinnen eröffneten sich nach dem Krieg Arbeitsmöglichkeiten in der Kirche wie z. B. im Unterricht, bei der Ausbildung von Katechetinnen und in der Seelsorge. Heinsius trat nicht für das gleichberechtigte Pfarramt für Frauen ein, sondern es ging ihr um eine Ergänzung des Amtes um die frauliche Seite: „Das Amt der Theologin wird immer ein frauliches und mütterliches Amt sein […].“
Wie ein roter Faden durchzieht ihre Forschungen die These, anhand von Lebensbildern „theologischer Ahnfrauen“ nachzuweisen, dass schon in den Anfangszeiten der christlichen Kirche eine Frauenbildung und Frauenarbeit möglich war. „Dieser Dienst hat sich im Lauf der Geschichte unter den von ihr gegebenen Möglichkeiten entfaltet und so war es mehr als eine spielerische Liebhaberei, wenn wir in jenen Jahren mit Stolz und Freude entdeckten, dass es schon in sehr früher Zeit eine bedeutsame kirchliche Frauenarbeit auf der Grundlage einer vollwertigen theologischen Ausbildung gegeben hat.“

Die ersten Theologinnen oder Vikarinnen, die ein Amt in Kirche oder Schule innehatten, waren der zölibatären Lebensweise verpflichtet und schieden bei Heirat aus dem Dienst aus. Heinsius war nie Vikarin oder Pfarrerin, noch hauptamtlich im Dienst der Badischen Landeskirche. Als verheiratete Frau hatte sie nur eine eingeschränkte Amtsbefugnis.
Im Blick auf die Leistungen der Theologinnen, Gemeindehelferinnen und Pfarrfrauen während des Kriegs betonte Heinsius: „Man darf wohl sagen, dass sie ihre Feuerprobe bestanden haben.“ Daher wünschte Heinsius sich, dass der neue Dienst der Vikarin in die Kirche integriert würde. „Das Amt der Theologin in der Gemeinde ist noch in der Entwicklung begriffen, wenn auch während des Kirchenkampfes viele Vikarinnen im Dienst der Bekennenden Kirche in Gemeinden eingesetzt wurden; […]

Die weiteren Diskussionen um die Frage nach der Stellung der Vikarinnen und Theologinnen veranlasste Heinsius 1948 zu einem kleinen Aufsatz mit dem programmatischen Satz: „Der Dienst der Frau ist so alt wie die Kirche selber“ (Heinsius 1948). Sie beschrieb gelehrte und sozial tätige Frauen von der alten Kirche bis in die Zeit des 2. Weltkriegs.

In ihrem Lebensbericht bewertete Heinsius ihren Schritt, das Zweite Theologische Examen gemacht zu haben, folgendermaßen: „Und wenn ich auch als verheiratete Frau nicht ordiniert wurde, so hat sich doch die mir amtlich bestätigte Aufnahme unter die Pfarrkandidaten der Landeskirche als eine nützliche Grundlage für die reiche kirchliche Arbeit erweisen, die in den folgenden Jahren auf mich wartete.“

Eine späte Würdigung erfuhr Heinsius’ Wirken im Oktober 1971. Das ist jetzt zum Schmunzeln. Zu ihrer eigenen Überraschung erhielt sie eine Einladung zum 25-jährigen Ordinationsjubiläum. „Ich war zuerst ganz überrascht und kam erst nach und nach darauf, dass ich ja im Jahre 1946 das 2. theologische Examen gemacht habe, zusammen mit 8 Kandidaten, die aus dem Krieg gekommen waren. Es ist ja eigenartig, wenn man nach dem 50-jährigen Doktorjubiläum noch das 25-jährige Ordinationsjubiläum feiern soll, noch dazu ohne ordiniert zu sein.“


Soviel
Zum weiterlesen: dieser spannenden FRAU
Zeilfelder-Löffler, Monika: Agnes Adele Luise Maria Heinsius „Der Dienst der Frau ist so alt wie die Kirche selber“. Auf www.frauen-und-reformation.de
Zeilfelder-Löffler, Monika: Agnes Adele Luise Maria Heinsius „Der Dienst der Frau ist so alt wie die Kirche selber“, in: Lebensbilder aus der evangelischen Kirche in Baden im 19. und 20. Jahrhundert, Band IV: Erweckung ‒ Innere Mission / Diakonie ‒ Theologinnen, hrsg. von Gerhard Schwinge, 2015

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