Ulla Bolder-Jansen – Bildungsreferentin und Kontaktperson für CampleiterInnen und Lokalgruppen.des Service Civil International, SCI

Bonn, 9.10.2011

Für alle engagierten Weltverbesserer!

Dies schrieb uns der Herr von Hirschhausen, der in der
Nachbarschaft unseres Büros wohnt, auf sein Glücksbuch.

Hören wir da einen Unterton von Ironie heraus?

Mein Name ist Ulla Bolder-Jansen und ich werde die Arbeit
des Service Civil International (SCI), eine der ältesten Friedens- und
Freiwilligenorganisationen weltweit, vorstellen. Seit fast 20 Jahren bin ich
als Bildungsreferentin für den

SCI-Deutschland hauptamtlich tätig.

Einige Beispiele:

•Freiwillige
aus Polen, Deutschland und der Ukraine übersetzen Schriftstücke von weiblichen
KZ-Häftlingen im Archiv der KZ-Gedenkstätte Ravensbrück und kommen mit
Zeitzeuginnen zusammen, die ihnen von ihrem Leben im KZ berichten.

•Im Zentrum für
nachhaltige Entwicklung „artefact“ in Glücksburg setzen sich Männer und Frauen
aus Japan, Marokko, Russland, Kenia, Spanien und Deutschland mit dem Thema
Klimawandel auseinander und packen bei Reparaturarbeiten im Energieerlebnispark
mit an.

•In Hamburg St.
Pauli unterstützen Freiwillige aus verschiedenen Ländern die Arbeit einer
Hilfsorganisation, die sich um Obdachlose kümmert.

•Eine Gruppe von
jungen und alten Menschen kommtim
Thüringer Wald zusammen, um mit harter körperlicher Arbeit den Aufbau einer
Begegnungsstätte für KünstlerInnen und Kulturschaffende in der Region zu
unterstützen. Außerdem lernen sie, wie man kurze Animationsfilme erstellt.

•Eine Gruppe
von Freiwilligen fährt von einem zum anderen Workcamp, um dort Methoden von
gewaltfreier Konfliktlösung vorzustellen.

Das sind nur einige Beispiele. Und das alles sind
WeltverbesserInnen!


Was ist der SCI?

Der Service Civil International, kurz SCI, ist eine
gemeinnützige, internationale Organisation, die sich seit 90 Jahren durch
Freiwilligenarbeit für Frieden im Sinne von


•gewaltfreier
Konfliktlösung,

•sozialer
Gerechtigkeit,

•nachhaltiger
Entwicklung und

•interkulturellem
Austausch


einsetzt.


Der SCI verfügt über ein Netzwerk von über 40 nationalen
SCI-Zweigen auf fünf Kontinenten und arbeitet mit etwa 80 Partnerorganisationen
weltweit zusammen. Über 1000 Workcampswerden jährlich in ca. 90 Ländern weltweit für internationale
Freiwillige angeboten.

Was macht der SCI?

Der wichtigste Arbeitsschwerpunkt des SCI sind sogenannte
Workcamps, Freiwilligeneinsätze in internationalen Gruppen, die zwei bis vier
Wochen dauern. In der Regel kommen 10 bis 20 vorwiegend junge, aber auch ältere
Menschen aus verschiedenen Ländern zusammen und unterstützen mit ihrer Arbeit
sinnvolle Projekte. Sie leben und arbeiten miteinander. Sie kochen, streiten
und lachen. Die Campsprache ist Englisch. Die Unterbringung ist meist sehr
einfach.


Jedes Land, in das SCI-Deutschland Freiwillige
vermittelt, organisiert entweder als jeweiliger SCI-Zweig oder als
Partnerorganisation eigene Workcamps. In Deutschland organisieren wir jedes
Jahr etwa 50 Workcamps.


Neben der praktischen Arbeit im Workcamp gibt es den
sogenannten Study part, das heißt, dass die Teilnehmenden die Möglichkeit
haben, etwas zu den Themen des Projektes, der Region zu lernen und sich mit dem
Thema Friedenserziehung zu beschäftigen. Diskussionen und Auseinandersetzung sind ausdrücklich erwünscht!


Der SCI bietet
auch Langzeitfreiwilligendienste und (internationale) Bildungsprogramme an.


Warum macht der SCI Freiwilligenarbeit?


Bereits die SCI GründerInnen wollten der zerstörerischen
Macht des Militärs und dessen Akzeptanz in der Gesellschaft den zivilen und
freiwilligen Dienst in internationalen Gruppen (Workcamps) entgegen
setzen. Hier sollten und sollen sich die
Menschen im kleinen Kosmos kennen lernen, miteinander für andere arbeiten,
voneinander lernen und Vorurteile abbauen. Eine Idee für ein gewaltfreies und
respektvolles Miteinander im praktischen Tun entwickeln.

Diese Grundidee ist nach wie vor die wichtigste Methode
der SCI-Friedensarbeit und gilt als präventive Arbeit, um Friedenskultur zu
entwickeln, Missstände zu benennen und feindlichen Ideen und Ideologien
entgegen zu wirken.

Wie ist der SCI entstanden? Wie hat er sich entwickelt?

Das erste Projekt, ins Leben gerufen von Schweizer
PazifistInnen, bestand 1920 im Wiederaufbau eines Dorfes bei Verdun. Dem vorausgegangen
war die erste internationale Zusammenkunft des Internationalen
Versöhnungsbundes 1919 in Bilthoven in den Niederlanden, bei der sich die Idee
dazu entwickelte. Die Beseitigung von Kriegsschäden prägte die folgenden Jahre
des SCI. Hinzu kamen Workcamps in Gebieten, die von schweren Naturkatastrophen
betroffen waren.

Der SCI wurde zu einer weltweiten Bewegung.


Das Bild, mit dem ich meinen Vortrag ergänzen möchte, ist
eine Schaufel und ein zerbrochenes Schwert. Ein Bild, von den SCI-GründerInnen
entworfen, das sich als Logo durch die 90jährige Geschichte des SCI zieht und
alle Zweige weltweit miteinander verbindet.

Stimmen von Freiwilligen aus verschiedenen Generationen

Sabine, Warschau, Freiberufliche Bildungsreferentin:

Ich habe an vielen Workcamps teilgenommen,
CampleiterInnen ausgebildet und einen Freiwilligendienst in Polen gemacht. Der
SCI hat meinen Werdegang beruflich und privat geprägt. Er bietet viele
Möglichkeiten, Verantwortung zu übernehmen und etwas in Bewegung zu setzen. Der
SCI zeigt mir, dass ein anderes Miteinander möglich ist.

Ingrid, Hamburg, Lehrerin in Pension:

Ich lernte den SCI 1947 kennen, so kurz nach dem Krieg
haben wir vor allem Aufbauarbeit geleistet. In den 50er Jahren war ich mit dem
SCI in Pakistan, wo wir eine Siedlung für Flüchtlinge gebaut haben. Ich
verfolge den SCI seit über 60 Jahren. Die Welt braucht diese Friedensarbeit
heute so dringend wie damals.

Max, Heidelberg, Jurastudent:

Ein Jahr lang habe ich in Indien in einem Projekt
gearbeitet, das Daten zum Klimawandel erhebt. Dabei wurde mir bewusst, wie
privilegiert mein Leben in Deutschland ist. Meine Erfahrungen gebe ich jetzt an
neue Freiwillige weiter. Großartig finde ich, wie der SCI seine Freiwilligen
vorbereitet und begleitet.

Kwami aus Togo und Jethron aus Kenia, Freiwillige im internationalen CampleiterInnen-Austausch:

Wir haben hier am Vorbereitungsseminar für
Freiwillige teilgenommen, die nach Afrika gehen. Ich habe neue Seminarmethoden
kennen gelernt, auch der Leitungsstil ist ganz anders als bei uns. Überrascht
hat mich, wie offen im Seminar Vorurteile gegenüber Afrika hinterfragt wurden.
Ich bin zum ersten Mal in Europa und muss zugeben, dass ich auch ganz verzerrte
Vorstellungen über Deutschland hatte. Doch die Bilder verändern sich, wenn man
zusammen arbeitet.

Jethron: Für uns ist dieser Austausch enorm wichtig. Wir
haben viele neue Impulse für unsere Arbeit zuhause bekommen. Afrika muss hart
daran arbeiten, seine Abhängigkeit von Europa zu überwinden. Internationale
Freiwilligenarbeit hilft dabei, denn sie stärkt die Gemeinden und den
Einzelnen. Freiwillige merken oft erst durch ihr Engagement, was alles in ihnen
steckt.

Warum mache ich diese Arbeit?


Als ich vor etwas 30 Jahren zum ersten Mal in einer
KZ-Gedenkstätte, in Mauthausen, war, habe ich mir vorgenommen, daran
mitzuwirken, dass so etwas nie mehr passieren darf. Ich wollte mich dafür
engagieren, dass (junge) Menschen aus der ganzen Welt an solchen Orten zusammen
kommen und aus der Geschichte sowie voneinander lernen. In Köln hatte ich mich
bereits in den 80er Jahren in der (katholischen) Friedensarbeit engagiert. Kurz
nach meinem Besuch in Mauthausen begann ich einen Langzeitfreiwilligendienst,
den „SozialenDienst für Frieden und
Versöhnung“, der mich nach Süditalien führte. Die internationale Friedensarbeit
hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Seit 20 Jahren bin ich nun als
Bildungsreferentin beim SCI hauptsächlich mit der Ausbildung und Betreuung von
WorkcampleiterInnen beschäftigt.

Der SCI hat ein Anliegen!


Die Idee des Freiwilligendienstes in internationalen
Gruppen soll bekannter werden. Helfen Sie uns dabei, die Idee zu verbreiten:
Projektpartner, TeilnehmerInnen und WorkcampleiterInnen zu finden. Und Menschen
und Institutionen dafür zu gewinnen, diese Arbeit ideell und finanziell zu
unterstützen.

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