Zweiter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung_Weiterlesen

2. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung

Von Chancengleichheit weit entfernt

Frauen leisten anderthalbmal soviel unbezahlte Arbeit wie Männer

Berlin/Wiesbaden (epd). Von einer Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern ist Deutschland immer noch weit entfernt. Aus dem Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung geht hervor, dass Frauen im Leben anderthalbmal so viel unbezahlte Arbeit in Familie, Pflege, Haushalt und Ehrenämtern leisten wie Männer. Gleichzeitig tragen sie immer mehr zum Haushaltseinkommen bei.

Der am Mittwoch in Berlin vom Bundeskabinett verabschiedete Gleichstellungsbericht, dessen Schwerpunkt auf dem Verhältnis von Sorge- und Erwerbsarbeit liegt, spricht von einem „Gender Care Gap“ von 52,4 Prozent. Frauen kochen, waschen, pflegen und betreuen Angehörige danach im Durchschnitt jeden Tag 87 Minuten länger als Männer. In der „Rush Hour“ des Lebens ist der Unterschied noch deutlicher: Mit Mitte Dreißig arbeiten Frauen im Durchschnitt jeden Tag fünfeinviertel Stunden unbezahlt, Männer zweieinhalb.

Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) erklärte: „Bei der Verteilung von Belastungen und Chancen zwischen den Geschlechtern geht es in unserer Gesellschaft immer noch ungerecht zu.“ Zwar habe die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode viel für die Gleichstellungspolitik getan, doch sei man nicht am Ziel. Als Schritte zu mehr Chancengleichheit bezeichnete Barley die Aufwertung sozialer Berufe und Regelungen für eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Familie.

Die Sachverständigenkommission, die das Gutachten für den Gleichstellungsbericht erarbeitet hat, empfiehlt der Politik, die Bedingungen dafür zu schaffen, dass Sorge- und Erwerbsarbeit gerecht zwischen Frauen und Männern aufgeteilt werden kann. Der „Gender Care Gap“ zeige, wie ungleich die Verwirklichungschancen verteilt seien. Frauen verdienen über alle Branchen und den Lebenslauf hinweg 21 Prozent weniger als Männer. Entsprechend sind auch ihre Rentenansprüche niedriger, dem Bericht zufolge nur halb so hoch wie die der Männer.

Die zunehmende Berufstätigkeit von Frauen führt zugleich dazu, dass sie stärker zum Haushaltseinkommen beitragen. Das teilte das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe mit. Während 1998 die Erwerbsarbeit von Frauen rund ein Viertel des Nettoeinkommens in Paarhaushalten ausmachte, stieg der Anteil bis 2013 auf über ein Drittel an. Die Gründe dafür seien eine höhere Erwerbstätigenquote von Frauen sowie deren höhere berufliche Qualifikation, hieß es.

Kinderlose Frauen steigerten den Angaben zufolge ihren Anteil am Haushaltseinkommen in den vergangenen 15 Jahren von 30 auf 37 Prozent, bei Müttern mit einem Kind stieg der Anteil von 26 auf 33 Prozent. Frauen mit drei oder mehr minderjährigen Kindern tragen heute 22 Prozent zum Einkommen bei. Im Jahr 1998 waren es noch 16 Prozent.

Der Zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung besteht aus dem Gutachten einer Sachverständigenkommission und einer Stellungnahme der Bundesregierung. Die Kommission hatte ihr Gutachten im März der damaligen Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) übergeben. Der Gleichstellungsbericht wird einmal pro Legislaturperiode erstellt.
Evangelischer Pressedienst, 21. Juni 2017